vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeldanspruch eines polnischen Staatsbürgers, welcher als selbständiger Fliesenleger im Inland tätig ist - Anspruchsausschluss bei Mitgliedschaft in der polnischen Sozialversicherung

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Der Anspruch eines polnischen Staatsbürgers, der in Deutschland als selbständiger Fliesenleger tätig ist, auf deutsches Kindergeld für seine in Polen lebenden Kinder wird durch das europäische Gemeinschaftsrecht ausgeschlossen, wenn er als selbständiger Landwirt in der polnischen Sozialversicherung für Landwirte sozialversichert ist, keine Beiträge in die deutsche Sozialversicherung entrichtet und deshalb ausschließlich den Rechtsvorschriften des polnischen Sozialversicherungsrechts unterliegt.
  2. Deutsches Kindergeldrecht ist mangels eines Anwendungsbefehls zugunsten des nationalen Rechts in §§ 62 ff. EStG nicht anwendbar, wenn nach der VO (EWG) 1408/71 das Recht eines anderen Mitgliedstaats anwendbar ist.
 

Normenkette

EStG § 62; VO (EWG) Nr. 1408/71 Art. 1 Buchst. a, Art. 4 Abs. 1 Buchst. h, Art. 13 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Buchst. b

 

Streitjahr(e)

2007

 

Tatbestand

Der Antragsteller, ein polnischer Staatsbürger, beantragte im November 2007 Kindergeld für seine Kinder „E” (geboren 1997) und „P” (geboren 2001). Er legte für seine Kinder Geburtsurkunden und Meldebescheinigungen vor, wonach diese in „L-Stadt” Haus Nr. 25 leben. Die Mutter der Kinder, die Ehefrau des Klägers, hat ausweislich der Bescheinigung der polnischen Gemeindebehörde für die Kinder laufend polnische Familienbeihilfe erhalten, zuletzt aufgrund des Beschlusses vom 25.09.2007. Der Kläger erklärte, er sei ab Januar 2007 in Deutschland als selbständiger Fliesenleger tätig, er sei aber nicht in Deutschland, sondern in Polen sozialversichert. Im Verlauf des Verfahrens übersandte die polnische Behörde die Formulare E 401 und E 411; hieraus ergab sich unter anderem, dass die Ehefrau des Klägers seit Oktober 2007 auf polnische Familienleistungen verzichtet habe. Die Beklagte –die Familienkasse lehnte den Kindergeldantrag ab, weil der Kläger trotz der Tätigkeit in Deutschland durchgehend dem polnischen Sozialversicherungssystem unterliege und für ihn nach überstaatlichen Rechtsvorschriften ausschließlich Ansprüche auf Familienleistungen nach polnischem Recht bestünden (Bescheid vom 04.06.2008).

Hiergegen erhob der Kläger Einspruch. Zur Begründung trug er vor, die Entrichtung von Beiträgen an den polnischen landwirtschaftlichen Versorgungsträger habe keine Auswirkung auf den deutschen Kindergeldanspruch. Der Kläger habe seinen Wohnsitz seit 8.01.2007 in Deutschland; hier sei er mit seinen gewerblichen Einkünften als Fliesenleger steuerpflichtig. In Polen übe er weder eine gewerbliche noch eine nichtselbständige Tätigkeit aus. Polnisches Kindergeld sei an die Mutter bis Oktober 2007 ausgezahlt worden, ab November 2007 stehe dem Kläger volles deutsches Kindergeld zu – für die Monate Januar bis Oktober 2007 seien die in Polen gezahlten Beträge (umgerechnet ca. 18 EUR) auf das deutsche Kindergeld anzurechnen. Der Einspruch hatte keinen Erfolg. Die Familienkasse führte aus, der Kläger unterliege durchgehend dem polnischen Sozialversicherungssystem, so dass für ihn gemäß Art. 13 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14.06.1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer, Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (konsolidierte Fassung, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften – ABlEG – Nr. L 28 vom 30.01.1997, S. 1) im Folgenden: VO Nr. 1408/71 ausschließlich die polnischen Rechtsvorschriften anzuwenden seien. Hierunter falle auch der Anspruch auf Kindergeld, und zwar unabhängig davon, ob und in welcher Höhe in Polen Kindergeld gewährt werde. Auch die Zahlung von Aufstockungsbeträgen zwischen einem niedrigeren ausländischen und dem höheren deutschen Kindergeld komme nicht in Betracht (Einspruchsentscheidung vom 01.09.2008).

Hiergegen richtet sich die Klage. Zur Begründung verweist der Kläger darauf, dass er seit Januar 2007 seinen Wohnsitz in Deutschland habe, während seine Ehefrau und die Kinder ihren Wohnsitz in Polen beibehalten hätten. Da der Kläger im Jahr 2007 einen Gewinn von 8.308 EUR erzielt habe, stehe ihm kein polnisches Kindergeld zu, weil die Einkommensgrenze überschritten sei. Damit seien die Voraussetzungen der §§ 62 ff. des EinkommensteuergesetzesEStG für den Bezug deutschen Kindergelds gegeben. Europarechtliche Vorschriften stünden nicht entgegen, weil die VO Nr. 1408/71 nicht anwendbar sei; denn weder der Kläger noch seine Ehefrau seien in Polen erwerbstätig. Dass der Kläger und seine Ehefrau in der landwirtschaftlichen Sozialversicherung „...” versichert seien, beruhe darauf, dass die Eheleute zusammen Eigentümer einer landwirtschaftlichen Fläche seien. In diesem Fall sei eine Versicherung bei der „...” in den Bereichen Rente, Unfall, Krankheit und Mutterschaft ...

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