rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufwendungen im Zusammenhang mit sog. Leihmutterschaft keine außergewöhnliche Belastung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Aufwendungen für Leihmutterschaft stellen keine als außergewöhnliche Belastung abziehbaren Kosten einer Heilbehandlung wegen Empfängnisunfähigkeit oder einer durch Kinderlosigkeit verursachten seelischen Störung dar.

2. Der Zwangsläufigkeit dieser Aufwendungen steht überdies der vorsätzliche Verstoß gegen die Vorschriften des Embryonenschutzgesetzes und des Adoptivvermittlungsgesetzes entgegen. Denn die Beachtung der inländischen Rechtsordnung muss als zumutbar angesehen werden.

 

Normenkette

EStG § 33 Abs. 1, 2 S. 1

 

Streitjahr(e)

1998

 

Nachgehend

BFH (Rücknahme vom 20.09.2004; Aktenzeichen III B 125/03)

 

Tatbestand

Die Kläger werden als Eheleute für das Streitjahr 1998 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. In ihrer Einkommensteuererklärung machten sie u. a. Aufwendungen von 129.439 DM im Zusammenhang mit einer sog. Leihmutterschaft als außergewöhnliche Belastung geltend.

Zur Erläuterung trugen sie Folgendes vor:

Der Versuch der Eheleute, nach ihrer Heirat (September 1992) ein Kind zu bekommen, sei zunächst erfolglos gewesen. Im Frühjahr 1994 sei bei der Klägerin eine primäre Sterilität festgestellt worden, wohl als Folge zweier Operationen in den Jahren 1979 und 1989. Die Klägerin habe ungeachtet dessen alles unternommen, um den bestehenden Kinderwunsch zu realisieren. Eine Hormonbehandlung habe zunächst nur zu einer Eileiterschwangerschaft geführt. Danach habe die Klägerin eine künstliche Befruchtung versucht. Der 4. Versuch habe zu einer Zwillingsschwangerschaft geführt, in deren Verlauf jedoch Komplikationen eingetreten seien. In der 17. Schwangerschaftswoche im März 1996 sei es zu einer Uterusruptur mit hämorrhagischem Schock gekommen, wodurch die Klägerin die Kinder verloren habe. Dieses traumatische Erlebnis verbunden mit der Perspektive, niemals wieder schwanger werden zu können, habe bei der Klägerin zu einer ausgeprägten reaktiven Depression im Sinne einer posttraumatischen Belastungsstörung geführt. Sie habe daraufhin regelmäßige therapeutische Gespräche mit ihrem Frauenarzt Dr. K geführt; eine psychotherapeutische Behandlung habe sie allerdings nach der dritten Sitzung abgebrochen.

Im Rahmen einer Begutachtung zur Frage einer Arbeits- bzw. Berufsunfähigkeit der Klägerin stellte der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie - Psychotherapie Dr. G , Chefarzt der Psychiatrischen Klinik des Krankenhauses in M , im November 1996 u a. fest:

„... Psychiatrisch zeigte sich weiterhin ein depressives Syndrom nach dem obenbeschriebenen psychischen Trauma. Dies ist gekennzeichnet durch eine Reduktion der affektiven Erlebnisfähigkeit, durch Antriebsstörungen und Sinnlosigkeitsgefühle. Es ist inzwischen jedoch schon zu einer Besserung dieser Störung gekommen, die als posttraumatische Belastungsreaktion verstanden werden kann. Ohne diesen Zwischenfall, der in der Lebensgeschichte der Patientin auch sehr dramatisch und die Zukunftsorientierung verändernd wirkt, wäre es voraussichtlich nicht zu dieser Störung gekommen.

Die weitere Prognose ist als nicht schlecht zu beurteilen, da es sich zum einen um eine sehr differenzierte und leistungsorientierte, zum anderen um eine sich auch um neue Lösungsmöglichkeiten, zum Beispiel Adoption bemühende Frau handelt, die darüberhinaus nach eigenen Angaben eine gute Unterstützung in ihrem Ehemann findet. Auch bestehen keine die Situation wesentlich komplizierenden sozialen oder beruflichen oder finanziellen Probleme.

...

Bei der begutachteten Frau (..) besteht keine 100 %ige Arbeitsunfähigkeit, derzeit teilweise Arbeitsfähigkeit, ungefähr 50 %, d. h. bis zu 4 Std. pro Tag, wobei es hier durch Reaktivierungen der traumatischen Reaktion auch vorübergehend zu Einschränkungen kommen kann. Nach eigenen Angaben besteht teilweise Arbeitsfähigkeit wieder seit Anfang November dieses Jahres. Diese Angaben wirken glaubwürdig. ...

Es ist damit zu rechnen, dass die Tätigkeit, die bisher ausgeübt wurde, nach medizinischem Befund innerhalb von 3 Jahren doch wieder ausgeübt werden kann.

Derzeit bestehen erhebliche Einschränkungen in der Ausübbarkeit des bisherigen Berufs der Versicherungskauffrau in leitender Stellung. ...

Eine sichere Aussage über den weiteren Verlauf lässt die Natur der psychischen Störung leider nicht zu, da es doch zu großen interindividuellen Schwankungen im Verlauf solcher Belastungsreaktionen kommt.”

In der Folgezeit habe der Frauenarzt Dr. K im Rahmen einer Gesprächstherapie gemeinsam mit der Klägerin die Zukunftsperspektive einer Leihmutterschaft als Lösungsmöglichkeit entwickelt. Dieser Plan habe sich in Zusammenarbeit mit dem Center ( C ) im Ausland realisieren lassen. Nach einer künstlichen Befruchtung sei es zur Geburt von Zwillingen durch eine Leihmutter gekommen. Nach dem Recht des Staates Kalifornien seien von einer Leihmutter ausgetragene Kinder als Kinder ihrer genetischen Eltern (hier: der Kläger) anzusehen...

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