vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [III R 42/18)]

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum Kindergeldanspruch bei mehraktigen Ausbildungsmaßnahmen

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Bei der von vornherein angestrebten Weiterbildung einer Verwaltungsfachangestellten zur Verwaltungsfachwirtin im Rahmen eines zum nächstmöglichen Zeitpunkt begonnenen berufsbegleitenden Studiums (Angestelltenlehrgang II) handelt es sich noch um einen Teil einer einheitlichen mehraktigen Erstausbildung, während der der Kindergeldanspruch nicht durch die nach dem ersten berufsqualifizierenden Abschluss ausgeübte Vollzeiterwerbstätigkeit ausgeschlossen wird.
  2. Für die Feststellung der von vornherein bestehenden Absicht der Weiterbildung zur Verwaltungsfachwirtin kommt es nicht entscheidend darauf an, ob und zu welchem Zeitpunkt der Familienkasse eine entsprechende schriftliche Erklärung übermittelt worden ist (entgegen DA-KG 2017 V 6.1 Abs. 1 Satz 8).
 

Normenkette

EstG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a; EStG § 32 Abs. 4 Sätze 2-3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 20.02.2019; Aktenzeichen III R 42/18)

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt Kindergeld für B, geb. X. 3. 1991, seit August 2013.

B befand sich von August 2010 bis 13. 7. 2013 in der Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten. Die Prüfung bestand B mit der Note gut (12,6 Punkte).

Die Familienkasse hob am 3. 7. 2013 die Kindergeldfestsetzung für B ab August 2013 auf.

Ab dem 30. 11. 2013 bis 7. 7. 2016 befand sich B im berufsbegleitenden Angestelltenlehrgang II zur Verwaltungsfachwirtin. B war vollzeitbeschäftigt bei der Stadt Z. Am 30. 6. 2016 bestand B die Prüfung mit der Note 10,97 Punkte.

Erst am 28. 9. 2017 beantragte die Klägerin erneut Kindergeld.

Am 17. 10. 2017 lehnte die Beklagte die Kindergeldfestsetzung ab. Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein. B habe keine zweite, sondern eine weiterführende Ausbildung absolviert. Diese habe den Abschluss der Erstausbildung vorausgesetzt und sei als zweiter Ausbildungsabschnitt zu werten. Die weiterführende Ausbildung sei erforderlich, um das Berufsziel ”Verwaltungsfachwirtin“ zu erreichen. Die Ausbildungswilligkeit für dieses Berufsziel habe von Anfang an vorgelegen.

Die Beklagte wies den Einspruch am 28. 12. 2017 zurück.

Hiergegen richtet sich die Klage.

Die Klägerin trägt vor,

die Wartezeit bis zum folgenden Lehrgang sei von B nicht zu vertreten. Der nächstmögliche Lehrgang habe erst im November 2013 nach Abschluss des Verwaltungslehrgangs I und Ablegung der Prüfung Mitte 2013 begonnen. Der Verwaltungslehrgang II habe am 30. 11. 2013 begonnen und endete am 7. 7. 2016.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, unter Aufhebung des Bescheides vom 17. 10. 2017 und der Einspruchsentscheidung vom 28. 12. 2017 Kindergeld für B von August 2013 bis März 2016 festzusetzen.

Die Beklagte beantragt Klageabweisung,

hilfsweise Revisionszulassung.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin B. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift vom 20. 6. 2018 Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet. Der Klägerin steht für den streitigen Zeitraum ein Anspruch auf Kindergeld für B zu.

Gemäß § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG besteht Anspruch auf Kindergeld u.a. für Kinder, die das 18., aber noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet haben und für einen Beruf ausgebildet werden. Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind in den Fällen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG nur berücksichtigt, wenn es keiner Erwerbstätigkeit nachgeht (§ 32 Abs. 4 Satz 2 EStG). Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis i.S. der §§ 8 und 8a des Vierten Buchs Sozialgesetzbuch sind unschädlich (§ 32 Abs. 4 Satz 3 EStG).

Die Tochter der Klägerin befand sich bis zum Abschluss des Angestelltenlehrgangs II in der Erstausbildung zur Verwaltungsfachwirtin. Mit der Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten lag noch keine abgeschlossene Erstausbildung vor.

Für die Frage, ob bereits der erste (objektiv) berufsqualifizierende Abschluss in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang zum Verbrauch der Erstausbildung führt oder ob bei einer mehraktigen Ausbildung auch ein nachfolgender Abschluss in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang Teil der Erstausbildung sein kann, ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs darauf abzustellen, ob sich der erste Abschluss als integrativer Bestandteil eines einheitlichen Ausbildungsgangs darstellt (BFH-Urteile vom 3. Juli 2014 III R 52/13, BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152; vom 16. Juni 2015 XI R 1/14, BFH/NV 2015, 1378; vom 3. September 2015 VI R 9/15, BFHE 251, 10). Insoweit kommt es vor allem darauf an, ob die Ausbildungsabschnitte in einem engen sachlichen Zusammenhang (z.B. dieselbe Berufssparte, derselbe fach...

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