Entscheidungsstichwort (Thema)

Häusliches Arbeitszimmer einer Flugbegleiterin: Verfügbarkeit eines anderen Arbeitsplatzes – Erforderlichkeit des Arbeitszimmers für die Einkünfteerzielung – Geringfügigkeit der beruflichen Arbeitszimmernutzung im Verhältnis zur Gesamtarbeitszeit

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Auch wenn einer nicht als Kabinenchefin tätigen Stewardess für die im Zusammenhang mit ihrem Beruf anfallenden Vor- und Nachbereitungstätigkeiten teilweise kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, kann sie die Aufwendungen für ihr häusliches Arbeitszimmer nicht als Werbungskosten von ihren Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit abziehen, wenn das Vorhalten eines Arbeitszimmer für ihre Tätigkeit als Stewardess nicht erforderlich ist.
  2. Davon ist auszugehen, wenn sie nur in einem geringfügigen Umfang von unter 3,1 % ihrer gesamten Arbeitszeit Bürotätigkeiten verrichten muss, für die ihr kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht.
 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b, § 9 Abs. 5, § 52 Abs. 12 S. 9

 

Streitjahr(e)

2013

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 03.04.2019; Aktenzeichen VI R 46/17)

BFH (Urteil vom 03.04.2019; Aktenzeichen VI R 46/17)

 

Tatbestand

Streitig ist die Anerkennung der Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer.

Die Klägerin ist seit 2008 in Vollzeit als Flugbegleiterin (Stewardess) tätig. Sie war zunächst bei der A angestellt, seit 2012 bei der B. Ihr Dienstflughafen ist .... Ihr Ehemann ist Polizeibeamter. Im Jahr 2007 erwarben beide ein Einfamilienhaus.

In Ihrer Steuererklärung für das Streitjahr machte die Klägerin u.a. Aufwendungen für ein Arbeitszimmer in Höhe von 1.250 € als Werbungskosten geltend. Sie gab an, die Wohnfläche des Hauses betrage 148 qm und das Arbeitszimmer sei 13,50 qm groß. Auf das Haus sollten Aufwendungen in Höhe von insgesamt 13.711 € entfallen, davon auf das Arbeitszimmer 1.250 €. Die Klägerin trug vor, für die in dem Arbeitszimmer verrichteten Tätigkeiten stehe ihr kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung. Aus einer Aufstellung der Reisekosten ergab sich, dass die Klägerin an 66 Tagen zum Flughafen…und zurück fuhr, sich an 27 Tagen auf Reisen im Inland und an 107 Tagen auf Reisen im Ausland befand (insgesamt 134 Reisetage).

Das beklagte Finanzamt (FA) setzte in dem Einkommensteuerbescheid vom 26.06.2014 die Einkommensteuer auf 9.787 € fest. Die geltend gemachten Aufwendungen für das Arbeitszimmer wurden nicht berücksichtigt. In dem Bescheid wies das FA darauf hin, dass Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nur noch anerkannt werden könnten, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit bilde.

Dagegen legten die Kläger Einspruch ein und trugen vor, die Klägerin habe in den Flugzeugen keine Möglichkeit, sich auf die Flüge vorzubereiten. Dies könne nur in ihrem Arbeitszimmer geschehen. Die Klägerin müsse sich vor jedem Flug in das Informationssystem der B einwählen, um wichtige Informationen zu erhalten. Diese Informationen umfassten z.B. das Abrufen der persönlichen Dienstpläne, das Lesen von Dienstanweisungen, das Absolvieren von Trainingsprogrammen sowie allgemeine Flugvorbereitungen, z.B. die Ziel- und Zollbestimmungen der jeweiligen Länder, den Verlauf der Routen und damit verbundene Sicherheitsvorkehrungen, die Servicekonzepte, die spezielle Handhabung bei bestimmten Fluggästen, wie die Behandlung von Behinderten, Blinden, Kindern ohne Begleitung der Eltern u.s.w. Da die Klägerin bei Ankunft am Flughafen sofort im Geschehen sei, habe sie dort nicht die nötige Zeit, um sich um die genannten Vorbereitungen zu kümmern. Die Klägerin berief sich auf Urteile des Finanzgerichts (FG) Niedersachsen vom 14.05.2013 13 K 239/11 (juris) sowie des FG Brandenburg vom 25.02.1999 5 K 89/98 (EFG 1999, 601). Sie übersandte eine am 29.01.2014 von der B erstellte „Bescheinigung zur Vorlage beim Finanzamt für das Kalenderjahr 2013 – in Verbindung mit der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung”, aus der u.a. das Folgende hervorging: „ Hiermit bestätigen wir Ihnen, dass Sie als Mitarbeiter des fliegenden Personals von uns jederzeit wegen der Rufbereitschaft (Standby-Dienst) erreichbar sein müssen. Aus diesem Grund sind Sie verpflichtet, einen Telefonanschluss bzw. ein Mobiltelefon zu haben und zu unterhalten. Ein PC- sowie ein Internetanschluss sind erforderlich, damit sie sich bei Bedarf in die B Informationssysteme einwählen können, um Informationen neuesten Standes zu erhalten, die nicht Inhalt von Handbüchern sind, aber für die Ausübung der Tätigkeit relevant sind. Die tatsächlichen Einsatztage ergeben sich aus den Dienstplänen, welche den Mitarbeitern monatlich zusammen mit der Gehaltsabrechnung ausgehändigt wurden. Darüber hinaus bestätigen wir, dass unseren Mitarbeitern kein eigener Arbeitsplatz zur Vorbereitung der täglichen Arbeit zur Verfügung steht, so dass sie im Rahmen ihrer Tätigkeit Arbeiten zu Hause ausführen. Diese umfassen z.B. die berufliche Nutzung des firmeninternen Intranet, das Abrufen der Dienstpläne, das Lesen intern...

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