Entscheidungsstichwort (Thema)

Widerruf der Bestellung als Steuerberater wegen hoher Steuerschulden

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die Vermutung einer Gefährdung von Mandanteninteressen kann nicht dadurch widerlegt werden, dass ein aufgrund hoher Steuerschulden in Vermögensverfall geratener Steuerberater nur noch als Angestellter einer Steuerberatungs-GmbH tätig wird.
  2. Die Rechtsprechung des BGH zum Ausschluss der Gefährdung von Mandanteninteressen durch einen in Vermögensverfall geratenen angestellten Anwalt (Beschluss vom 25.06.2007 AnwZ (B) 191/05, NJW 2007, 2924) kann jedenfalls dann nicht auf einen Steuerberater mit hohen Steuerschulden übertragen werden, wenn dieser nicht Mitglied einer ihn vom Umgang mit Mandantengeldern ausschließenden größeren Sozietät ist und den für eine Ordnung seiner Vermögensverhältnisse erforderlichen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über sein Vermögen sowie den Antrag auf Restschuldbefreiung noch nicht gestellt hat.
  3. Bedenken gegen die Übertragbarkeit der BGH-Rechtsprechung ergeben sich im Übrigen daraus, dass der Handlungsrahmen eines Steuerberaters mit hohen Steuerschulden gegenüber der Finanzverwaltung eingeschränkt ist (vgl. BFH-Beschluss vom 08.02.2000 VII B 245/99, BFH/NV 2000, 992).
  4. § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG stellt keine gemeinschaftsrechtswidrige Diskriminierung deutscher Steuerberater dar.
 

Normenkette

StBerG § 46 Abs. 2 Nr. 4, § 57 Abs. 1; RL 2006/123/EG Art. 9 Abs. 1, Art. 10 Abs. 2, Art. 14 Nr. 5, Art. 15

 

Streitjahr(e)

2006

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 12.06.2008; Aktenzeichen VII B 61/08)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Beklagte zu Recht die Bestellung des Klägers als Steuerberater gem. § 46 Abs. 2 Nr. 4 Steuerberatungsgesetz (StBerG) widerrufen hat.

Der Beklagte erhielt im Dezember 2006 eine Mitteilung der Oberfinanzdirektion, dass lt. einer Mitteilung des Finanzamts A der Kläger seine steuerlichen Verpflichtungen nicht oder nur verspätet erfülle. Der Kläger habe Steuerschulden i.H.v. 374.850 EUR, deren Einzelheiten sich aus einer Erhebungsauskunft vom 13.11.2006 ergäben. Auf diese Erhebungsauskunft Bl. 6 ff. der Akte des Beklagten wird Bezug genommen. Außerdem sei der Kläger mit der Abgabe seiner Einkommensteuer- und Umsatzsteuererklärung für 2005 in Verzug. Lohnsteueranmeldungen und Umsatzsteuer-Voranmeldungen habe er für die Zeiträume April bis Oktober 2006 nicht mehr eingereicht. Ferner reichte die OFD ein Schreiben des Klägers an das FA B vom 21.02.2006 in Kopie ein, aus dem sich u.a. ergibt, dass der Kläger keinerlei finanzielle Verpflichtungen mehr erfüllen könne und die eidesstattliche Versicherung beim Amtsgericht A abgegeben habe. Weiter heißt es in dem Schreiben, dass er aktuell über keinerlei Einkommen und auch über keine nicht gepfändete Bankverbindung verfüge.

Auf Grund einer Anfrage des Beklagten teilte das Amtsgericht A dem Beklagten am 27. Dezember 2006 mit, dass der Kläger die eidesstattliche Versicherung am .......2006 abgegeben habe. Der Obergerichtsvollzieher X aus B teilte dem Beklagten mit Schreiben vom 22.12.2006 mit, dass bei ihm eine Vielzahl von Zwangsvollstreckungsaufträgen gegen den Kläger eingegangen seien. Wegen der Einzelheiten dieser Zwangsvollstreckungsaufträge wird auf Bl. 33 ff. der Akte des Beklagten Bezug genommen. Der Obergerichtsvollzieher Y aus A teilte dem Beklagten mit Schreiben vom 05.01.2007 mit, dass bei ihm eine Vielzahl von Zwangsvollstreckungsaufträgen gegen den Kläger eingegangen seien. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 41 ff. der Akte des Beklagten Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 10.01.2007 gewährte der Beklagte dem Kläger unter Bezugnahme auf die Mitteilung der OFD und die zahlreichen Zwangsvollstreckungsaufträge der beiden Gerichtsvollzieher rechtliches Gehör, um die Vermutung des Vermögensfalls zu widerlegen oder darzulegen, dass Auftraggeberinteressen nicht gefährdet seien.

Mit Schreiben vom 12.01.2007 informierte der Kläger den Beklagten, wie es auf Grund der Trennung von seiner zweiten Ehefrau Ende 1998, seinen gesundheitlichen Problemen, die zu einer Arbeitsunfähigkeit vom Sommer 2002 bis Februar 2003 geführt hätten, der Insolvenz des Bauunternehmers seines Hauses im Februar 2003 und seiner im Oktober 2003 erlittenen Herzinfarkte zu seinen finanziellen Problemen gekommen sei. Die Partner der damaligen Steuerberater-GbR hätten sein Entnahmekonto wegen mehr als sechswöchiger Erkrankung in 2003 gesperrt. Krankengeld habe er nicht erhalten, da das Attest nicht innerhalb einer bestimmten Frist weggeschickt worden sei. Seine Lebensgefährtin habe seine ....sammlung veräußert, ein Verhältnis mit seinem Freund angefangen und dafür gesorgt, dass sie dann Anfang 2004 gut versorgt mit diesem habe zusammenziehen können. Außerdem habe sie, die für die Privatpost zuständig gewesen sei, sämtliche eigentlich abzuheftenden Belege weggeworfen. Anfang 2004 habe ihm dann die erste Bank seinen privaten Dispositionskredit gekündigt. All dies zusammen habe dazu geführt, dass er in 2004 an schwersten Depressionen erkrankt s...

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