Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen des Entstehens von Erstattungszinsen nach § 233a Abs. 7 Satz 2 AO
Leitsatz (redaktionell)
- Führt die Steuerfestsetzung zu einem Erstattungsbetrag, beginnt die Verzinsung erst mit dem Tag der Zahlung des zu erstattenden Betrags.
- Der Grundsatz der Soll-Verzinsung wird insoweit für die Berechnung der Erstattungszinsen durch das Prinzip der Ist-Verzinsung eingeschränkt und ergänzt.
- Dies gilt auch für Erstattungszinsen, die auf einer Änderung nach § 10d Abs. 1 EStG beruhen.
- Resultiert eine Nachzahlung aus einem rückwirkenden Ereignis (nachträgliche Erhöhung eines Veräußerungsgewinns), so dass auf den festgesetzten Nachzahlungsbetrag keine Nachzahlungszinsen festzusetzen sind, bleiben bei einer späteren Änderung der Festsetzung zugunsten des Stpfl. nach § 10d Abs. 1 EStG die auf den Teil-Unterschiedsbetrag festgesetzten Nachzahlungszahlungszinsen für den Zeitraum bis zum Beginn des Zinslaufs endgültig bestehen.
Normenkette
AO § 233a Abs. 2a, 3, 5, 7; EStG § 10d Abs. 1; AO § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
Streitjahr(e)
1994
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Festsetzung von Zinsen nach § 233a AO.
Der Kläger wurde im Veranlagungszeitraum 1994 mit Einkommensteuerbescheid vom 4.4.1996 allein zu Einkommensteuer veranlagt. In den Folgejahren erließ der Beklagte mehrere Änderungsbescheide nach §§ 172 Abs. 1 AO, 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 AO und § 10d Abs. 1 Satz 2 EStG. Soweit es in diesem Zusammenhang zu Einkommensteuernachzahlungen kam, zahlte der Kläger stets fristgerecht. Mit Änderungsbescheid vom 16.5.2002 setzte der Beklagte die Einkommensteuer auf EUR 349.121,86 fest, wobei ein bereits gezahlter Betrag von EUR 190.770,67 auf die Einkommensteuerschuld angerechnet wurden und eine Verrechnung von EUR 9.376,92 stattfand. Die Änderung beruhte u.a. auf der Erhöhung des bisher festgesetzten Veräußerungsgewinns von 1.765.452 DM auf 2.702.659 DM aufgrund eines im Jahr 2001 geschlossenen Vergleichs (rückwirkendes Ereignis). Am 17.6.2002 zahlte der Kläger den Restbetrag von EUR 99.396,85. Gleichzeitig mit der Steuerfestsetzung setzte der Beklagte die bisher festgesetzten Nachzahlungszinsen von EUR 13.987,92 auf EUR 4.611,00 herab.
Aufgrund eines geänderten Verlustrücktrags aus dem Veranlagungszeitraum 1996 erließ der Beklagte am 9.5.2006 einen weiteren Änderungsbescheid, in dem er die Einkommensteuer auf EUR 324.732,72 festsetzte und dementsprechend einen Betrag von EUR 24.389,14 erstattete. Mit Zinsbescheid vom gleichen Tag setzte der Beklagte die Zinsen zur Einkommensteuer gem. § 233a AO auf EUR – 990,00 fest, was zu einer Erstattung von EUR 5.601,00 (festgesetzte Zinsen EUR – 990,00 abzüglich bisher gezahlter Zinsen EUR 4.611,00) führte. Der Beklagte nahm dabei die Zinsberechnung auf den Erstattungsbetrag in der Weise vor, dass Zinsen für die Zeit von 17.6.2002 bis 12.5.2006 als Erstattungszinsen berechnet wurden, so dass sich für den Zeitraum von 46 Monaten Erstattungszinsen von EUR 5.600,50 ergaben (gerundeter Erstattungsbetrag EUR 24.350,00 x 46 Monate x 0,5% = EUR 5.600,50). Eine Minderung bisher festgesetzter Nachzahlungszinsen unterblieb.
Gegen die Zinsfestsetzung erhob der Kläger am 8.6.2006 Einspruch und trug vor, dass der Erstattungsbetrag in Höhe von EUR 24.389,14 bereits ab dem 1.4.1998 zu verzinsen sei.
Mit Einspruchsentscheidung vom 12.10.2007 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Er führte im Wesentlichen aus, eine Verzinsung des Erstattungsbetrags ab 1.4.1998 käme zwar grundsätzlich gem. § 233a Abs. 2 AO in Betracht, da der Verlust in 1996 entstanden sei. Abweichend davon beginne der Zinslauf aber im vorliegenden Fall erst am 17.6.2002, dem Tag der Zahlung der Nachforderung in Höhe von EUR 99.396,85 aufgrund des Einkommensteuerbescheids 1994 vom 16.5.2002. Hierbei werde unterstellt, dass die Erstattung zuerst aus dem zuletzt gezahlten Betrag erfolge. Eine Minderung der bisher festgesetzten Nachzahlungszinsen sei nicht vorzunehmen, denn Nachzahlungszinsen entfielen frühestens ab dem Zeitpunkt, in dem der Zinslauf des Teil-Unterschiedsbetrags zugunsten des Klägers beginne (hier: 17.6.2002). Nachzahlungszahlungszinsen für den Zeitraum bis zum Beginn des Zinslaufs blieben endgültig bestehen. Für den Zeitraum ab 17.6.2002 seien keine Nachzahlungszinsen festgesetzt worden.
Mit der hiergegen gerichteten Klage trägt der Kläger vor, dass die Handhabung des Beklagten dem Abs. 5 des § 233a AO widerspreche, da für die Zinsberechnung der Unterschiedsbetrag zwischen der festgesetzten Steuer und der vorher festgesetzten Steuer und für den Beginn der Zinsberechnung der § 233a Abs. 2a AO maßgebend seien. Der vom Beklagten offenbar angewandte Satz 3 des Abs. 3 treffe hier nicht zu, da der Abs. 3 nur auf erstmalige Steuerfestsetzungen anzuwenden sei, während bei der Berichtigung von Steuerbescheiden der Abs. 5 Anwendung finde. Bei der Regelung des § 233a AO handele es sich um eine Regelung, die eine sogenannte Sollverzinsung berücksichtige. Die Zinsen auf de...