Entscheidungsstichwort (Thema)

Stromsteuerbefreiung: Transport und Weiterverarbeitung von Rohbraunkohle zur Stromerzeugung – Abgrenzung zur Herstellung eines Energieerzeugnisses – Begünstigung vor- oder nachgelagerter Prozesse innerhalb der Kraftwerksgelände – Unentbehrlichkeit für den Prozess der Stromerzeugung – Verwendung zur Aufrechterhaltung der Fähigkeit zur Stromerzeugung

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Stromerzeugung dienenden Stromentnahmen eines Kraftwerksbetreibers, der die Braunkohle aus eigenen Tagebauen bezieht, ist die Stromsteuerbefreiung für vor- oder nachgelagerte Prozesse innerhalb der Kraftwerksgelände zu gewähren, die für den technologischen Prozess der Stromerzeugung und die Fähigkeit zu dessen Aufrechterhaltung unentbehrlich sind und hierzu unmittelbar beitragen (vorgehend: EuGH-Urteil vom 09.03.2023, C-571/21).
  2. Von der Steuerbefreiung ausgeschlossen sind hingegen die zur Herstellung bzw. Gewinnung der Braunkohle einschließlich deren Transport vom Tagebaubunker zum Kraftwerksbunker verwendeten Stromentnahmen.
 

Normenkette

StromStG § 9 Abs. 1 Nr. 2; StromStV § 12 Abs. 1 Nr. 1; RL (EG) 2003/96 Art. 14 Abs. 1 Buchst. a S. 1

 

Tatbestand

Die Klägerin betrieb u.a. Aufsuchung, Gewinnung, Erwerb, Verarbeitung, Veredelung, Verwertung und Transport von Bodenschätzen und Rohstoffen sowie die Beschaffung, Erzeugung und Bereitstellung von Energie, insbesondere von Elektrizität. Sie unterhielt neben ihrer Hauptverwaltung diverse Kraftwerke als jeweils unselbständige Betriebsstätten.

Ihr wurde nach Inkrafttreten des Energiesteuergesetzes (EnergieStG) am 01.08.2006 eine Erlaubnis nach § 37 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und Absatz 2 Satz 2 EnergieStG erteilt, damit sie Kohle auf dem Betriebsgelände ihres Kohlebetriebs zur Aufrechterhaltung des Betriebs steuerfrei verwenden konnte.

Die Klägerin unterhielt die voneinander räumlich getrennten Tagebaue ..., in denen sie Braunkohle im überwiegenden Umfang zur Verstromung in ihren Kraftwerken und zu ca. 10% zur Produktion von Braunkohlestaub und -briketts in ihren…Fabriken gewann. 2004 entnahm sie insgesamt…MWh Strom in den Tagebauen, den sie im Wesentlichen wie folgt einsetzte:

1. in den Wasserpumpen zur Senkung des Grundwasserspiegels,

2. in Großgeräten wie Schaufelradbagger und Absetzer,

3. zur Beleuchtung des Tagebaus sowie

4. in Bandanlagen, die Rohbraunkohle als auch Abraum befördern. Die Bänder führen zu Kraftwerken, aber auch zu Bunkern, in denen Strom zum Antrieb kleinerer Bagger entnommen wird, die die Rohbraunkohle auf elektrisch betriebene Güterzüge verladen, die auf eigenen Strecken die Rohbraunkohle in die Kraftwerke bringen.

Diesen Strom hatte die Klägerin unter Vorbehalt in ihrer Stromsteueranmeldung angemeldet.

Die abgegrabene Braunkohle wurde im jeweiligen Tagebau mit Bandanlagen zum Tagebaubunker gebracht. Sodann wurde die aus Stücken von 50-80 cm Durchmesser bestehende Braunkohle über Bandanlagen oder über betriebseigene Eisenbahnen, die von Elektrolokomotiven bewegt wurden, zum Kraftwerksbunker befördert und in dessen Brecherei auf eine Partikelgröße von 80 mm gebracht und von Fremdteilen (Eisen, Metall) befreit. Zum Teil gelangte die Braunkohle in die Fabriken zur Herstellung von Braunkohleprodukten (Briketts, Koks und Braunkohlestaub für Kunden in der Industrie).

Die für Kraftwerke bestimmte Kohle wurde teils in den Fabriken, teils in den Kraftwerken weiter gebrochen und von Fremdteilen befreit.

2004 betrieb die Klägerin folgende Kraftwerke mit Braunkohle:

Ort

 Blöcke

 Leistung

 X-Stadt

 2 x…MW4 x…MW2 x…MW1 x…MW

…MW

 W-Stadt

 12 x…MW2 x…MW

…MW

 V-Stadt

 3 x…MW2 x…MW

…MW

 U-Stadt

 2 x…MW2 x…MW2 x…MW

…MW

 T-Stadt

…MW

Im Kraftwerk T-Stadt arbeiten zwei Kessel mit Wirbelschichtfeuerung. In diesen Kesseln wurde eine Wirbelschicht erzeugt, die aus verbrennender Kohle und Luft bestand. Durch dabei entstehende Hitze wurden Asche und erste Teile der Kohle nach oben geführt und über Zyklone abgeschieden. Als Brennstoff benötigten diese Kessel Braunkohle in Stücken bis zu 40 mm Durchmesser, die aus dem Kesselbunker zusammen mit zurückgeführtem heißem Rauchgas in den Kessel eingegeben wurden. Die Zugabe von Rauchgas bei der Eingabe bewirkte, dass aus der Braunkohle Wasser in das Rauchgas entwich, damit eine Inertisierung bewirkte, so aber zugleich in den Kessel gelangte.

In den übrigen Kraftwerken setzte die Klägerin mühlengefeuerte Kessel ein, die mit Braunkohlestaub betrieben wurden. Zu jedem Kessel gab es einen Kesselbunker, der ein Fassungsvermögen für einen sechs- bis achtstündigen Betrieb hatte. Von diesen Bunkern wurden die Braunkohle und zurückgeführtes Rauchgas Schlagradmühlen zugeführt, die im Wesentlichen aus einem großen Gebläse mit Zerkleinerungsfunktion bestanden. Die Schlagradmühlen erzeugten derart kleine Kohlepartikel und einen Druck, dass die Kohlepartikel an bestimmten Stellen in den Kessel eingeführt werden konnten und dann zwischen den Eingabestellen in offenen Flammen verbrannten. Auch hier bewirkte die Zugabe des heißen Rauchgases be...

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