Entscheidungsstichwort (Thema)

Zurechnung unentgeltlich erworbener GmbH-Anteile bei Vorbehaltsnießbrauch

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Das wirtschaftliche Eigentum an unentgeltlich übertragenen GmbH-Anteilen geht trotz des vom Schenker vorbehaltenen Nießbrauchs und der diesem vertraglich eingeräumten unwiderruflichen Stimmrechtsvollmacht zusammen mit dem zivilrechtlichen Eigentum auf den Beschenkten über, wenn der Schenkungsvertrag nicht mit einem Widerrufsvorbehalt oder einer Rückfallklausel zugunsten des Schenkers ausgestaltet ist, aufgrund deren der Schenker ohne den Willen des Beschenkten das zivilrechtliche Eigentum zurück erlangen könnte (Abgrenzung zum Beschluss des BGH vom 5.4.2011 II ZR 173/10, DStR 2011, 1475).
  2. Die spätere entgeltliche Ablösung des Nießbrauchs führt bei der Ermittlung des Gewinns aus der Veräußerung der Anteile durch den Beschenkten zu nachträglichen Anschaffungskosten.
 

Normenkette

AO § 39 Abs. 1, 2 Nr. 1; EStG § 3 Nr. 40, §§ 16, 17 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Sätze 1, 5; UmwStG 2002 § 20 Abs. 1; UmwStG § 20 Abs. 4 S. 1, § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 1; UmwStG 2006 § 27 Abs. 2; UmwStG § 27 Abs. 3 Nr. 3; HGB § 255 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 18.11.2014; Aktenzeichen IX R 49/13)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im zweiten Rechtsgang um die Höhe eines vom Kläger erzielten Veräußerungsgewinnes nach § 17 EStG und § 16 EStG.

Der Beigeladene ist der Vater des Klägers und war im Jahr 2001 mit 90 % an der S GmbH (GmbH) beteiligt, deren Stammkapital damals 70.000 DM betrug. Die restlichen 10% standen im Eigentum von Frau M.

Der Beigeladene schenkte dem Kläger im Jahr 2001 Gesellschaftsanteile im Nennbetrag von 9.500 DM, 500 DM, 10.000 DM und 1.000 DM, d.h. insgesamt 21.000 DM (30%). Die Anteile im Nennbetrag von 10.000 DM hatte der Beigeladene im Jahr 1993 im Rahmen einer Kapitalerhöhung durch Einbringung seines Kommanditanteils an der S GmbH & Co. KG zum Buchwert in die GmbH erworben. Der Buchwert des Kommanditanteils betrug 165.472,42 DM (= 84.604,70 €; siehe Sacheinlagebericht vom 21.6.1993). Die Anschaffungskosten des Beigeladenen für die übrigen Anteile betrugen 165.392,86 DM (= 84.564,03 €).

Im Jahr 2002 veräußerte Frau M einen Geschäftsanteil im Nennbetrag von 2.300 DM (3,29 % des damaligen Stammkapitals) für 150.000 DM (= 76.693,78 €) an den Kläger und einen Geschäftsanteil im Nennbetrag von 4.700 DM (6,71% des damaligen Stammkapitals) für 300.000 DM (153.987,57 €) an den Beigeladenen und schied aus der GmbH aus. Im Rahmen der Glättung wegen der Euroumstellung wurde das Stammkapital der GmbH in einer Gesellschafterversammlung am 14.1.2004 geringfügig auf 36.000 € angehoben, wovon der Kläger 86,90 € einzahlte. Gleichzeitig wurde eine neue Gesellschaftssatzung beschlossen, auf deren Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 43ff. d.A.).

Aufgrund notariell beurkundeten Vertrags vom 16.3.2004 übertrug der Beigeladene dem Kläger drei weitere Gesellschaftsanteile im Nennbetrag von insgesamt 23.700 € (65,83 % des neuen Stammkapitals). Die Anschaffungskosten des Beigeladenen für diese GmbH-Anteile beliefen sich auf 293.270,11 €. Eine Gegenleistung hatte der Kläger nicht zu erbringen.

Der Beigeladene behielt sich gemäß Ziffer III dieses Vertrags an den übertragenen Beteiligungen den lebenslänglichen unentgeltlichen Nießbrauch vor. Dem Nießbraucher gebührten danach die während des Nießbrauchs auf die Beteiligungen entfallenden ausgeschütteten Gewinnanteile. Zwar standen die mit den übertragenen Beteiligungen verbundenen Mitgliedschaftsrechte wie z.B. das Stimmrecht dem Kläger zu. Er bevollmächtigte jedoch den Beigeladenen unwiderruflich zur Ausübung des Stimmrechts in sämtlichen Gesellschaftsangelegenheiten und verpflichtete sich gegenüber dem Beigeladenen, von seinem eigenen Stimmrecht hinsichtlich der übertragenen Anteile keinen Gebrauch zu machen bzw. ersatzweise nach Weisung des Nießbrauchers (des Beigeladenen) zu stimmen. Außerdem wurde vereinbart, dass der Kläger im Falle des früheren Ablebens des Beigeladenen seiner Mutter als dauernde Last einen monatlichen Betrag in Höhe von 2.000 € zahlen musste.

Der Beigeladene war berechtigt, die Nießbrauchsbestellung durch einseitige an den Kläger zu richtende Erklärung zu beenden.

Nach Vertragsdurchführung betrugen die Anteile des Klägers am Stammkapital der GmbH 35.700 € (99,17 %) und der Anteil des Beigeladenen 300 € (0,83 %). Die Anschaffungskosten für den dem Beigeladenen verbliebenen Anteil betrugen 3.712,28 €.

Beide Gesellschafter waren seit 1998 zugleich Geschäftsführer der GmbH und lt. Gesellschaftssatzung vom 14.1.2004 und Handelsregisterauszug der GmbH nur gemeinsam vertretungsberechtigt.

Am 24.5.2004, 5.4.2005 und 22.5.2006 fanden Gesellschafterversammlungen der GmbH statt, an denen der Kläger und der Beigeladene teilnahmen. In diesen wurde jeweils der Jahresabschluss zum 31.12. des Vorjahres festgestellt, der Vortrag des Jahresüberschusses beschlossen und der Kläger und der Beigeladene als Geschäftsführer entlastet. In der Versammlung vom 24.5.2004 wurde zusätz...

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