Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsmäßigkeit einer Anschlussaußenprüfung bei Kleinbetrieben

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Einer über den Verweis auf § 193 Abs. 1 AO hinausgehenden Begründung bedarf es auch bei der Anordnung einer Anschlussaußenprüfung bei Klein- und Mittelbetrieben nicht.
  2. Die BpO 2000 ist ab ihrem In-Kraft-Treten am 24.03.2000 auf alle Außenprüfungen anzuwenden, die ab diesem Zeitpunkt stattfinden. Dies gilt auch für Prüfungszeiträume, die vor ihrem In-Kraft-Treten liegen.
  3. Das Verbot einer lückenlosen Prüfung bei anderen als Großbetrieben i.S. eines Anspruchs auf eine „Prüfungspause” ließ sich aber auch aus § 4 Abs. 2 BpO(St) 1987 nicht herleiten und folgt ebenso wenig aus Art. 3 Abs. 1 GG.
  4. Allein aus der Häufung von Prüfungen ergibt sich noch kein Anhaltspunkt für ein willkürliches oder schikanöses Verhalten der Finanzbehörde.
 

Normenkette

AO § 121 Abs. 1, 2 Nr. 2, § 193 Abs. 1, § 194 Abs. 1 S. 2; BpO 2000 § 4 Abs. 3; BpO (St) 1987 § 4 Abs. 2; FGO § 102; GG Art. 3 Abs. 1

 

Streitjahr(e)

2004

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 14.06.2007; Aktenzeichen VIII B 201/06)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit der Anordnung einer Außenprüfung streitig.

Der Kläger ist als Rechtsanwalt selbständig tätig. Bei ihm wurde im Jahre 1999 eine Betriebsprüfung für die Jahre 1995 bis 1997 durchgeführt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Betriebsprüfungsbericht des Finanzamts X vom 09.04.1999 verwiesen.

Am 06.02.2004 ordnete der Beklagte (das Finanzamt – FA –) unter Bezugnahme auf § 193 Abs. 1 AbgabenordnungAO – erneut eine Außenprüfung beim Kläger an. Die Prüfung sollte sich auf Einkommen- und Umsatzsteuer 1998 bis 2000 erstrecken.

Mit Schreiben vom 13.02.2004 bat der Kläger die Finanzbehörde um schriftliche Angabe des Anlasses der Außenprüfung. Das FA teilte daraufhin mit, nach § 4 Abs. 1 der „Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für die Betriebsprüfung – BpO – 2000” könne der Umfang der Außenprüfung nach pflichtgemäßem Ermessen bestimmt werden. Einer besonderen Begründung bedürfe es nicht. Auf Grund der Feststellungen in Tz. 8 des Betriebsprüfungsberichtes vom 09.04.1999 (Fremdgelder) sei eine Anschlussprüfung berechtigt. Unabhängig davon habe der Vorprüfer die Durchführung einer Anschlussprüfung im Hinblick auf die Behandlung der Fremdgelder für erforderlich gehalten.

Der Kläger legte gegen die Prüfungsanordnung Einspruch. Er machte geltend, Anschlussprüfungen für Mittel-, Klein- und Kleinstbetriebe seien erst gemäß der am 15.03.2000 in Kraft getretenen BpO 2000 zulässig. Für die frühere Zeiträume sei eine Anschlussprüfung lediglich unter den einschränkenden Regelungen der „Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für die Betriebsprüfung – Betriebsprüfungsordnung (Steuer) – BpO(St) 1987 -” zulässig (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 1 BpO(St) 1987). Die in der BpO(St) 1987 zum Ausdruck kommende Selbstbeschränkung der Verwaltung könne nicht rückwirkend durch die BpO 2000 aufgehoben werden. Für die Zeiträume vor In-Kraft-Treten der BpO 2000 sei eine Anschlussprüfung bei Mittel-, Klein- und Kleinstbetrieben nicht zulässig. Nach Maßgabe der für die Einordnung der Betriebe geltenden Größenklassen sei seine Kanzlei als Kleinbetrieb, allenfalls ab 1998 als Mittelbetrieb einzustufen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 08.03.2004 verwiesen.

Das FA hat den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 19.07.2004 als unbegründet zurückgewiesen.

Mit der Klage macht der Kläger geltend, das FA gehe zu Unrecht davon aus, die BpO 2000 gelte für alle nach dem Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung ergangenen Prüfungsanordnungen. Für die Prüfungszeiträume bis einschließlich 1999 sei die BpO(St) 1987 anzuwenden, nach der Anschlussprüfungen lediglich für Großbetriebe zulässig seien. Die Selbstbeschränkung der Verwaltung in der BpO(St) 1987 habe nicht rückwirkend durch die BpO 2000 aufgehoben werden können. Die gegenteilige Rechtsauffassung führe zu einer für die Betroffenen nachträglichen und nachteiligen Regelung von Sachverhalten, die in der Vergangenheit bereits abgeschlossen seien. Dies stelle eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung dar. Soweit sich das FA zur Begründung der Anordnung hilfsweise auf Feststellungen der Betriebsprüfung des Jahres 1999 beziehe, entbehrten die diesbezüglichen Behauptungen der tatsächlichen Grundlage. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 18.08.2004 verwiesen.

Der Kläger beantragt,

die Prüfungsanordnung vom 06.02.2004 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das FA hält daran fest, die BpO 2000 sei für alle Betriebsprüfungen anzuwenden, die ab dem Zeitpunkt ihres In-Kraft-Tretens angeordnet worden seien. Nach § 4 Abs. 3 Satz 3 BpO 2000 sei bei anderen Betrieben als Großbetrieben eine Anschlussprüfung zulässig. Im Streitfall ergebe sich die Prüfungsbedürftigkeit aus den Feststellungen der Betriebsprüfung des Jahres 1999 zur Behandlung der Fremdgelder sowie den aus der Anlage 1 zum Betriebsprüfungsbericht vom 09.04.1999 ersichtlichen Ausgabenkürzun...

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