Entscheidungsstichwort (Thema)

Zwischengewinnbesteuerung nach dem InvStG: Erwerb von Anteilen an einem luxemburgischen Investmentteilfonds

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die bei dem Erwerb von Anteilen an einem luxemburgischen Investmentteilfonds im Jahr 2008 gezahlten Zwischengewinne stellen negative Einnahmen i.S.v. § 2 Abs. 1 Satz 1 InvStG i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG bei den Einkünften aus Kapitalvermögen dar.
  2. Die bei der Berechnung des Zwischengewinns ermittelten Ertragsausgleichsbeträge sind gemäß § 9 InvStG unabhängig davon in diesen Zwischengewinn einzubeziehen, ob der Ertragsausgleich Eingang in die investmentrechtliche Vermögensrechnung des Fonds gefunden hat oder die ausschüttungsgleichen Erträge des Geschäftsjahres ohne Ertragsausgleichsbeträge ermittelt und bekannt gemacht wurden.
  3. Über die Frage, ob die gezahlten Zwischengewinne nicht ausgleichsfähige Verluste im Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell i.S.v. § 15b Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 2b EStG darstellen, ist vorgreiflich in einem gesonderten Feststellungsverfahren zu entscheiden.
 

Normenkette

EStG 2008 § 15b Abs. 1 S. 1, Abs. 2, 4 S. 1, § 20 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2b; InvStG 2008 § 1 Abs. 4, § 2 Abs. 1 S. 1, § 5 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 2, §§ 9, 18 Abs. 3; InvStG i.d.F. des JStG 2010 § 2 Abs. 5; InvStG i.d.F. des JStG 2010 § 9 S. 2; InvStG i.d.F. des UntStRefG 2008 § 18 Abs. 1 S. 1; AO § 179; FGO § 74

 

Tatbestand

Streitig ist die steuerliche Behandlung gezahlter Zwischengewinne in Zusammenhang mit dem Erwerb von Anteilen an einem luxemburgischen Investmentteilfonds.

Der Kläger erzielte im Streitjahr unter anderem einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn gemäß § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.H.v. 93.436.803 € aus der Veräußerung eines wesentlichen Anteils an der A-Firma S.A. aus A-Land.

Bei der Bank B in…(Schweiz) unterhielt der Kläger zudem ein Wertpapierdepot, über das er am 22.12.2008 und 24.12.2008 91.664,629 bzw. 10.185,892 Anteile an dem im Dezember 2008 aufgelegten Investmentteilfonds „L.” (im Folgenden: Fonds) zu einem Preis von 89.999.999,34 € bzw. 9.999.999,47 € erwarb. Nach den Angaben im Platzierungsmemorandum für die am … nach luxemburgischem Recht gegründete Investmentgesellschaft M. mit Sitz in Luxemburg (Stand: Dezember 2008) war der Fonds ein thesaurierender Teilfonds dieser Investmentgesellschaft. Das Geschäftsjahr des Fonds lief vom 1.7. bis zum 30.6. Der Fonds sollte – längstens bis zum 16.12.2008 – sogenannte „Bond-Stripping-Transaktionen” durchführen. Ausweislich des Platzierungsmemorandums wurde ein Ertragsausgleichsverfahren durchgeführt.

Bis zum Erwerb der Anteile durch den Kläger entwickelte sich der Fonds wie folgt:

Am 8.12.2008 wurden erstmalig 1.959,824 Anteile des Fonds zu einem Erstausgabepreis je Anteil von 1.000 € ausgegeben. Am selben Tag erwarb der Fonds zwei Bundesanleihen zu Anschaffungskosten von insgesamt 1.876.593,81 € zzgl. Stückzinsen i.H.v. 79.549,68 €. Am 10.12.2008 wurde hinsichtlich der beiden Bundesanleihen ein sogenanntes Coupon-Stripping durchgeführt. Hierbei wurden die Wertpapiere jeweils aufgespalten in einen Kapital-Coupon und mehrere den jeweiligen jährlichen Zinsanspruch verkörpernde Zins-Coupons. Die Zins-Coupons veräußerte der Fonds am 11.12.2008 für insgesamt 1.026.291,48 €. Am 16.12.2008 betrug das Nettoinventarvermögen des Fonds 1.924.538,03 € und führte damit zu einem Wert je Fondsanteil von 982 €. Der Fonds errechnete zu diesem Stichtag einen Zwischengewinn je Anteil i.H.v. 452,08 €.

Am 19.12.2008 wurden insgesamt 257.080,465 neue Fondsanteile ausgegeben. In die Ermittlung der auf diese Anteile entfallenden Zwischengewinne wurde ein den bislang vom Fonds erwirtschafteten Erträgen entsprechender Teil des Ausgabepreises der Anteile einbezogen (sog. Ertragsausgleich). Die für den Fonds … je Anteil veröffentlichten Zwischengewinne beliefen sich zum Stichtag 8.12.2008 auf 0,00 €, zum 16.12.2008 auf 452,08 €, zum 19.12.2008 auf 451,93 € und zum 23.12.2008 auf 451,96 €.

Eine „Aufstellung zur Berechnung der Ausschüttungen (ETADIS)” für den Fonds zum Bewertungsstichtag 30.6.2009 vom 10.7.2009 weist einen Nettoertragsausgleich je Anteil von 448,40 € und einen Gesamtnettoertrag je Anteil i.H.v. 465,98 € aus. Am … wurden die Besteuerungsgrundlagen des Fonds im elektronischen Bundesanzeiger ohne Berücksichtigung von Ertragsausgleichsbeträgen veröffentlicht. Hiernach betrugen die ausschüttungsgleichen Erträge je Anteil für das Geschäftsjahr 2008/2009 17,9495 € und die nach § 3 Abs. 3 Satz 2 InvStG nicht abziehbaren Werbungskosten 0,3710 €.

Am 23.11.2009 gab der Kläger sämtliche Fondsanteile zurück. Für das Jahr 2009 wies die Bank B (...) für den Kläger ausschüttungsgleiche Erträge zum 30.6.2009 i.H.v. 1.828.168,80 € (17,9495 € je Anteil) und erhaltene Zwischengewinne aus der Rückgabe der Fondsanteile i.H.v. insgesamt 46.634.299 € (457,87 € je Anteil) als Einnahmen aus Kapitalvermögen aus.

Zum 16.7.2010 wurde der Fonds liquidiert. Nach Beanstandung durch das Bundeszentralamt für Steuern (BZS...

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