Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeld: Mehraktige einheitliche Erstausbildung zum Verwaltungsfachwirt

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei der von vornherein angestrebten Weiterbildung eines Verwaltungsfachangestellten zum Verwaltungsfachwirt im Rahmen eines zum nächstmöglichen Zeitpunkt begonnenen berufsbegleitenden Studiums handelt es sich noch um einen Teil einer einheitlichen mehraktigen Erstausbildung, während der der Kindergeldanspruch nicht durch die nach dem ersten berufsqualifizierenden Abschluss ausgeübte Vollzeiterwerbstätigkeit ausgeschlossen wird.

2. Für die Feststellung der von vornherein bestehenden Absicht der Weiterbildung zum Verwaltungsfachwirt kommt es nicht entscheidend darauf an, ob und zu welchem Zeitpunkt der Familienkasse eine entsprechende schriftliche Erklärung übermittelt worden ist (entgegen DA-KG 2017 V 6.1 Abs. 1 Satz 8).

 

Normenkette

EstG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a; EStG § 32 Abs. 4 Sätze 2-3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 20.02.2019; Aktenzeichen III R 44/18)

BFH (Urteil vom 20.02.2019; Aktenzeichen III R 44/18)

 

Tatbestand

Der Kläger bezog für seinen Sohn B (geb. am 28.4.1989) fortlaufend Kindergeld. B erwarb im Juni 2009 die allgemeine Hochschulreife mit einer Durchschnittsnote von 2,1. Von August 2009 bis April 2010 leistete er Zivildienst. Vom 1.8.2010 bis 31.7.2013 befand er sich in einer Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten bei der Gemeinde Z-Stadt. Die Abschlussprüfung bestand er am 17.7.2013 mit der Note "sehr gut". Ab November 2013 nahm er an dem Angestelltenlehrgang II des Studieninstituts teil und bestand am 29.6.2016 die "Zweite Prüfung für Angestellte im kommunalen Verwaltungsdienst" mit der Note "gut" und war damit berechtigt, die Berufsbezeichnung "Verwaltungsfachwirt" zu führen.

Der Kläger hatte am 4.10.2010 Kindergeld beantragt und dabei angegeben, sein Sohn befände sich vom 1.8.2010 bis 31.7.2010 in einer Berufsausbildung zum Verwaltungsfachangestellten. Am 6.10.2017 beantragte der Kläger für seinen Sohn erneut Kindergeld und gab an, dieser habe sich von August 2010 bis Juli 2013 in einer Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten und von November 2013 bis Juli 2016 zum Verwaltungsfachwirt befunden. Ab Juli 2013 übe er zudem einer Erwerbstätigkeit mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 39 Stunden in der Gemeinde Z-Stadt bzw. der Stadtverwaltung Y-Stadt aus. Der Kläger führte aus, die Ausbildung zum Verwaltungsfachwirt sei keine zweite Ausbildung, sondern lediglich ein weiterer Ausbildungsabschnitt, um das angestrebte Berufsziel zu erreichen. Von Beginn an habe sein Sohn den Beruf des Verwaltungsfachwirts angestrebt. Die Wartezeit zwischen der Beendigung der Ausbildung von August 2013 bis zum Beginn der weiteren Ausbildung im November 2013 beruhe darauf, dass das Studieninstitut keine früheren Lehrgänge angeboten habe.

Mit Bescheid vom 30.10.2017 lehnte die Familienkasse den Antrag ab und führte aus, der Sohn habe bereits eine Erstausbildung abgeschlossen, gehe einer Erwerbstätigkeit nach und könne daher nicht berücksichtigt werden. Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 9.11.2017 Einspruch, zu dessen Begründung er im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen wiederholte. Ergänzend wies er auf eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 15.4.2015 (Az.: V R 27/14) und vertrat die Ansicht, wie in der dortigen Entscheidung handele es sich bei der Ausbildung zum Verwaltungsfachwirt um eine mehraktige Ausbildung. Mit Einspruchsentscheidung vom 3.1.2018 wies die Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Sie führte aus, der Erwerb des Abschlusses als Verwaltungsfachwirt sei keine Aus- sondern lediglich eine Fortbildung. Nach der vorliegenden Prüfungsordnung sei eine Berufstätigkeit zwingende Voraussetzung für die Zulassung zur Abschlussprüfung zum Verwaltungsfachwirt. In einem solchen Fall stelle die Berufstätigkeit eine Unterbrechung der Ausbildung dar mit der Folge, dass die Erwerbstätigkeit dem Kindergeldanspruch schädlich ist.

Der Kläger hat am 24.1.2018 Klage erhoben, zu deren Begründung er sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Ergänzend trägt er vor, entgegen der Ansicht der Beklagten sei eine Berufstätigkeit keine Voraussetzung für die Zulassung zur Abschlussprüfung.

Der Kläger beantragt, unter Aufhebung des Bescheides vom 30.10.2017 und der Einspruchsentscheidung vom 3.1.2018 die Beklagte zu verpflichten, Kindergeld ab August 2013 bis Januar 2015 in gesetzlicher Höhe zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Sie trägt vor, der Kläger habe erstmalig mit der erneuten Antragstellung im Oktober 2017 erklärt, dass der Sohn ein anderes Berufsziel, als das des Verwaltungsfachangestellten, anstrebe. Ein enger zeitlicher Zusammenhang der nachfolgenden Ausbildung sei nicht anzuerkennen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch die Vernehmung des Sohnes des Klägers als Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Protokolls der Sitzung vom 20.6.2018 Bezug genommen.

Wegen de...

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