Entscheidungsstichwort (Thema)

Häusliches Arbeitszimmer einer Flugbegleiterin: Verfügbarkeit eines anderen Arbeitsplatzes – Erforderlichkeit des Arbeitszimmers für die Einkünfteerzielung – Untergeordnete Bedeutung der Arbeitszimmernutzung im Verhältnis zu den Flugzeiten

 

Leitsatz (redaktionell)

Auch wenn einer nicht als Kabinenchefin tätigen Stewardess für die im Zusammenhang mit ihrem Beruf anfallenden Vor- und Nachbereitungstätigkeiten teilweise kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, kann sie die Aufwendungen für ihr häusliches Arbeitszimmer nicht als Werbungskosten von ihren Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit abziehen, wenn die zeitliche Inanspruchnahme dieses Raumes für berufliche Dinge – im Wesentlichen 30 Minuten für die Bearbeitung des Briefing-Pakets vor einem Flug und die Vorbereitung der Emergency-Tests im Umfang von höchstens zwölf Stunden p.a. - im Verhältnis zu den Flugzeiten von ganz untergeordneter Bedeutung ist.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b, § 9 Abs. 5

 

Tatbestand

Streitig ist die Anerkennung der Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer.

Laut Arbeitsvertrag vom 24. Januar 2001 ist die Klägerin in Vollzeit als Flugbegleiterin (Stewardess) bei der A beschäftigt. Im Streitjahr war ihr Dienstflughafen….

Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung für das Streitjahr beantragte sie den Abzug von Werbungskosten für ein häusliches Arbeitszimmer in Höhe von 1.250,- €. Die auf das Arbeitszimmer entfallenden anteiligen Kosten bezifferte sie mit 1.433,- € (= 14,57 % von 9.840,- € (d.h. 820,- € x 12 Mon).

Außerdem erklärte sie einen beruflichen Anteil an Internetverbindungen (...; Anbieter für A Mitarbeiter: ...) von 1 € pro Monat.

Im Zusammenhang mit ihren Fahrkosten gab die Klägerin an, an 88 Tagen fliegerisch im Einsatz gewesen zu sein.

Mit Einkommensteuerbescheid 2013 vom 11. September 2014 setzte der Beklagte die Einkommensteuer auf 6.855,- € fest. Dabei lehnte er die Berücksichtigung der für das Arbeitszimmer geltend gemachten Kosten ab. Zur Begründung machte der Beklagte geltend, das Arbeitszimmer stelle nicht den Mittelpunkt der gesamten beruflichen und betrieblichen Betätigung dar und für die berufliche und betriebliche Tätigkeit stehe ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung.

Dagegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 27. September 2014 Einspruch ein, zu dessen Begründung sie auf ein Urteil des Finanzgerichts Münster vom 2. Juli 2013 (11 K 4527/11 E) verwies.

Daraufhin bat der Beklagte um Vorlage einer Skizze der Wohnung mit eingezeichnetem Arbeitszimmer, einen Nachweis der Kosten (Mietvertrag etc.) und um Erläuterung ihrer Tätigkeit in ihrem Arbeitszimmer.

Ausweislich des daraufhin überreichten Mietvertrages hatte nicht nur die Klägerin, sondern auch ihr Lebensgefährte, Herr ..., die Wohnung im…in…angemietet.

Das Arbeitszimmer weist den Angaben der Klägerin zufolge eine Größe von 11,14 qm auf, die gesamte Wohnfläche beträgt danach 76,46 qm.

Außerdem überreichte die Klägerin erneut in aus dem Jahre 2004 stammendes an den Beklagten gerichtetes Schreiben. Darin hatte die Klägerin ihre berufliche Tätigkeit als Flugbegleiterin u.a. wie folgt beschrieben:

Die Flugvorbereitung vor Abflug bzw. am Abend davor sei unerlässlich für ihre Arbeit. Mit Hilfe des A Intranetzugangs via…(...) müsse sie sämtliche flugrelevanten Daten wie zum Beispiel Passagierzahlen, Besatzungszusammensetzung, Stopover-Zeiten, Flugzeugtyp und Standorte auf den unterschiedlichen Flughäfen zusammensuchen, planen und ausdrucken.

Sämtliche Hotel- und Übernachtungsvoucher sowie Passageanweisungen und Tickets seien von ihr selbst auszudrucken und zusammenzustellen.

Wenn ein 5-tägiger Umlauf anstehe, dauere eine solche Vorbereitung mehrere Stunden.

Darüber hinaus müsse ihre Flugdienstzeit über das A…System geplant und verwaltet werden sowie die Bordverkaufsabrechnungen für jeden Flug berechnet und abgerechnet werden.

Nach jedem Umlauf müssten von ihr Feedback- und Ereignisprotokolle sowie zahlreiche zusätzliche Nacharbeiten durchgeführt und dokumentiert werden.

Auch seien regelmäßig vorgeschriebene Fort- und Weiterbildungen ein nicht unerheblicher Zeitaufwand, den sie in ihrem häuslichen Arbeitszimmer erledigen müsse. Fachliteratur müsse immer zeitnah aufgearbeitet werden und die regelmäßigen Prüfungen zur ersten Hilfe und zu Notfallübungen und Tests erforderten viel Zeit und könnten auch nur in ihrem Arbeitszimmer erledigt werden.

Darüber hinaus legte sie ein Schreiben der A vom 27. Juni 2004 vor, in dem die A der Klägerin Folgendes bescheinigte:

„Im Rahmen ihrer Tätigkeit ist es erforderlich, sich vor den Flugeinsätzen anhand von Unterlagen über streckenspezifische Besonderheiten und Produktveränderungen zu informieren. Diese umfassen u.a. die jeweiligen Einreise- und Zollbestimmungen sowie aktuelle Besonderheiten, die monatlich im „Cabin Memo” bzw. „Cabin Manual” veröffentlicht werden. Darüber hinaus erwarten wir die Kenntnis der einschlägigen Arbeitsanweisungen, die in dem Flight Safety Manual und OM/A enthalten sin...

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