Entscheidungsstichwort (Thema)

Auflösungsverlust bei wesentlicher Beteiligung

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Der – im Bereich des § 17 EStG für die Gleichstellung von Finanzierungsmaßnahmen des Gesellschafters mit gesellschaftsrechtlichen Einlagen bedeutsame – Begriff der „Krise” der Gesellschaft stellt keinen nach vorgegebenen, absoluten Kriterien zu definierenden Zustand dar, sondern lässt sich nur bei Einbeziehung der Umstände des konkreten Finanzierungsanlasses beurteilen.
  2. Den Anforderungen an eine Kreditunwürdigkeit i. S. des Kapitalersatzrechts bzw. i. S. von § 17 EStG ist genügt, wenn für das Verlangen der kreditgebenden Bank nach ergänzenden Bürgschaften nicht das Begehren nach einer für sie besonders leicht verwertbaren und risikoarmen Sicherheit maßgebend war, sondern der Umstand, dass die seitens der Gesellschaft zur Verfügung gestellten Sicherheiten aufgrund der niedrigen Eigenkapitalquote sowie der sich zusätzlich aus der Art der zu finanzierenden Geschäfte – Bauentwicklungsprojekte in nicht unerheblicher Größenordnung -, ergebenden Risikobehaftung als nicht ausreichend erachtet wurden.
  3. Der Auflösungsverlust bei wesentlicher Beteiligung ist nicht nach § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG begrenzt, wenn der Steuerpflichtige keine durch seine Beteiligung vermittelten hälftig steuerbefreiten Einnahmen erzielt hat (Anschluss an BFH-Rspr.).
 

Normenkette

EStG § 3 Nr. 40, § 3c Abs. 2 S. 1, § 17 Abs. 1, 4; GmbHG § 32a a.F.

 

Streitjahr(e)

2006

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 24.01.2012; Aktenzeichen IX R 34/10)

BFH (Urteil vom 24.01.2012; Aktenzeichen IX R 34/10)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe eines Auflösungsverlustes i. S. von § 17 des EinkommensteuergesetzesEStG –.

Der Kläger war alleiniger Gesellschafter der zum 1. Oktober 1990 mit einem Stammkapital von 50.000 DM gegründeten „Q-GmbH” (im Folgenden: GmbH). Er hielt zunächst 49 v.H. treuhänderisch für „G”. Zum 15. April 1999 wurde das Kapital um 200.000 DM erhöht (Anteile: Kläger 102.000 DM, „G” 98.000 DM). Mit Vertrag vom 26. Juli 2002 erwarb der Kläger den Geschäftsanteil des „G” zum Nominalbetrag von 122.500 DM. Insgesamt wandte der Kläger originäre Anschaffungskosten von 127.823 EUR für die Beteiligung auf.

Die „T-Bank” „F-Stadt” hatte der GmbH einen Kontokorrentkredit über 2.000.000 DM (21. Februar 1995; Bl. 53) gewährt. Zur Absicherung hatte die GmbH ihre Ansprüche aus dem Generalübernehmervertrag „B-Straße 1” vom 29. Dezember 1994 (19.156.940 DM) abgetreten und hatten der Kläger sowie Herr „G” selbstschuldnerische Bürgschaften von je 2.000.000 DM (21. Januar 1995, Bl. 55) erteilt. Darüber hinaus hatte die „T-Bank” „F-Stadt” einen weiteren Kredit über 8.300.000 DM (14. Juni 1995; Bl. 51) gewährt, zu dessen Absicherung die GmbH Grundschulden an ihrem Objekt „L-Straße 2” eingeräumt (8.300.000 DM) und der Kläger sowie Herr „G” Bürgschaften von jeweils 3.300.000 DM (3. Juli 1995, Bl. 56) eingegangen waren. Über diese beiden Bürgschaften hinaus gewährte der Kläger der „T-Bank” „F-Stadt” am 15. Juni 1999 eine weitere Bürgschaft von 150.000 DM zur Sicherung des Geschäftskontos (Bl. 57).

Im Hinblick auf wirtschaftliche Schwierigkeiten und eingetretene Zahlungsunfähigkeit der GmbH kündigte die „T-Bank” „F-Stadt” am 14. Januar 2004 die Geschäftsverbindung fristlos. Zu diesem Zeitpunkt beliefen sich die offenen Forderungen der „T-Bank” auf 5.437.896 EUR (bei Gesamtverbindlichkeiten der GmbH von 5.840.264 EUR). Die „T-Bank” nahm den Kläger mit Schreiben vom 27. Januar 2004 aus den selbstschuldnerischen Bürgschaften über insgesamt 1.815.086 EUR (21. Januar 1995: 1.022.584 EUR; 3. Juli 1995: 715.809 EUR; 15. Juni 1999: 76.693 EUR) in Anspruch. Am 1. März 2004 wurde über das Vermögen der GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Im Dezember 2006 einigten sich der Kläger und Herr „G” mit der „T-Bank” „F-Stadt” dahin, dass der Kläger – ebenso wie Herr „G” – auf die Bürgschaften je 1.100.000 EUR entrichtet und die „T-Bank” im Gegenzug keine weiteren Rechte aus den Bürgschaften herleitet. Diesen Betrag bezahlten die Bürgen noch Ende des Streitjahres 2006.

Im Verfahren 15 K 3952/06 E verständigten sich die Beteiligten am 10. April 2008 dahin, den Auflösungsverlust i. S. von § 17 EStG zeitlich nicht im dortigen Streitjahr 2004, sondern im Veranlagungszeitraum 2006 zu berücksichtigen.

Im Einkommensteuerbescheid 2006 vom 12. August 2008 setzte der Beklagte den Auflösungsverlust mit 92.176 EUR an:

Erlös/Wert

0,00 EUR

Stammeinlage 127.500 DM

- 65.189,71 EUR

Stammeinlage „G” 122.500 DM

- 62.633,26 EUR

Zahlung Bürgschaft 1,1 Mio. EUR, soweit auf Bürgschaft 150.000 DM entfallend (4,53 %)

- 49.830,00 EUR

Beratungs- (Auflösungs-)kosten

- 6.699,00 EUR

Differenz

- 184.352,00 EUR

Halbeinkünfteverfahren

- 92.176,00 EUR

Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein und machte geltend, den Verlust auf 612.633 EUR (50 % von 1.225.266 EUR) zu erhöhen. Die Bürgschaftsinanspruchnahme sei mit 1.100.000 EUR zu berücksichtigen, weil er sämtliche Bürgschaften in der Krise – im Zeitpunkt der Kreditunwürdig...

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