rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Abrechnung gem. § 218 Abs. 2 AO

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine automatische Verrechnung von Umsatzsteuerschulden aus Verwertungshandlungen des Konkursverwalters und Vorsteuerforderungen aus der Konkursverwaltervergütung darf das Finanzamt nicht vornehmen, wenn die Forderungen nicht denselben Besteuerungszeitraum betreffen. Die im gesamten Konkurszeitraum bzw. im Zeitraum der Massearmut angefallenen Umsatzsteuer- und Vorsteuerbeträge sind keine unselbstständigen Besteuerungsgrundlagen im Rahmen eines einheitlichen Steuerbescheids.

2. Im massearmen Konkurs können die Massegläubiger mit ihren (Alt-) Forderungen gegen die Masse weiterhin gegen solche Ansprüche der Masse wirksam aufrechnen, die vor Anzeige der Masseunzulänglichkeit entstanden sind. Dagegen ist die Aufrechnung von (Alt-) Forderungen mit (Neu-) Ansprüchen der Masse, die erst nach dieser Anzeige entstanden sind, unzulässig. Ebensowenig können Neuforderungen, die erst nach Festsrtellung der Masseunzulänglichkeit begründet worden sind, zur Aufrechnung gestellt werden.

 

Normenkette

AO § 251 Abs. 2 S. 1, § 218 Abs. 2; KO § 58 Nr. 2, § 55 Abs. 1 Nrn. 1-2, § 60; UStG § 16 Abs. 1 S. 2

 

Tenor

Der Abrechnungsbescheid des Beklagten vom 18. Juli 1995 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16. November 1995 wird abgeändert:

Es wird festgestellt, daß der Vorsteuervergütungsanspruch nicht durch Aufrechnung erloschen ist, sondern noch in Höhe von 342,95 DM besteht.

 

Tatbestand

Der Kläger ist Konkursverwalter über das Vermögen der ‚A’-GmbH -im folgenden: Gemeinschuldnerin-. Das Konkursverfahren wurde am 1992 eröffnet (Amtsgericht, Az.). In der Gläubigerversammlung vom 1992 teilte der Kläger mit, daß das Konkursverfahren masseunzulänglich sei, da die freie Masse (14.950 DM) nicht ausreiche, die derzeitigen Masseschulden und Massekosten (55.000 DM) auszugleichen.

In der Folgezeit verwertete der Kläger Anlagevermögen (Büroeinrichtung) der Gemeinschuldnerin; hieraus ergab sich für 1993 eine Umsatzsteuerforderung (einschließlich Säumniszuschlägen) von 402,35 DM. Diese Schuld wurde zunächst nicht getilgt. Anläßlich des Schlußtermins am 2. September 1994 hob das Amtsgericht das Konkursverfahren auf und ordnete hinsichtlich des Vorsteuererstattungsanspruchs aus der Konkursverwaltervergütung die Nachtragsverteilung an. Daraufhin machte der Kläger in der Umsatzsteuererklärung für 1994 den sich aus der Konkursverwaltervergütung ergebenden Vorsteuervergütungsanspruch von 1.175,90 DM geltend, den der Beklagte auch in entsprechender Höhe festsetzte. Der Beklagte rechnete allerdings hiergegen seine Umsatzsteuerforderung 1993 auf und zahlte demgemäß nur 773,55 DM an den Kläger aus. Da der Kläger gegen die Rechtmäßigkeit der Aufrechnung Einwendungen erhob, erließ der Beklagte einen Abrechnungsbescheid, in dem er feststellte, daß der Vorsteuervergütungsanspruch durch Aufrechnung bzw. Zahlung im einzelnen dargestellter Beträge erloschen sei.

Der hiergegen gerichtete Einspruch des Klägers blieb ohne Erfolg. Der Beklagte vertrat die Auffassung, die Verrechnung von Forderungen gegen die Masse (Umsatzsteueranspruch 1993, Massekosten gemäß § 58 Nr. 2 Konkursordnung -KO-) mit nach Konkurseröffnung begründeten Ansprüchen der Konkursmasse (Vorsteueranspruch 1994) sei zulässig. Mit dem festgestellten Umsatzsteueranspruch und dem Vorsteuervergütungsanspruch stünden sich im übrigen nicht Anspruch und Gegenanspruch selbständig gegenüber, sondern es handele sich lediglich um unselbständige Besteuerungsgrundlagen innerhalb des Zeitraums der Konkursabwicklung, die „automatisch verrechnet” würden. Darüber hinaus gelte § 55 KO nicht für Massegläubiger; diese dürften selbst dann gegen einen Anspruch aus der Konkursmasse aufrechnen, wenn Massearmut i.S.v. § 60 KO bestehe.

Hiergegen richtet sich die Klage. Der Kläger ist der Auffassung, die Aufrechnung des Finanzamts mit Umsatzsteuerforderungen aus 1993 gegen den Vorsteuervergütungsanspruch sei aufgrund der Masseunzulänglichkeit unzulässig gewesen. Zwar könne jeder Gläubiger gegen eigene Masseschulden grundsätzlich mit seinen Forderungen gegenüber der Konkursmasse aufrechnen. Dies gelte aber nicht im massearmen Konkursverfahren (§ 60 KO). Hier seien die §§ 53 bis 55 KO sinngemäß mit der Maßgabe anzuwenden, daß eine Aufrechnung mit den vor der Anzeige der Masseunzulänglichkeit entstandenen Forderungen gegen danach entstandene Masseansprüche unzulässig sei. Demgemäß könnten zwar Massegläubiger mit (Alt-) Forderungen gegenüber der Masse weiterhin gegen solche Ansprüche der Masse aufrechnen, die vor Anzeige der Masseunzulänglichkeit entstanden seien. Gegen (Neu-) Ansprüche der Masse, die erst nach dieser Anzeige begründet worden seien, sei die Aufrechnung mit (Alt-) Forderungen jedoch unzulässig. Gerade dieser Fall liege hier vor, denn der Vorsteueranspruch aus der Konkursverwaltervergütung sei nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit entstanden. Aufgrund einer berichtigten Umsatzsteuererklärung 1993 hat der Beklag...

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