Entscheidungsstichwort (Thema)

Widerruf der Bestellung eines Steuerberaters bei Vorliegen des Vermögensverfalls. Vermutung des Vermögensverfalls durch Eröffnung des Insolvenzverfahrensüber das Vermögen eines Steuerberaters

 

Normenkette

StBerG § 46 Abs. 2 Nr. 4

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Die Klägerin wurde 195… geboren. Ihr 198… geborener Sohn, der Prozessbevoll-mächtigte, betreibt seit dem …2010 als Rechtsanwalt eine Einzelpraxis in A.

Die Klägerin wurde 1989 als Steuerberaterin bestellt. Sie war zunächst im Rahmen einer Einzelpraxis und später, bis zum 30.6.2007, im Rahmen einer Sozietät mit einer anderen Steuerberaterin tätig. Seither war die Klägerin nicht mehr als Steuerberaterin tätig. Sie erkrankte im Januar 2008 schwer.

Am 27.11.2008 beantragte die „Krankenkasse” die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Klägerin wegen Gesamtsozialversicherungs- und Umlagebeiträgen für den Zeitraum 10/2004-9/2005 in Höhe von 19.007,34 EUR zzgl. Säumniszuschlägen. Die Klägerin stellte am …2008 einen Eigenantrag und beantragte Restschuldbefreiung. Das Insolvenzverfahren wurde am …2009 eröffnet.

Die Insolvenzforderungen beliefen sich ausweislich des Berichts des Insolvenzverwalters vom 5.8.2009 auf 3.554.168,93 EUR, darunter auch Schadensersatzforderungen von ehemaligen Mandanten, die von der Klägerin bestritten wurden, sowie Forderungen der „Krankenkasse” in Höhe von 56.000 EUR und 25.000 EUR. Wegen der Einzelheiten wird auf die Kopie des Gläubigerverzeichnisses nach § 152 der Insolvenzordnung (InsO) vom 31.7.2009 Bezug genommen (Bl. 15-21 der Beiakte). Der Insolvenzverwalter führte aus, der Klägerin stehe eine Witwenrente in Höhe von 509,37 EUR zu; sie werde im Übrigen von ihren Angehörigen unterstützt.

Mit Beschluss des Amtsgerichts B vom …2009 (…) wurde ein Steuerstrafverfahren gegen die Klägerin wegen des Verdachts der Hinterziehung von Umsatzsteuer 2000 im Zusammenhang mit der Veräußerung eines Teils des Kundenstammes an die damalige Mitgesellschafterin gem. § 153 a Abs. 2 der Strafprozessordnung (StPO) eingestellt.

Die Beklagte hörte die Klägerin an, nachdem sie von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfahren hatte. Sie holte im August 2009 eine Auskunft des Schuldnerverzeichnisses des Amtsgerichts A ein, der zufolge drei Haftbefehle zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung eingetragen waren, der letzte vom …06.2009. Die Oberfinanzdirektion teilte mit, die Klägerin habe die Forderung wegen Umsatzsteuer 2000 in Höhe von 21.156,91 EUR nicht erfüllt.

Die Klägerin äußerte sich dahin, dass sie beabsichtige, ihre Vermögensverhältnisse neu zu ordnen. Sie bemühe sich um die Aufnahme einer Tätigkeit, die es ihr ermögliche, während der Wohlverhaltensphase ihre Verbindlichkeiten abzubauen. Ihr sei die Mitarbeit in einem Unternehmensverbund angeboten worden, die die Übernahme der Finanzbuch- und Lohnbuchhaltung umfasse sowie die Erstellung des Jahresabschlusses und der Steuererklärungen. Die Tätigkeit beschränke sich auf die Unternehmen des Verbundes. Voraussetzung sei die Testierung als Steuerberaterin. Die Klägerin war der Auffassung, mit der Übernahme der Tätigkeit sei eine Gefährdung der Interessen der Mandanten ausgeschlossen.

Die Beklagte widerrief die Bestellung der Klägerin als Steuerberaterin am 2.12.2009. Sie vertrat die Auffassung, die Vermutung der Gefährdung der Auftraggeber-Interessen durch den Vermögensverfall sei nicht widerlegt. Die Klägerin plane eine freiberufliche Mitarbeit. Es fehle an konkreten Maßnahmen, die eine Gefährdung der Mandanten-Interessen ausschließen könnten.

Am 10.11.2010 schlossen die Klägerin und ihr Sohn einen Anstellungsvertrag. Danach tritt die Klägerin zum 1.12.2010 in die Rechtsanwaltspraxis des Sohnes mit einer Wochenarbeitszeit von 20 Stunden ein zu einem monatlichen Bruttogehalt von 2.000 EUR. Die Bestellung der Klägerin als Steuerberaterin ist Voraussetzung der Einstellung. Zum Aufgabengebiet der Klägerin gehört „insbesondere” die steuerliche Betreuung des Hauptmandanten des Arbeitgebers. Die Klägerin übernimmt die Buchführung und das Erstellen von Jahresabschlüssen und Steuererklärungen für den Hauptmandanten. Des Weiteren soll die Klägerin den Hauptmandanten in steuerlichen Angelegenheiten außergerichtlich vertreten. Sie nimmt, soweit erforderlich, weitere Tätigkeiten nach Maßgabe des Arbeitgebers wahr.

Der Vertrag sieht besondere Bestimmungen wegen der Insolvenz der Klägerin vor:

„… Zur Vermeidung der Gefährdung von Interessen der Auftraggeber ist es der Arbeitnehmerin nicht gestattet, Treuhänder- oder Verwaltungsbefugnisse über Gelder oder sonstige Vermögenswerte der Mandanten auszuüben. Der Angestellten ist es streng untersagt, jedwede Gelder, Honorare oder sonstige Entgelte in Empfang zu nehmen oder zu verwalten oder über sonstige Vermögenswerte der Auftraggeber zu verfügen.”

Untersagt ist der Klägerin weiterhin, eigenverantwortlich Mandate zu übernehmen, eine selbständige Tätigkeit auszuüben oder auf f...

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