Entscheidungsstichwort (Thema)

Der Anschluss an das öffentliche Wasserversorgungsnetz einschließlich der Hauswasseranschlüsse stellt keine umsatzsteuerliche Nebenleistung dar, wenn der Empfänger der Anschlussleistungen mit dem Empfänger der Wasserlieferungen nicht identisch ist

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Baukostenzuschüsse und Anschlussbeiträge, die Bauunternehmen und Bauträgern auf deren Bestellung für die Erstellung der Hausanschlüssen berechnet werden, stellen kein vorausbezahltes Entgelt von dritter Seite für Wasserlieferungen an die späteren Bewohner der Häuser dar.
  2. Derartige Anschlussleistungen unterliegen nicht als unselbständige Nebenleistung dem ermäßigten Steuersatz für Wasserlieferungen, da gegenüber verschiedenen Personen erbrachte Leistungen zueinander generell nicht im Verhältnis von Haupt- und Nebenleistung stehen können.
  3. Nichts anderes gilt, wenn die Bauunternehmer und Bauträger geringfügige Wassermengen in Anspruch genommen haben, da die erbrachten Anschlussleistungen für die Bauunternehmer und Bauträger den eigenen Zweck erfüllen, ihren Kunden an das öffentliche Versorgungsnetz angeschlossene Häuser liefern zu können.
  4. Soweit aus Tz. 92 Satz 1 Nr. 2 des BMF-Schr. v. 27.12.1983 (BStBl I 1983, 567) etwas anderes zu entnehmen sein sollte, käme dem - anders als einer verbindlichen Zusage oder Auskunft für den Einzelfall - auch unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben keine Bindungswirkung zu.
 

Normenkette

UStG § 12 Abs. 2 Nr. 1; UStG Anlage Nr. 34; 6. EG-Richtlinie Art. 12 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 3; 6. EG-Richtlinie Anhang H Kategorie 2; AVBWasserV § 9; AVBWasserV § 10

 

Streitjahr(e)

1993, 1994, 1995

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 08.10.2008; Aktenzeichen V R 27/06)

 

Tatbestand

Die Klägerin ist ein kommunales Wasser- und Energieversorgungsunternehmen in der Rechtsform einer GmbH. Neben der laufenden Versorgung mit Wasser übernimmt sie auch die Erstellung der Hausanschlüsse. Für die Erstellung der Hausanschlüsse erhebt die Klägerin Baukostenzuschüsse und Anschlussbeiträge. In den Streitjahren erzielte die Klägerin hieraus Bruttoerlöse in Höhe von 1.661.572,28 DM (1993), 1.650.859,56 DM (1994) und 1.044.541,97 DM (1995). Diese Erlöse unterwarf sie als unselbständige Nebenleistungen zu ihren Wasserlieferungen dem ermäßigten Steuersatz gem. § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i. V. m. Nr. 34 der Anlage, ohne danach zu differenzieren, ob die Hausanschlussleistungen an die späteren Abnehmer der Wasserlieferungen oder an andere Personen erfolgten. Dabei stützte die Klägerin sich auf Tz. 92 Satz 1 Nr. 2 des BMF-Schreibens vom 27.12.1983 (BStBl I 1983, 567), wonach das Legen und Unterhalten von Wasserleitungen einschließlich der Hausanschlüsse als unselbständige Nebenleistung zu Umsätzen von Wasser anzusehen ist, auch wenn dafür als Entgelt Wasseranschlussbeiträge erhoben oder Baukostenzuschüsse gefordert werden.

Anlässlich einer Betriebsprüfung durch das Finanzamt für Großbetriebsprüfung…vertrat der Prüfer die Ansicht, derartige Anschlussleistungen seien dann keine unselbständigen Nebenleistungen zu steuerbegünstigten Wasserlieferungen, wenn der Schuldner der Baukostenzuschüsse und Anschlussbeiträge nicht mit dem Empfänger der nachfolgenden Wasserlieferung identisch sei. Dies komme insbesondere bei Bauträgern und Bauunternehmen, zuweilen aber auch bei Eigentümern vermieteter Ein- und Zweifamilienhäuser in Betracht, wenn die Wasserlieferungen unmittelbar an die Mieter erfolgten (Tz. 16 des Betriebsprüfungsberichtes vom 28.11.2000). Aufgrund von der Klägerin im Rahmen der Betriebsprüfung vorgelegten Unterlagen schätzte der Prüfer den Anteil der danach dem Regelsteuersatz unterliegenden Umsätze auf 40 % der o. g. Umsätze. Diese Schätzung wird von der Klägerin der Höhe nach nicht angegriffen.

Der gegen die dementsprechend geänderten Umsatzsteuerbescheide 1993 bis 1995 vom 01.08.2001 eingelegte Einspruch blieb insoweit ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 27.01.2003).

Mit der hiergegen gerichteten Klage macht die Klägerin geltend, die Baukostenzuschüsse und Anschlussbeiträge für die in den Streitjahren verlegten Hausanschlüsse seien auch insoweit dem ermäßigten Steuersatz zu unterwerfen, als die Schuldner der Baukostenzuschüsse und Anschlussbeiträge nicht mit den Empfängern der nachfolgenden Wasserlieferungen identisch seien. Die vom Betriebsprüfer diesbezüglich vorgenommene Differenzierung sei rechtswidrig. Die Klägerin habe keine eigenständigen Anschlussleistungen erbracht, die dem Regelsteuersatz unterlägen. Vielmehr handele es sich auch bei den Baukostenzuschüssen und den Anschlussbeiträgen um vorab bezahltes Entgelt für Wasserlieferungen. Die Hauptfunktion dieser Beträge sei die möglichst verursachergerechte Zuordnung der Verteilungskosten. Die Erhebung von Baukostenzuschüssen und Anschlussbeiträgen sei die Alternative zur vollständigen Einbeziehung der Verteilungskosten in die allgemeinen Tarifpreise und als solche Teil der Gegenleistung für die mit der Herstellung des Anschlusses einsetzende Wasserlieferung. Es geb...

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