Entscheidungsstichwort (Thema)

Schenkungsteuer bei Veruntreuung von Geldbeträgen zugunsten eines Dritten – Zuwendung durch verbotswidrige Verfügung – Bedeutung der Rückforderungsansprüche des Geschädigten – Unentgeltlichkeit der Leistung

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die Überweisung veruntreuter Geldbeträge aus dem Vermögen ihres Arbeitgebers durch eine angestellte Buchhalterin auf der freien Verfügungsgewalt eines mit ihr kollusiv zuammenwirkenden Dritten unterliegende Bankkonten ist als freigebige Zuwendung der Schenkungsteuer zu unterwerfen.
  2. Die Buchhalterin ist in diesem Fall als Zuwendende der Zahlungen anzusehen, da der Verfügung zugunsten des Dritten notwendig eine rechtswidrige Aneignung der Geldbeträge durch sie vorausgehen musste.
  3. Das Bestehen von Rückforderungsansprüchen des Arbeitgebers gegenüber dem Zahlungsempfänger steht dessen Bereicherung im Innenverhältnis zu der zuwendenden Person nicht entgegen.
  4. Das Versprechen des Empfängers, die Zahlungen später zur Deckung der Fehlbeträge zurückzuführen, und der Umstand, dass Zahlungen zur Förderung einer in Aussicht gestellten Eheschließung erfolgt sein sollen, schließen das Bewusstsein der Unentgeltlichkeit der Leistungen nicht aus.
 

Normenkette

ErbStG § 7 Abs. 1 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 25.11.2020; Aktenzeichen II R 25/18)

 

Tatbestand

Die mit dem Kläger bekannte A war bei der B GmbH & Co. KG (B) als Buchhalterin angestellt. In dieser Eigenschaft gelang es ihr, in dem Zeitraum vom 9. September 2014 bis zum 5. Februar 2015 Überweisungsaufträge über insgesamt 225.462,79 € zu erteilen, die zu entsprechenden Abbuchungen auf für die B oder konzernangehörige Unternehmen geführte Bankkonten führten und denen keine Verbindlichkeiten der B oder konzernangehöriger Unternehmen gegenüberstanden. Stattdessen wurden die Geldbeträge auf Bankkonten Dritter gutgeschrieben, die der Kläger ihr zuvor bezeichnet hatte. Der Kläger erhielt die Geldbeträge anschließend zu eigener Verwendung.

A ließ sich in ihrer Vernehmung als Beschuldigte durch Beamte des Landeskriminalamts vom 20. Februar 2015 dahin ein, dass sie die Überweisungen auf die vom Kläger bezeichneten Bankkonten vorgenommen habe, weil ihr versprochen worden sei, dass sie dadurch finanzielle Probleme lösen könne, die einer Eheschließung mit dem Kläger entgegengestanden hätten. Er habe ihr versprochen, dass durch den Verkauf seines Hauses Gelder frei würden, mit denen die Geldbeträge zurückgeführt werden könnten.

Der Kläger räumte in einem Schreiben seines Bevollmächtigten vom 27. März 2015 der B gegenüber ein, dass die Zahlungen zu seinen Gunsten vorgenommen worden seien. Die Staatsanwaltschaft erhob unter dem 4. August 2015 gegen A und den Kläger wegen des vorgenannten Sachverhalts beim Amtsgericht Anklage.

Das beklagte Finanzamt ging davon aus, dass der Kläger auf Grund der von A begangenen Taten, von dieser am 6. Oktober 2014 14.300 €, am 7. Oktober 2014 1.000 €, am 20. Oktober 2014 11.512 €, am 22. Oktober 2014 6.289 €, am 24. Oktober 2014 11.586 €, am 28. Oktober 2014 19.096 €, am 29. Oktober 2014 14.280 €, am 31. Oktober 2014 25.005 €, am 5. November 2014 17.900 €, am 10. November 2014 11.600 €, am 12. November 2014 3.000 €, am 14. November 2014 1.700 €, am 27. November 2014 5.000 €, am 17. Dezember 2014 4.000 €, am 14. Januar 2015 9.500 € am 26. Januar 2015 37.562 €, am 5. Februar 2015 17.500 € zugewendet erhalten habe. Das beklagte Finanzamt deshalb gegen den Kläger mit 17 Steuerbescheiden insgesamt 61.620 € Schenkungsteuer fest.

Den hiergegen vom Kläger eingelegten Einspruch wies das beklagte Finanzamt mit Entscheidung vom 25. April 2016 zurück.

Der Kläger trägt mit seiner Klage vor: A habe die Geldbeträge ganz überwiegend unmittelbar von für die B geführte Bankkonten auf die von ihm bezeichneten Bankkonten überwiesen. Nur in einem Fall habe sie einen Geldbetrag zunächst auf ein für sie geführtes Bankkonto überwiesen, bevor sie ihm den Betrag übergeben habe. Sie sei deshalb durch die Zahlungen nicht entreichert worden. Allenfalls die B sei durch die Zahlungen entreichert worden. Dieser habe allerdings das erforderliche Zuwendungsbewusstsein gefehlt, weil deren Vertreter keine Kenntnis von den Zahlungen gehabt hätten. Er selbst sei nicht bereichert worden, weil der B gegen ihn zivilrechtliche Ersatzansprüche zustehen würden, falls die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zutreffen sollten.

Der Kläger beantragt,

die 17 Schenkungsteuerbescheide vom 16. September 2015 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25. April 2016 aufzuheben.

Das beklagte Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet. Die 17 Steuerbescheide vom 16. September 2015 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25. April 2016 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das beklagte Finanzamt hat die Schenkungsteuer zu Recht gegen den Kläger festgesetzt.

Nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetze...

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