Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung: Schätzung der Besteuerungsgrundlagen bei Taxifahrern

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zweck der Vorschrift des § 160 AO ist, mögliche Steuerausfälle zu verhindern, die dadurch eintreten, dass der Empfänger geltend gemachter Betriebsausgaben die Einnahmen bei sich nicht erfasst. Der Steuerpflichtige wird daher gleichsam als Haftender in Anspruch genommen.

2. § 160 AO betrifft den Betriebsausgabenabzug und damit die Besteuerung des Steuerpflichtigen, nicht dagegen seine Inanspruchnahme in Form einer Entschädigungs- oder Ersatzleistung.

 

Normenkette

FGO § 69; AO §§ 160, 162

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten in der Hauptsache über die Hinzuschätzungen von Gewinnen und Umsätzen aufgrund einer Betriebsprüfung für den Taxenbetrieb des Antragstellers.

Der Antragsteller betrieb in den Streitjahren als Einzelunternehmer ein Taxenunternehmen mit ... Fahrzeugen. Er ermittelte seinen Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG und erstellte die Buchführung für seinen Taxenbetrieb unter Verwendung von Excel-Tabellen selbst.

Im August 2007 begann der Antragsgegner mit der Durchführung einer Betriebsprüfung, die mit Bericht vom ... 2009 abgeschlossen wurde. Die Betriebsprüferin gelangte zu folgenden Feststellungen:

Der Antragsteller bewahrte für die Streitjahre Ursprungsbelege - sog. Schichtzettel - nicht auf. Er verwendete u. a. auslesefähige Taxameter der Marke .../.../..., ... und .../.... Für die nicht auslesefähigen Taxameter (z. B. .../...) erwarb der Antragsteller Abschreibeblöcke.

Anhand von Reparaturrechnungen, TÜV-Berichten und Gutachten ermittelte die Betriebsprüferin für 14 Fahrzeuge je 2 oder mehrere Kilometerstände. Sie bildete aus den ermittelten Werten durchschnittliche Jahreswerte und rechnete diese auch für die fehlenden 3 Fahrzeuge hoch. Dabei nahm sie die ungewöhnlich abweichenden Werte für die Fahrzeuge mit den amtlichen Kennzeichen .../.../... - 1 und .../.../... - 2 nicht mit in die Berechnung auf. Für das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen .../.../... - 1 ergaben sich Anhaltspunkte für eine Manipulation der Kilometerstände; der Kilometerstand am ... 2003 wurde mit 102.481 km und der zeitlich spätere vom ... 2004 mit 98.373 km ausgewiesen. Danach ergab sich eine durchschnittliche Kilometerleistung pro Taxi und Jahr von 51.010 km. Auf Anlage 7 zum Bericht über die Betriebsprüfung vom ... 2009 wird Bezug genommen. Aus den Erklärungen der Antragstellerin hingegen ermittelte die Betriebsprüfung unter Berücksichtigung erklärter Nettoumsätze (7 %) eine Kilometerleistung pro Fahrzeug

von 26.933 km in 2003,

27.461 km in 2004 und

25.661 km in 2005.

Die Betriebsprüfung schätzte wegen Mängel in der Kassenbuchführung und weiterer Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Buchführung die Besteuerungsgrundlagen unter Zugrundelegung des "Gutachtens über die wirtschaftliche Lage des C Taxigewerbes" der Firma L. + K.. Sie legte dabei im Schätzungswege einen Nettoumsatz pro Taxi

von 44.863 € für 2003,

48.442 € für 2004 und

48.442 € für 2005

zu Grunde. Auf dieser Basis ermittelte sie einen Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von

433.305,41 € für 2003,

472.425,32 € für 2004 und

501.197,17 € für 2005

sowie eine Umsatzsteuer in Höhe von

40.696,50 € für 2003,

42.043,63 € für 2004 und

42.063,56 € für 2005.

Dieses Ergebnis legte der Antragsgegner den erstmaligen Festsetzungen des Gewerbesteuermessbetrags für 2003-2005 sowie den gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderten Festsetzungen der Umsatzsteuer für 2003 bis 2005, jeweils vom 20.10.2009, zu Grunde.

Gegen diese Bescheide legte der Antragsteller mit Schreiben vom 30.10.2009, eingegangen am 02.11.2009, Einspruch ein. Mit Schreiben vom 02.12.2009 beantragte er die Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Bescheide. Er begründete seinen Rechtsbehelf unter Vorlage einer Namensliste im Wesentlichen damit, dass er in den Streitjahren nach dem sog. C ... sei und seine Taxen weit überwiegend vermietet habe; die Mieterlöse hätten pro Woche bei rund 280 bis 300 € gelegen. Die Namensliste beziehe sich sowohl auf den einzelkaufmännisch geführten Betrieb als auch auf die D GmbH. Tatsächlich stimmen 16 der ... der in der von dem Antragsteller eingereichten Liste aufgeführten Personen mit Arbeitnehmern des Antragstellers laut Lohnjournal für den April 2004 überein. Der Antragsteller führte zudem aus, dass im Falle einer Vollstrekkung seine wirtschaftliche Existenz gefährdet sei.

Mit Bescheid vom 18.01.2010 lehnte der Antragsgegner den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ab und bestätigte diese Entscheidung mit Einspruchsentscheidung vom 12.01.2011 über den Einspruch des Antragstellers vom 27.12.2010 gegen den Ablehnungsbescheid. Mit Einspruchsentscheidung vom 21.10.2010 wies der Antragsgegner die Einsprüche gegen die Gewerbesteuermessbetrags- und Umsatzsteuerbescheide 2003 bis 2005 vom 20.10.2009 als unbegründet zurück. Dabei führte er zur Begründung u.a. aus, dass eine Zugrundelegung der von dem Antragsteller genannten Beträge zum C ... einen erheblich ...

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