Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuerbefreiung für Leichentransporte in die Türkei

 

Leitsatz (redaktionell)

Der grenzüberschreitende Leichentransport stellt zusammen mit der Lieferung des Überführungssarges und des Zinksarges sowie dem Inlandstransport zum Flughafen eine einheitliche steuerbefreite Leistung dar, wenn die Ausrichtung der Bestattung nicht mit übernommen wird und daher der Gesamtleistung nicht das Gepräge geben kann (Abgrenzung zum Urteil des BFH vom 15.09.1994 XR 51/91, BFH/NV 1995, 553).

 

Normenkette

UStG § 4 Nr. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa

 

Streitjahr(e)

1998, 1999

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 24.02.2005; Aktenzeichen V R 26/03)

BFH (Urteil vom 24.02.2005; Aktenzeichen V R 26/03)

 

Tatbestand

Die Klägerin betreibt ein Bestattungsunternehmen für Angehörige des islamischen Glaubens. Die von der Klägerin ausgeführten Leistungen betreffen nach Aktenlage nahezu ausschließlich in Deutschland verstorbene Personen, deren Leichname in der Türkei bestattet und zu diesem Zweck per Luftfracht dorthin überführt werden.

Nach den anlässlich einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung (Bericht vom 16.11.1999) getroffenen Feststellungen erbringt die Klägerin im Wesentlichen folgende Leistungen:

Waschung und rituelle Vorbereitung des Leichnams

Lieferung der Bestattungshülle

Lieferung des für den Lufttransport vorgeschriebenen Holzsargs

Lieferung des für den Lufttransports (zusätzlich) erforderlichen Zinksargs einschließlich der notwendigen luftdichten Verlötung

Besorgung der Leichenüberführung in die Türkei einschließlich der Erledigung aller erforderlichen Formalitäten

Übernahme der Speditionsgebühren

Nach den von der Klägerin vorgelegten Ausgangsrechnungen stellt sie ihren Auftraggebern regelmäßig folgende Positionen in Rechnung:

1. Überführungssarg

2. Zinksarg, einschließlich Lötung

3. Bestattungshülle

4. Inlandstransport zum (deutschen) Flughafen sowie Lufttransport in die Türkei einschließlich Erledigung aller Formalitäten und Speditionsgebühren

Die Rechnungssumme in Höhe von durchschnittlich etwa 3000.- DM entfällt dabei zu etwa 70 % auf die letztgenannte Position und zu etwa 25 % auf die Positionen 1. und 2. Im Einzelfall wird eine Position „Waschung und Vorbereitung des Leichnams” gesondert berechnet (z.B. in der Rechnung Nr. ....... vom 30.6.1999 mit 250.- DM).

Nach den Feststellungen des Beklagten betrugen die Aufwendungen für „Ausgangsfrachten” im Jahre 1998 ........ DM und im ersten Halbjahr 1999 ....... DM. Die Gesamtkosten laut Summen- und Saldenlisten betrugen in den beiden Zeiträumen ..... DM bzw. .... DM.

Die Klägerin behandelte ihre vorbezeichneten Leistungen als steuerfrei gemäß § 4 Nr. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa UStG. Im Anschluss an die Umsatzsteuer-Sonderprüfung vertrat der Beklagte die Auffassung, die Klägerin erbringe ihren Auftraggebern gegenüber eine einheitliche, nicht steuerbefreite sonstige Leistung. Zur Begründung verwies er im Wesentlichen auf das - vom BFH durch Beschluss nach Art. 1 Nr. 7 BFHEntlG bestätigte - Urteil des FG München vom 8.3.1995 3 K 3532/94, EFG 1996, 611.

Gegen den geänderten Umsatzsteuerbescheid 1998 vom 15.02.2000 und die geänderten Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheide für das I. bis IV. Quartal 1999 vom 13.01. und 28.01.2000 hat die Klägerin Einsprüche eingelegt und zur Begründung geltend gemacht, dass der Leichentransport in die Türkei die Hauptleistung darstelle, die gemäß § 4 Nr. 3 Buchstabe a), Doppelbuschstabe aa) UStG steuerbefreit sei, so dass die übrigen Nebenleistungen ebenfalls steuerfrei seien. Für die Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts sei maßgeblich, dass im Unterschied zu der Entscheidung des FG München der Anteil der Überführungskosten regelmäßig 70 % ausmache. Darüber hinaus habe das FG München in dem von ihm entschiedenen Fall die Kosten der Einsargung offenbar nicht als Bestandteile der Beförderung angesehen. Der Überführungs- und der Zinksarg würden wegen der bestehenden Rechtslage nur für die Überführung der Leichen genutzt und in der Türkei mangels anderweitiger Verwendungsmöglichkeit entsorgt. Die Bestattung der Toten vor Ort erfolge durch die Angehörigen entsprechend dem islamischen Glauben in einem Leichentuch, das die Klägerin regelmäßig nicht liefere. Die Klägerin habe mit der Bestattung vor Ort nichts mehr zu tun.

Mit Einspruchsentscheidung vom 27.09.2000 hat der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die Hauptleistung in der von den Auftraggebern gewünschten Bestattungsvorbereitung liege, hinter der die Besorgung des Flugtransportes und die Beschaffung des dafür notwendigen Zinksarges als Nebenleistung zurücktrete. Die Auftraggeber der Klägerin nähmen aufgrund ihres speziellen Leistungsangebotes die Leistungen in Gestalt zahlreicher Einzelleistungen in Anspruch. Neben der Organisation des Transportes stünden vor allem - die für sich gesehen ebenfalls umsatzsteuerpflichtigen - typische Bestattungsleistungen wie das Abholen und Einsargen der Leiche, die Erledigung der Formalitäten bei inlän...

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