Entscheidungsstichwort (Thema)

Abrechnung gem. § 218 Abs. 2 AO

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 01.08.2000; Aktenzeichen VII R 31/99)

 

Tenor

Der Abrechnungsbescheid vom 20. August 1996 in der Gestalt der Einspruchs-entscheidung vom 4. März 1997 wird geändert: Es wird festgestellt, daß Erstattungsansprüche aus der Umsatzsteuerveranlagung für 1995 in Höhe von 98,94 DM und für 1996 in Höhe von 2.251,32 DM nicht durch Aufrechnung erloschen sind, sondern noch bestehen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Beklagte im massearmen Konkurs umsatzsteuerliche Erstattungsansprüche der für unzulänglich erklärten Konkursmasse wirksam mit ihm zustehenden Umsatzsteuerforderungen aufrechnen konnte und die Erstattungsansprüche deswegen erloschen sind.

Der Kläger ist Konkursverwalter über das Vermögen der GmbH, die einen Einzelhandel mit Bekleidung und Zubehör für Kinder und Säuglinge betrieb (im folgenden: GmbH). Auf deren Antrag hin wurde am 6. Dezember 1993 das Konkursverfahren eröffnet und der Kläger zum Konkursverwalter ernannt (Amtsgericht). Am 13. Mai 1994 gab der Kläger im Amtsblatt für den Regierungsbezirk öffentlich bekannt, daß das Konkursverfahren masseunzulänglich sei, weil eine die Kosten des Verfahrens deckende Masse nicht vorhanden sei.

Vor und nach diesem Zeitpunkt verwertete der Kläger Gegenstände des Anlage- und Umlaufvermögens der Gemeinschuldnerin, woraus sich für 1994 nach Abzug von Vorsteuerbeträgen eine am 29. September 1995 fällige Umsatzsteuerschuld von 2.145,26 DM ergab. Diese Schuld wurde zunächst nicht getilgt.

Am 5. Januar 1996 reichte der Kläger eine Umsatzsteuererklärung für 1995 ein, aus der sich ein (Vorsteuer-)Erstattungsanspruch von 98,94 DM ergab. Er bat, dieses Guthaben auf ein (für die Gemeinschuldnerin geführtes) Anderkonto zu überweisen. Diesem Begehren entsprach der Beklagte nicht; sondern verrechnete das Guthaben mit der rückständigen Umsatzsteuer aus 1994. Der Kläger widersprach dieser Verrechnung und vertrat die Ansicht, daß wegen der angezeigten Masseunzulänglichkeit eine Aufrechnung unzulässig sei.

Anläßlich des Schlußtermins vom 23. April 1996 hob das Amtsgericht das Konkursverfahren auf und ordnete hinsichtlich des Anspruchs auf Vorsteuererstattung aus der Konkursverwaltervergütung die Nachtragsverteilung an. Daraufhin machte der Kläger in der Umsatzsteuererklärung für 1996 den sich aus der Konkursverwaltervergütung (zuzüglich Auslagen) ergebenden Vorsteuer-Erstattungsanspruch von 5.234,42 DM geltend. Nach entsprechender Festsetzung (Bescheid vom 12. Juli 1996) verrechnete der Beklagte auch hiervon einen Teilbetrag von 2.046,32 DM mit der rückständigen Umsatzsteuerforderung aus 1994 und einen weiteren Teilbetrag von 205 DM mit inzwischen angefallenen Säumniszuschlägen. Demgemäß zahlte er nur den verbleibenden Betrag von 2.983,10 DM an den Kläger aus.

Auf den erneuten Widerspruch des Klägers (Schreiben vom 6. August 1996) erließ der Beklagte am 20. August 1996 einen Abrechnungsbescheid, mit dem er feststellte, daß die wechselseitigen Ansprüche in Höhe von insgesamt 2.145,26 DM zuzüglich der Säumniszuschläge von 205 DM durch Aufrechnung und der verbleibende Vorsteuer-Erstattungsanspruch von 2.983,10 DM durch Zahlung erloschen seien.

Der hiergegen gerichtete Einspruch des Klägers blieb ohne Erfolg. Der Beklagte vertrat unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur (sinngemäßen) Anwendung der Vorschriften über die Aufrechnung im Konkurs bei Masseunzulänglichkeit (BGH Urteil vom 18.5.1995 IX ZR 189/94, NJW 1995, 2783) die Auffassung, daß Massegläubiger nicht nur mit ihren vor Anzeige der Masseunzulänglichkeit entstandenen oder begründeten (Alt-)Forderungen gegenüber entsprechenden (Alt-) Ansprüchen der Masse, sondern darüberhinaus auch mit ihren danach entstandenen (Neu-)Forderungen gegenüber entsprechenden (Neu-)Ansprüchen der Masse aufrechnen könnten. Hierzu komme es maßgeblich darauf an, wann die jeweiligen Ansprüche im Sinne des § 3 KO begründet worden seien. Im Streitfall sei die Umsatzsteuerforderung des FA für 1994 zum Teil vor der Anzeige der Masseunzulänglichkeit begründet worden und zum Teil danach. Entsprechend seien die Vorsteuererstattungsansprüche in teilweise vor Anzeige der Masseunzulänglichkeit begründete (Alt-)Ansprüche der Masse und teilweise danach begründete (Neu-)Ansprüche der Masse aufzuteilen. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs entstehe der Anspruch auf Vorsteuererstattung im konkursrechtlichen Sinne nicht erst mit der Erteilung einer Rechnung, in der die Vorsteuer ausgewiesen sei, sondern bereits mit der Ausführung der zugrundeliegenden Leistung. Im Streitfall habe der Konkursverwalter seine den Vorsteueranspruch auslösende Arbeitsleistung teilweise vor Anzeige der Masseunzulänglichkeit, teilweise danach erbracht. Da die dem FA zustehenden (Alt- und Neu-)-Forderungen jeweils niedriger gewesen seien als die ihnen gegenüberstehenden (Alt- und Neu-) Ansprüche der Masse, se...

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