Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufwendungen aus einer Bürgschaftsverbindlichkeit als außergewöhnliche Belastungen

 

Leitsatz (redaktionell)

Gehen Eltern eine Bürgschaftsverbindlichkeit für Schulden ihres erwachsenen Kindes ein, fehlt es regelmäßig an einer Zwangsläufigkeit i. S. v. § 33 Abs. 1 und 2 EStG auch dann, wenn das Kind in eine wirtschaftliche Notlage gekommen ist.

 

Normenkette

EStG § 33 Abs. 1

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft bei dem Kläger zu außergewöhnlichen Belastungen geführt hat.

Die miteinander verheirateten Kläger wurden auch in dem Streitjahr zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr erklärte der Kläger im Rahmen seiner Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit einen Bruttoarbeitslohn (Versorgungsbezüge) in Höhe von ... DM sowie im Rahmen seiner Einkünfte aus Gewerbebetrieb (selbständiger Unternehmensberater) einen Gewinn in Höhe von ... DM. Als außergewöhnliche Belastungen machten die Kläger einen Betrag in Höhe von 101.588,97 DM geltend. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der im Jahr 1964 geborene Sohn S der Kläger studierte in Bonn. Dort hatte er Mitte der 80er Jahre gemeinsam mit zwei Studienkollegen die Firma A GmbH & Co., X-Straße, Bonn, gegründet. Während er selbst Komplementär der Gesellschaft war, übernahmen seine Studienkollegen die Kommanditistenstellung. Gegenstand des Unternehmens war der Handel mit Computern und periphären Geräten. Der Kläger war seit 1988 an dieser Gesellschaft als atypischer stiller Gesellschafter beteiligt. Laut Feststellungsbescheid des Finanzamtes Hamburg-... vom 23.9.1993 entfiel auf den Kläger 1988 ein Verlustanteil in Höhe von ./. 27.142,00 DM und für 1989 in Höhe von ./. 57.634,00 DM. Ende 1989/Anfang 1990 wurde der Geschäftsbetrieb wegen Illiquidität eingestellt. Zu diesem Zeitpunkt soll das Unternehmen Verbindlichkeiten von über 200.000,00 DM gehabt haben. Hauptkreditgeber der Gesellschaft war die B-Bank / Bonn. Am 12.4.1990 übernahm der Kläger für die Verbindlichkeiten der A GmbH & Co. eine Bürgschaft. Nachdem der Kläger aus dieser Bürgschaft für die Verbindlichkeiten des Unternehmens, die am 22.3.1991 101.588,97 DM betrugen, in Anspruch genommen worden war, überwies der Kläger den fälligen Betrag Ende März 1991 auf das Konto der B-Bank. Der Kläger hatte diese Summe durch Aufnahme eines Kredites bei der E-Bank Hamburg finanziert. Mit Schreiben vom 28.3.1991 der B-Bank wurde er daraufhin aus der Bürgschaftsverpflichtung entlassen.

Der Kläger wies in einem seiner Einkommensteuererklärung beigefügten Schreiben darauf hin, er habe sich bereit erklärt, die Verbindlichkeiten gegenüber der B-Bank abzulösen, da sein Sohn als Komplementär persönlich in Anspruch genommen worden sei, und er erreichen wollte, dass diesem keine Vollstreckungsmaßnahmen drohten und es ihm ermöglicht würde, seinem Studium nachzugehen.

Der Beklagte berücksichtigte in dem Einkommensteuerbescheid für 1991 vom 13.2.1995 die zur Ablösung des Kredites aufgebrachte Zahlung nicht als außergewöhnliche Belastung i. S. von § 33 EStG. Eine allgemeine sittliche Pflicht, in Not geratenen Mitmenschen zu helfen, könne die Zwangsläufigkeit nicht begründen. Entsprechendes gelte für Zahlungen in Erfüllung selbstgesetzter rechtsgeschäftlicher Verpflichtungen (Bürgschaft). Die Kläger legten gegen diesen Bescheid am 10.3.1995 Einspruch ein. Zur Begründung trugen sie vor, die Verbindlichkeiten seien abgelöst worden, da ihr Sohn sich in einer akuten Notlage befunden habe. Da er selbst mittellos gewesen sei, sei er nicht in der Lage gewesen, Zahlungen an seine Gläubiger zu leisten. Auch einen Kredit in dieser Größenordnung hätte er nicht bekommen. Schließlich müsse berücksichtigt werden, dass sie gegenüber ihrem Sohn nach wie vor unterhaltspflichtig seien. Zugleich wurde beanstandet, dass ein Verlustanteil in Höhe von 48.656,00 DM, der aus der Beteiligung des Klägers an der A GmbH & Co. herrühren sollte, nicht berücksichtigt worden sei. Der Beklagte wartete daraufhin zunächst das entsprechende Feststellungsverfahren ab. Mit Bescheid vom 6.6.1995 lehnte das Finanzamt Hamburg-... einen entsprechenden Gewinnfeststellungsbescheid für 1990 und 1991 ab, da sich die Firma A GmbH & Co. sich 1990 und 1991 nicht mehr am wirtschaftlichen Verkehr beteiligt und eine Gewinnerzielungsabsicht somit nicht vorgelegen habe. Mit Schreiben vom 17.9.1999 wies der Beklagte die Kläger darauf hin, dass es für die Beurteilung der Zwangsläufigkeit i. S. von § 33 EStG auf den Zeitpunkt der Übernahme der Bürgschaft ankomme und dass im Streitfall keine rechtliche oder tatsächliche Notwendigkeit gegeben gewesen sei, diese zu übernehmen. Dass die Kläger sich subjektiv zur Eingehung der Bürgschaftsverbindlichkeit verpflichtet gefühlt hätten, reiche zur Bejahung einer sittlichen Zwangsläufigkeit nicht aus, es sei nicht selbstverständlich, dass Eltern für die geschäftlichen Schulden ihrer Kinder bürgten. Mit Einspruchsentscheidung vom 17....

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