Entscheidungsstichwort (Thema)

Entlastung von Verbrauchsteuern

 

Leitsatz (amtlich)

  1. Die Festsetzungsfristen des § 169 Abs. 2 AO sind nicht wiedereinsetzungsfähig.
  2. § 169 Abs. 1 S. 3 AO ist aus Sicht der Verwaltung konzipiert und gilt ausdrücklich nur für Bescheide der Finanzbehörden.
 

Normenkette

AO § 169 Abs. 1-2, § 155 Abs. 4; EnergieStG § 55; StromStV § 18

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt eine Energiesteuerentlastung.

Am 29.12.2008 formulierte die Klägerin einen Antrag auf Steuerentlastung in Höhe von 372,04 € nach § 55 EnergieStG für das Kalenderjahr 2007. Ausweislich des Eingangsstempels ging der Antrag am 05.01.2009 beim Beklagten ein.

Mit Schreiben vom 27.01.2009 wies der Beklagte die Klägerin darauf hin, dass der Antrag nicht innerhalb der bis zum 31.12.2008 laufenden Antragsfrist eingegangen sei. Darauf erwiderte die Klägerin, sie habe den Antrag am 30.12. 2008 beim privaten Postdienstleister A als Einwurf-Einschreiben aufgegeben. Ermittlungen des Beklagten ergaben, dass private Postversender keine Einschreiben versenden dürfen. Daher sei das Schreiben von der A am 31.12.2008 der Deutschen Post übergeben worden. Eine Rückfrage bei der Deutschen Post ergab, dass diese das Einschreiben am 02.01.2009 erhalten und am 03.01.2009 im Postfach des Beklagten deponiert habe.

Mit Bescheid vom 05.02.2009 lehnte der Beklagte den Entlastungsantrag ab. Er wies darauf hin, dass der Antrag nicht fristgerecht eingegangen sei.

Am 17.02.2009 legte die Klägerin dagegen Einspruch ein und beantragte wegen des Versäumens der Antragsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Schreiben, die der A übergeben würden, würden stets am Folgetag zugestellt. Da dies im Streitfall nicht so geschehen sei, sei sie ohne Verschulden am Einhalten der Antragsfrist gehindert gewesen.

Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 29.10.2009 zurückgewiesen. Nach § 101 EnergieStV i.V.m. § 18 Abs. 1 StromStV müsse der Antrag spätestens bis zum 31.12. des Jahres, das auf das Kalenderjahr folge, in dem der Steuerentlastungsanspruch entstanden sei, beim Hauptzollamt gestellt werden. Dies sei der 31.12.2008. Gestellt sei der Antrag erst mit Eingang bei der zuständigen Behörde, also am 05.01.2009. Zwar komme grundsätzlich bei Versäumen der Antragsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht, dies jedoch nur dann, wenn nicht bei Eingang des Antrags zugleich Festsetzungsverjährung eingetreten sei. Die Festsetzungsfrist betrage für Verbrauchsteuern ein Jahr, beginnend mit dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden sei. Daher ende die Festsetzungsfrist mit Ablauf des 31.12.2008. Nach Ablauf der Festsetzungsfrist sei die Festsetzung einer Steuervergütung nicht mehr zulässig. Auf § 169 Abs. 1 S. 3 AO könne sich die Klägerin nicht berufen. Diese Vorschrift diene ausschließlich der Wahrung der Interessen der Behörden und finde keine Anwendung auf den Entlastungsberechtigten. Davon abgesehen könne auch keine Wiedereinsetzung gewährt werden, weil der Klägerin Verschulden vorzuwerfen sei. Sie habe sich nicht erkundigt, wann Einwurf-Einschreiben zugestellt würden. Hätte sie dies getan, wäre ihr sicherlich die Verlängerung der Postlaufzeit erläutert worden.

Mit ihrer am 06.11.2009 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie meint, die Festsetzungsfrist sei eingehalten worden. Der Beklagte verkenne § 155 Abs. 4 AO. Da danach § 169 Abs. 1 S. 2 AO entsprechend anwendbar sei, komme es darauf an, ob der Antrag den Bereich des Antragstellers innerhalb der Festsetzungsfrist verlassen habe. Dies sei vorliegend der Fall gewesen.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 05.02.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29.10.2009 zu verpflichten, antragsgemäß Steuerentlastung für das Kalenderjahr 2007 zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er bezieht sich auf die Einspruchsentscheidung.

Die Sachakten des Beklagten (Heft I - Besteuerungsunterlagen - und Heft II - Einspruchsunterlagen -) haben vorgelegen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Verpflichtungsklage ist unbegründet.

I.

Der Bescheid vom 05.02.2009 ist in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29.10.2009 rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die beantragte Energiesteuerentlastung (§ 101 Satz 1 FGO).

Die Klägerin hat keinen Entlastungsanspruch, weil sie die Steuerentlastung gemäß § 55 EnergieStG nicht fristgerecht beantragt hat. Gemäß § 101 EnergieStV i.V.m. § 18 Abs. 1 StromStV wird die Steuerentlastung nur gewährt, wenn der Antrag spätestens bis zum 31. Dezember des Jahres, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem der Steuerentlastungsanspruch entstanden ist, beim Hauptzollamt gestellt wird. Da der Antrag für das Kalenderjahr 2007 gestellt werden sollte, hätte er bis zum 31.12.2008 beim Beklagten eingegangen sein müssen. Tatsächlich ist er dort jedoch erst am 05.01.2009 und damit ersichtlich verfristet eingegangen.

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