rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeldberechtigung für Ausländer mit bloßer Aufenthaltsbefugnis, hier: Angehörige der Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Einschränkung der Kindergeldberechtigung für Ausländer mit bloßer Aufenthaltsbefugnis gilt aufgrund des die deutschen Behörden unmittelbar bindenden Abkommens mit der Republik Jugoslawien über die soziale Sicherheit vom 12.10.1968 (BGBl II 1969, 1438) nicht für Arbeitnehmer, die Angehörige der Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien sind.

 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 3, § 62 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 1, § 63 Abs. 1

 

Tatbestand

Die Klägerin besitzt die ( ehemals ) jugoslawische Staatsbürgerschaft. Seit 1991 lebte sie mit ihrer Tochter und ihrem Ehemann in einem eigenen Haushalt in der Bundesrepublik Deutschland. Sie hatte keine Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis, sondern nur eine befristete Aufenthaltsbefugnis. Da die Aussetzung der Abschiebung ( Duldung vom Ausländeramt nicht verlängert wurde, hat die Klägerin mit ihrer Familie die Bundesrepublik mittlerweile verlassen. Der Ehemann der Klägerin war bei einem Autohaus, die Klägerin bis 30.11.1997 beim Stadtfriseur F in A - Stadt beschäftigt.

Das ursprünglich ihrem Ehemann für die Tochter T 1 (geb. . . . 1989) bewilligte Kindergeld wurde mit Wirkung ab Januar 1994 aufgrund der Änderung des § 1 Abs. 3 Bundeskindergeldgesetz (BKGG) aufgehoben, da er weder eine gültige Aufenthaltsberechtigung noch eine gültige Aufenthaltserlaubnis besitze. Der Widerspruchsbescheid vom 12.04.1994 ist bestandskräftig.

Am 31.01.1997 beantragte die Klägerin beim Beklagten die Zahlung von Kindergeld. Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 22.05.1997 ab. Im dagegen eingelegten Einspruch machte die Klägerin geltend, ihre Familie habe, solange sie in Deutschland gelebt habe, den Status, der Aufenthaltsbefugnis erhalten, ab 02.05.1997 nur noch die Duldung. Es sei nicht verständlich, warum die Kindergeldzahlung eingestellt worden sei. Die Klägerin hat nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage erhoben und macht geltend: Sie und ihr Ehemann hätten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt. Sie seien unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sowie sozialversicherungspflichtig gewesen. Da normalerweise lediglich mit einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Aufenthaltserlaubnis eine Arbeitserlaubnis erteilt werden könne, enthalte § 62 EStG eine Regelungslücke, die die Klägerin vom Bezug von Kindergeld ausschließe. Dagegen sei die steuerliche Freistellung eines Einkommensbetrages in Höhe des Existenzminimums eines Kindes durch den Kinderfreibetrag nach § 32 EStG nicht an eine Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis gebunden, sondern lediglich an die Erzielung von Einkommen. Durch ihre unselbständige Tätigkeit trage sie zur Solidargemeinschaft bei, sei jedoch aufgrund ihres niedrigen Einkommens von der Freistellung des Existenzminimums für ihre Tochter ausgeschlossen. Dies sei mit dem Grundgesetz nicht zu vereinbaren. Sie und ihre Tochter hätten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland. Nach Art. 3 Abs. 1 Buchstabe a) des Sozialabkommens mit Jugoslawien vom 12.10.1968 müsse sie bei Anwendung der Rechtsvorschriften über das Kindergeld den Staatsangehörigen der Bundesrepublik Deutschland gleichgestellt werden.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des Bescheides vorn 22.05.1997 und der Einspruchsentscheidung vom 26.06.1997 den Beklagten zu verpflichten, Kindergeld für die Zeit von Juli 1996 bis einschließlich November 1997 festzusetzen.

Der Beklagte beantragt

Klageabweisung, hilfsweise Revisionszulassung.

Er trägt vor: Die Klägerin habe als Ausländerin nach § 62 Abs. 2 Satz 1 EStG nur dann einen Kindergeldanspruch, wenn sie im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis oder Aufenthaltsberechtigung sei- das sei nicht der Fall. Den von ihr geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Ausschlußnorm des § 62 Abs. 2 S. 1 EStG werde unter Hinweis auf den Beschluß des BFH vom 14.08.1997 VI B 43/97 NV nicht gefolgt. Die gleichen Grundsätze hätten in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur vergleichbaren Vorgängernorm des § 1 Abs. 3 BKGG bestanden. Das Sozialabkommen mit Jugoslawien könne auf den vorliegenden Fall keine Anwendung finden, da nach Art. 28 dieses Abkommens Anspruch auf Kindergeld nur bestehe, wenn sich das Kind Im Heimatstaat aufhalte. Die Tochter lebe jedoch im Haushalt der Klägerin in B - Stadt. Nur wenn die Tochter in Jugoslawien ihren gewöhnlichen Aufenthalt habe, sei Art. 28 anwendbar. Diese Norm bestimme "etwas anderes" im Sinne des Art. 3 Abs. 1a des Abkommens. Nach dem Abkommen würden nur getrennte Familien, bei denen sich die Kinder nicht im Gebiet der Bundesrepublik aufhalten, Kindergeld erhalten.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet. Der Beklagte ist verpflichtet, für die Klägerin für deren Tochter T 1 Kindergeld für die beantragte Zeit festzusetzen.

Die Klägerin hat gem. §§ 32 Abs. 3, 63 Abs. 1, 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG in Verbindung mit ...

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