Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuerbescheid als Grundlagenbescheid für Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag

 

Leitsatz (redaktionell)

Einwendungen gegen die Bemessungsgrundlage der Kirchensteuer und des Solidaritätszuschlages sind auch dann gegen den Einkommensteuerbescheid als Grundlagenbescheid zu richten, wenn sich nach dem Rechtsschutzbegehren keine Änderung der festgesetzten Einkommensteuer ergeben kann.

 

Normenkette

AO § 175 Abs. 1 Nr. 1; EStG § 51a Abs. 2, 5 S. 1; KiStGNW § 4 Abs. 2; KiStGNW § 8 Abs. 1; KiStGNW § 14 Abs. 6

 

Tatbestand

Die Kläger werden als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Für das Streitjahr 1996 gaben sie ihre Einkommensteuererklärung am 30. Dezember 1997 ab. Der Kläger erklärte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit; auf der eingereichten Lohnsteuerkarte sind u. a. drei Kinderfreibeträge (für Kinder unter 18 Jahren) eingetragen. Auf Zeile 40 des Mantelbogens verwiesen die Kläger auf "2 Anlagen Kinder"; entsprechende Anlagen waren der Steuererklärung aber nicht beigefügt.

Mit Bescheid vom 23. Januar 1997 setzte der Beklagte - das Finanzamt - gegenüber den Klägern die Einkommensteuer 1996 auf 5.228 DM, die röm.-katholische Kirchensteuer auf 470,52 DM und den Solidaritätszuschlag auf 392,10 DM fest; hierbei waren keine Kinderfreibeträge berücksichtigt.

Mit Schreiben vom 10. Februar 1998 betreffend "Einkommensteuerbescheid 1996 vom 23.1.1998" legten die Kläger, vertreten durch ihren Prozeßvertreter, "gegen den oben aufgeführten Bescheid" Einspruch ein. Sie kündigten die Begründung des Einspruchs innerhalb von 6 Wochen an, gaben in der Folgezeit jedoch keine Begründung ab. Mit Einspruchsentscheidung vom 17. Juli 1998 wies das Finanzamt den Einspruch der Kläger als unbegründet zurück, da Gründe für die Rechtswidrigkeit des Bescheides weder dargelegt noch sonst ersichtlich seien.

Hiergegen richtet sich die Klage. Die Kläger tragen vor, zu ihrem Haushalt gehörten drei gemeinsame Kinder, die Zwillingstöchter und (geboren 1988) und der Sohn (geboren 1991). Bei der Berechnung der Kirchensteuer und des Solidaritätszuschlags seien die Kinderfreibeträge zu Unrecht nicht berücksichtigt worden. Die Kläger haben die "Anlage Kinder" im Klageverfahren nachgereicht.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid vom 12.1.1998 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.7.1998 in der Weise zu ändern, daß bei der Festsetzung der röm.-katholischen Kirchensteuer und des Solidaritätszuschlags jeweils drei Kinderfreibeträge berücksichtigt werden.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hält die Klage für unbegründet. Es weist darauf hin, daß mit dem streitigen Bescheid die Einkommensteuer, der Solidaritätszuschlag und die Kirchensteuer festgesetzt worden seien. Es habe sich also um drei Steuerbescheide gehandelt, die nach der Rechtsbehelfsbelehrung gesondert mit dem Einspruch anfechtbar gewesen seien. Tatsächlich Einspruch erhoben hätten die Kläger nur gegen die Einkommensteuerfestsetzung. Die Festsetzung der Kirchensteuer und des Solidaritätszuschlags sei demgegenüber nicht von dem Einspruch umfaßt. Damit seien diese Festsetzungen bestandskräftig geworden und könnten nun nicht mehr mit Erfolg im Klageweg angefochten werden.

Demgegenüber sind die Kläger der Ansicht, sie hätten gegen den Steuerbescheid vom 23.1.1998 insgesamt Einspruch erhoben; dieser Einspruch habe auch die festgesetzte Kirchensteuer und den festgesetzten Solidaritätszuschlag betroffen.

Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die vom Gericht beigezogene Steuerakte der Kläger Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Das Finanzamt hat bei der Berechnung der Kirchensteuer und des Solidaritätszuschlags im Einkommensteuerbescheid der Kläger zu Unrecht die Kinderfreibeträge für drei Kinder unberücksichtigt gelassen. Hierdurch sind die Kläger in ihren Rechten verletzt (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Entgegen der Ansicht des Finanzamts waren die Kirchensteuer und der Solidaritätszuschlag nicht bereits bestandskräftig (unabänderbar) festgesetzt. Der Einspruch der Kläger "gegen den Einkommensteuerbescheid" richtete sich vielmehr auch gegen die Bemessungsgrundlage der Kirchensteuer und des Solidaritätszuschlags, die im übrigen nur durch die Anfechtung des Einkommensteuerbescheids wirksam angegriffen werden konnte, § 51 a Abs. 5 Satz 1 EStG.

Für die Festsetzung von Steuern, die als sog. Zuschlagsteuern nach der Einkommensteuer bemessen werden, sind die Vorschriften des EStG entsprechend anzuwenden, § 51 a Abs. 1 EStG. Für die Kirchensteuer ergibt sich dies aufgrund von Verweisungen im Kirchensteuergesetz (Gesetz über die Erhebung von Kirchensteuern im Land Nordrhein-Westfalen i. d. F. vom 22. April 1975, GV NW S. 438, zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. Dezember 1985 GV NW S. 766, BStBl I 1986, 83, im Folgenden: KiStG NW) auf Vorschriften des Einkommenste...

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