Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuer: Widerruf der Option zur Regelbesteuerung durch einen Kleinunternehmer

 

Leitsatz (redaktionell)

Nach der Bestimmung des § 19 Abs. 2 Satz 2 UStG bindet die Optionserklärung den Kleinunternehmer grundsätzlich für fünf Kalenderjahre.

Es besteht für ihn jedoch die Möglichkeit, die Option gem. § 19 Abs. 2 Satz 3 UStG zu widerrufen. Der Widerruf muss jedoch gem. § 19 Abs. 2 Satz 4 UStG spätestens bis zur Unanfechtbarkeit der Steuererklärung des Kalenderjahres, für das der Widerruf gelten soll, erklärt werden, d. h. bis zum Ablauf der Einspruchsfrist.

 

Normenkette

UStG § 19 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, 2 Sätze 2-4, § 18 Abs. 3-4; AO § 355 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 09.07.2003; Aktenzeichen V R 29/02)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin ihre Option zur Umsatzsteuer aus der Umsatzsteuererklärung 1994 durch Schreiben vom 06. Dezember 1996 wirksam widerrufen hat und so als Kleinunternehmerin von der Umsatzsteuer für die Streitjahre 1994 bis 1997 befreit ist.

I. 1. Die Klägerin ist als Psychotherapeutin seit Mitte des Streitjahres 1994 in Hamburg tätig. Im Jahr 1994 erwirtschaftete sie Umsätze von ca. 11.000 DM, die auch unter Hinzurechnung der hierauf unter Umständen entfallenden Steuer unter der in § 19 Abs. 1 Satz 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) normierten Grenze für die Steuerbefreiung von Kleinunternehmern von 100.000 DM für das laufende und 32.500 DM für das Vorjahr liegen.

Am 14. Mai 1996 gab die Klägerin die Umsatzsteuererklärung für das Jahr 1994 ab. Hierin verrechnete sie die aus den Umsätzen resultierenden Steuern mit Vorsteuern und erklärte ein Steuerguthaben (Umsatzsteuer-Akte -USt-A- Bl. 6). Wie von ihr beabsichtigt, behandelte der Beklagte (das Finanzamt -FA-) diese Erklärung als Verzicht auf die Steuerbefreiung für Kleinunternehmer, d.h. als Option auf die Umsatzsteuer gemäß § 19 Abs. 2 UStG. Das FA sandte dementsprechend die im Fall einer Erstattung nach § 168 Satz 2 AO zur Steuerfestsetzung unter Nachprüfungsvorbehalt notwendige Zustimmung am 3. Juni 1996 an die Klägerin. Eine Rechtsbehelfsbelehrung enthielt das Schreiben nicht (USt-A Bl. 9).

2. Mit Schreiben vom 06. Dezember 1996, beim FA am 09. Dezember 1996 eingegangen, widerriefen die damaligen anwaltlichen Vertreter der Klägerin die in der Steuererklärung 1994 enthaltene Option zur Umsatzsteuer, um zur Steuerbefreiung für Kleinunternehmer gemäß § 19 Abs. 1 UStG zurückzukehren (USt-A Bl. 17). Das FA setzte im Änderungsbescheid 1994 vom 08. Januar 1997 unter Nachprüfungsvorbehalt daraufhin keine Umsatzsteuer mehr fest (USt-A Bl. 19).

Die Umsätze der Klägerin lagen auch in den Jahren 1995 bis 1997 unter den oben erwähnten Kleinunternehmergrenzen des § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG. Am 06. Dezember 1996, am 05. Juni 1998 sowie am 28. Oktober 1998 reichte sie ihre Umsatzsteuererklärungen 1995 bis 1997 ein, ohne zur Umsatzsteuer zu optieren (USt-A Bl. 10, 21, 28). Das FA stimmte den Nullanmeldungen 1995 und 1996 mit Schreiben vom 02. Januar 1997 und Nullabrechnung vom 25. Januar 1998 zu (USt-A Bl. 13, 25) und akzeptierte auch die Nullanmeldung 1997 (USt-A Bl. 28).

3. Nach einer Außenprüfung bei der Klägerin ging das FA davon aus, dass der Widerruf der Umsatzsteueroption ab 1994 durch Schreiben vom 06. Dezember 1996 verfristet und damit unwirksam sei (Betriebsprüfungs-Akte - Bp-A - Bl. 35). Im Änderungsbescheid 1994 vom 27. September 1999 unterwarf das FA die Umsätze der Klägerin daher gemäß der früheren Option der Umsatzsteuer und setzte nach Vorsteuerabzug erneut ein Steuerguthaben der Klägerin fest (USt-A Bl. 37).

Ausgehend von der fünfjährigen Bindungswirkung der Umsatzsteueroption gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 UStG setzte das FA mit Änderungsbescheiden vom 27. September 1999 auch für die Jahre 1995 bis 1997 jeweils Umsatzsteuer fest, mit denen es das Guthaben des Jahres 1994 verrechnete (USt-A Bl. 42, 46, 50).

4. Die Klägerin legte gegen die Änderungsbescheide 1994-1997 vom 27. September 1999 am 22.Oktober 1999 Einspruch ein (Rechtsbehelfs-Akte - Rb-A - Bl. 1). Dieser wurde vom FA mit Einspruchsentscheidung vom 22. Dezember 1999 zurückgewiesen (Rb-A Bl. 13).

II. 1. Zur Begründung der am 12. Mai 2000 erhobenen Klage trägt die Klägerin vor (Finanzgerichts-Akte - FG-A - Bl. 3, 13, 33):

Sie sei als Kleinunternehmerin gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG von der Umsatzsteuer für die Jahre 1994 bis 1997 befreit.

Die Option auf die Umsatzsteuer aus der Steuererklärung 1994 sei durch das Schreiben ihrer damaligen anwaltlichen Vertreter vom 06. Dezember 1996 wirksam widerrufen worden.

Die Steuerfestsetzung 1994 sei zu diesem Zeitpunkt noch nicht unanfechtbar gewesen. Somit sei der Tatbestand des § 19 Abs. 2 UStG noch nicht erfüllt, der für den Fall der Unanfechtbarkeit die fünfjährige Bindung an die Option zur Umsatzsteuer vorsehe. Die gemäß § 168 Satz 2 Abgabenordnung (AO) als Steuerfestsetzung geltende Bekanntgabe der Zustimmung zur Steuererklärung 1994 durch das FA vom 3. Juni 1996 habe nicht die einmonatige Einspruchsfrist gemäß § 355 AO in Gang g...

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