rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufwendungen für Hausanhebung aufgrund gestiegenen Grundwassers keine außergewöhnliche Belastung

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Aufwendungen für die Anhebung eines selbstbewohnten Einfamilienhauses zur Absicherung gegen drückendes Grundwasser können mangels Zwangsläufigkeit nicht als außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden, wenn die wesentliche Ursache in dem Abschluss des Werkvertrages liegt, der für die Errichtung des Einfamilienhauses keine entsprechende Absicherung gegen drückendes Grundwasser beinhaltete.
  2. Ob den Steuerpflichtigen selbst das konkrete Ausmaß des eingegangenen Risikos hätte bekannt sein können oder müssen, ist bei einem freiwilligen Vertragsabschluss nicht entscheidungserheblich.
  3. Der Anstieg des Grundwassers auf das natürliche Niveau infolge der räumlichen Verlagerung des Braunkohleabbaus stellt kein außergewöhnliches Ereignis dar.
  4. Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Erwerb oder der Herstellung eines Einfamilienhauses fehlt bereits deshalb die Außergewöhnlichkeit, weil sie das Existenzminimum nicht typischerweise berühren.
  5. Auch wenn der beschädigte Gegenstand von existentiell wichtiger Bedeutung ist, den Steuerpflichtigen kein Verschulden trifft, er keine realisierbaren Ersatzansprüche gegen Dritte hat und keine übliche Versicherungsmöglichkeit besteht (BFH-Urteil v. 6.5.1994 III R 27/92, BFHE 175, 332, BStBl II 1995, 104), kommt der Abzug verlorenen Aufwandes für Kosten zur Beseitigung von Schäden nach § 33 EStG nur unter den weiteren Voraussetzungen der Zwangsläufigkeit und Außergewöhnlichkeit in Betracht.
 

Normenkette

EStG § 33

 

Streitjahr(e)

2002

 

Tatbestand

Die Kläger machen insbesondere geltend, Aufwendungen für die Anhebung ihres Einfamilienhauses aus dem Grundwasser als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen.

Die Kläger hatten mit notariellem Vertrag vom 18. 04. 1989 das unbebaute Grundstück in B-Stadt erworben und aufgrund Werkvertrages vom 09. 03. 1989 mit einem Einfamilienhaus bebauen lassen. Der Keller des Hauses ist zwar gegen Bodenfeuchtigkeit isoliert, aber nicht gegen drückendes Grundwasser gesichert.

Im Frühjahr 1999 kam es bei den Klägern und zahlreichen Nachbarn zu ersten Wassereinbrüchen in den Kellern. Das beruhte darauf, dass der Grundwasserspiegel, der in der Vergangenheit (so auch im Zeitpunkt des Grundstückserwerbs der Kläger) durch den Tagebau der Firma Rheinbraun abgesenkt worden war, mit örtlicher Verlagerung des Braunkohleabbaus allmählich wieder auf sein normales Niveau und damit über die Höhe der Bodenplatten der betroffenen Häuser anstieg (Bodenplatte 36,96 m über NN; höchster Grundwasserstand ca. 38 m über NN lt. Staatlichem Umweltamt A-Stadt vom 25. 04. 2000). Die Kläger führten verschiedene Maßnahmen zur Trockenlegung des Kellers durch (u.a. tägliches Abpumpen des Wassers) und nahmen das Bauunternehmen auf Schadensersatz (nachträgliche Abdichtungskosten von 187.920 DM) in Anspruch. Nachdem die Kläger in erster Instanz vor dem Landgericht C-Stadt obsiegt hatten, wurde auf die Berufung des beklagten Bauunternehmens hin die Klage mit Urteil des Oberlandesgerichts C-Stadt vom 30. 11. 2001 5 U 229/00 abgewiesen. Zwar sei dem für das Bauunternehmen tätigen Architekten ein Planungsfehler anzulasten. Es müsse davon ausgegangen werden, dass der Architekt von der Stadt B-Stadt durch ein Merkblatt auf die Grundwasserproblematik und die Möglichkeiten zu deren Abklärung hingewiesen worden sei; das erste Bauangebot habe auch eine Abdichtung gegen drückendes Grundwasser enthalten. Aus Kostengründen habe der Kläger hiervon Abstand genommen und sich für eine wesentlich preiswertere Variante der Kellerausführung entschieden. Daraufhin habe der Architekt bei der Stadt B-Stadt und der Unteren Wasserbehörde des Oberkreisdirektors D-Stadt die Frage der Versickerung geklärt. Er habe es jedoch unterlassen, Erkundigungen beim Staatlichen Umweltamt in A-Stadt einzuholen, um die Frage des bevorstehenden Anstiegs des Grundwasserspiegels zuverlässig zu klären. Die aus diesem Planungsfehler resultierenden Gewährleistungsansprüche der Kläger seien indes mit Ablauf der fünfjährigen Verjährungsfrist erloschen. Die Ausnahmetatbestände der arglistigen Täuschung bzw. eines Organisationsverschuldens, die eine Verjährungsfrist von 30 Jahren hätten begründen können, seien hier nicht feststellbar. Das Revisionsverfahren (BGH VII ZR 14/02) blieb erfolglos.

Mehrere Bürgerinitiativen der zahlreichen von der Grundwasserproblematik betroffenen Anwohner mit dem Ziel, ein großflächiges Abpumpen des Grundwassers zu erreichen, scheiterten. Um weitere Wasserschäden zu vermeiden, den Strom für das Abpumpen zu sparen und gesundheitliche Gefahren auszuschließen, entschlossen sich die Kläger im Streitjahr, ihr Haus um 1,40 m aus dem Grundwasser anheben zu lassen. Durch diese Maßnahme entstand – ausweislich eines Artikels in der D-Stadt-Zeitung vom 26. 03. 2003 - ein bislang nicht vorhandenes 40 qm großes Appartement. Die Aufwendungen der Kläger für die Hausanhebung beli...

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