Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeld, wenn Kinder für mehrere Jahre wegen ihrer Schulausbildung in Ghana leben

 

Leitsatz (amtlich)

Leben Kinder seit einem Jahr in Ghana, ohne ein einziges Mal nach Deutschland zu reisen, haben sie ihren Wohnsitz in Deutschland nicht beibehalten.

Liegen keine konkreten Pläne für ihre Rückkehr nach Deutschland vor, kann nicht davon ausgegangen werden, dass sie einen Wohnort in Deutschland neu begründen.

 

Normenkette

EStG §§ 62-63

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Aufhebung des Kindergeldaufhebungsbescheides vom 14.08.2006 und die daraus resultierende Nachzahlung des Kindergeldes ab September 2006. Materiell rechtlich geht es um die Frage, ob dem Kläger auch ab September 2006 Kindergeld für seine in Ghana lebenden Kinder zusteht.

Der Kläger und seine Ehefrau sind Deutsche. Der Kläger hat neben seinen zwei Kindern aus erster Ehe, um die es in diesem Verfahren nicht geht, drei Kinder aus zweiter Ehe. Diese Kinder sind 1995, 1996 und 2001 geboren. Die Kinder wurden in Hamburg abgemeldet (Kindergeldakte Bl. 46 und 47) und leben seit August 2006 bei ihrer Großmutter in Ghana. Die älteste Tochter geht in Ghana auf ein Internat. Die anderen beiden Kinder besuchen in Ghana eine internationale Schule.

Die Ehefrau des Klägers lebte von Dezember 2006 bis zum 12.05.2007 ebenfalls in Ghana. Am 31.05.2007 flog sie nach einem knapp 3-wöchigen Aufenthalt in Deutschland wieder nach Ghana.

Der Kläger bewohnt in Hamburg eine 63 qm große Wohnung. Seine Kinder aus erster Ehe wohnen nicht bei ihm. Der Kläger erhält aus seiner nichtselbständigen Tätigkeit ca. 1.600 € netto. Er zahlt an seine Familie in Ghana 300 € und zusätzlich Schulgeld 240 € alle drei Monate. Für seine Tochter aus erster Ehe müsste der Kläger eigentlich 200 € Unterhalt im Monat zahlen, er zahlt aber zur Zeit wegen seiner schlechten finanziellen Situation nur 100 € monatlich. Zur Zeit erhält der Kläger Krankengeld, da er seit April 2007 auf Grund eines Bandscheibenvorfalls krankgeschrieben ist.

Durch Schreiben vom 08.08.2006 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass seine Kinder in Ghana zur Schule gehen werden.

Durch Aufhebungsbescheid vom 14.08.2006 (Kindergeldakte Bl. 53) hob die Beklagte den Kindergeldbescheid auf und zahlte seit September 2006 kein Kindergeld mehr an den Kläger.

Hiergegen legte der Kläger am 05.09.2006 Einspruch ein, welcher durch Einspruchsentscheidung vom 18.09.2006 als unbegründet abgelehnt wurde.

Hiergegen legte der Kläger am 18.10.2006 Klage ein. Der Kläger trägt vor, dass sich seine Kinder lediglich für die Zeit der Schulausbildung in Ghana aufhalten würden. Die Schulausbildung sei in vier bis fünf Jahren abgeschlossen. Danach würden die Kinder wieder ganzjährig in Deutschland leben.

Die älteste Tochter besuche ein Internat, welches ihr bei ihren Lernschwierigkeiten helfen solle. Beide Töchter hätten Sprachschwierigkeiten, so dass die Schule in Ghana besser für sie wäre, denn der Kläger und seine Frau würden ebenfalls nur schlecht deutsch sprechen.

Es sei geplant, dass die Kinder in den Ferien immer nach Deutschland kommen sollten. Wegen der konkreten Ferienzeiten der Kinder in Ghana wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 23.02.2007 S. 2 (FGA 1 K 224/06 Bl. 52) verwiesen.

In den Weihnachtsferien 2006/2007 seien die Kinder nicht nach Deutschland geflogen, weil der Kläger keinen Urlaub bekommen habe.

Der Kläger hätte das in dem Eilverfahren (1 V 81/07) beantragte und dort abgelehnte Kindergeld benötigt, um die Flugtickets für die Sommerferien für seine Kinder bezahlen zu können. Geplant sei gewesen, dass die drei Kinder sich vom 20.07.2007 bis zum 21.09.2007 in Deutschland aufhalten sollten. Ohne das Kindergeld habe er seinen Kindern die Flugtickets nicht kaufen können. Es könne nicht sein, dass die Beklagte ihm das Kindergeld verwehre und so verhindere, dass seine Kinder ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland beibehalten. Eine solche Auslegung des Gesetzes verhindere, dass der Gesetzeszweck erreicht werde, welcher in dem Erreichen des größtmöglichen Kindeswohls gesehen werden müsse.

Die §§ 62 und 63 EStG begegneten auch verfassungsrechtlichen Bedenken, da diese Normen keinen Raum für Härtefälle, wie den seinen, bieten würden. Die Ermächtigungsgrundlage verstoße gegen Art. 3 GG, da sie willkürlich nach dem Wohnsitz oder Aufenthalt der Kinder differenziere.

Die finanzielle Situation des Klägers sei sehr angespannt. Ursprünglich habe der Kläger besser verdient, seine alte Firma sei jedoch in Insolvenz gegangen. Er suche zur Zeit nach einem Nebenjob, was sich allerdings sehr schwierig gestalte, da er hauptberuflich im Schichtdienst arbeite und deshalb der zusätzlichen Arbeitstätigkeit nicht zu festen Zeiten zur Verfügung stehen könne. Verursacht durch seine beim Arbeitgeber geleisteten Überstunden habe er einen Bandscheibenvorfall erlitten, so dass er seit April krankgeschrieben sei und jetzt zu einer Kur müsse. Seine Kinder würden deswegen auch nicht in den Sommerferien nach Deutschland kommen. Einen zusätzlichen Job kö...

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