Entscheidungsstichwort (Thema)

Doppelstöckige Personengesellschaft - Gleichstellung des unmittelbar und des mittelbar Beteiligten in § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Bei einer doppelstöckigen Personengesellschaft sind die Schuldzinsen des mittelbaren Gesellschafters (Obergesellschafters) aus der Finanzierung von Wirtschaftsgütern der Untergesellschaft als Sonderbetriebsausgaben des Obergesellschafters bei der Gewinnfeststellung der Untergesellschaft zu berücksichtigen und nicht dessen Sonderbetriebsvermögen II bei der Obergesellschaft zuzuordnen.
  2. Die Gleichstellung des mittelbar Beteiligten als Sonder-Mitunternehmer des Betriebes der Untergesellschaft mit einem unmittelbar beteiligten Mitunternehmer in § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG umfasst auch das Sonderbetriebsvermögen II.
  3. Durch die Einbringung des Kommanditanteils an der Untergesellschaft in die Obergesellschaft gegen Gewährung von Gesellschafterrechten wird der ursprüngliche Finanzierungszusammenhang nicht gelöst.
 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 12.10.2016; Aktenzeichen I R 92/12)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob das Finanzamt (FA) zu Recht die Berücksichtigung gezahlter Schuldzinsen in Höhe von 2.251.276 EUR als Sonderbetriebsausgaben versagt hat.

Die Klägerin wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 11.10.2002 als A (Deutschland) GmbH & Co. KG gegründet. Die Firma wurde im Jahr 2005 in B GmbH & Co. KG (fortan: KG) geändert. Unternehmensgegenstand war seinerzeit insbesondere der Vertrieb und die Lagerhaltung von Chemikalien. Die Klägerin hat ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr (01.04  31.03.).

Im Zeitpunkt der Gründung war die A B. V. (nachfolgend: A BV) alleinige Kommanditistin der Klägerin. Komplementärin der Klägerin war und ist die A Verwaltungsgesellschaft mbH, die keine Anteile am Kapital der Klägerin hält.

Mit Darlehensvertrag vom 04.11.2002 gewährte die C B. V. (nachfolgend: C BV), die Alleingesellschafterin der A BV, der A BV ein Darlehen in Höhe von 60 Millionen EUR. Zweck des Darlehens war, der A BV die Mittel zu verschaffen, um die Klägerin mit 60 Millionen EUR auszustatten, um dieser wiederum eine Kapitaleinlage in entsprechender Höhe in die A D GmbH (nachfolgend: A D GmbH) zu ermöglichen. Bei der A D GmbH handelt es sich um eine Organgesellschaft der Klägerin.

Mit Datum vom 04.11.2002 wurde ein Betrag von 66,715 Millionen EUR in die Rücklagen der Klägerin eingestellt und das Kapitalkonto der A BV entsprechend erhöht.

Mit Vertrag vom 31.12.2002 gewährte die C BV der A BV ein weiteres Darlehen über 6,8 Millionen EUR. Zweck dieses Darlehens war, der A BV die Mittel zu verschaffen, um die Klägerin mit 6,8 Millionen EUR auszustatten, um dieser wiederum zu ermöglichen, zunächst einen Geschäftsbereich und anschließend sämtliche Anteile an der A GmbH (fortan: A GmbH) zu erwerben sowie der A GmbH schließlich ein Darlehen zu gewähren. Bei letzterer Gesellschaft handelt es sich ebenfalls um eine Organgesellschaft der Klägerin.

Im Wirtschaftsjahr 2002/2003 wurden die vorgenannten Mittel von der Klägerin zu einem Teilbetrag von 250.000 EUR für den Erwerb der Anteile an der A GmbH investiert und zu einem Teilbetrag von 66,715 Millionen EUR in die Kapitalrücklage der A D GmbH eingestellt. Hierdurch erhöhte sich der Beteiligungsbuchwert an dieser Gesellschaft bei der Klägerin entsprechend.

Hiernach stellte sich die Beteiligungsstruktur bis zum 31.03.2004 wie folgt dar:

Anmerkung: Struktur wegen § 30 AO entnommen

Mit Einbringungs- und Übertragungsvertrag vom 27.09.2004 brachte die A BV ihren Kommanditanteil an der Klägerin mittels Sacheinlage gegen Gewährung von Gesellschafterrechten mit Wirkung ab dem 01.04.2004 in die A E C. V. (nachfolgend: A E CV) ein. Die A E CV ist eine Personengesellschaft niederländischen Rechts, die der deutschen Kommanditgesellschaft entspricht. Gesellschafterin der A E CV ist neben der A BV (99 v.H.) die A F B. V. (1 v.H.).

Die A E CV hält ausschließlich die Anteile an der Klägerin und hat keine eigene Geschäftstätigkeit oder sonstiges Vermögen. An der tatsächlichen Verwendung der Darlehensbeträge änderte sich durch die Zwischenschaltung der A E CV nichts.

Ab dem 01.04.2004 war folgende Beteiligungsstruktur gegeben:

Anmerkung: Struktur wegen § 30 AO entnommen

Die Klägerin passivierte die Verbindlichkeiten aus den von der C BV gewährten Darlehen in einer Sonderbilanz der A BV und berücksichtigte die Schuldzinsen als Sonderbetriebsausgaben (SBA). Diese Handhabung wurde auch nach der Einbringung (Veräußerung der Kommanditanteile der A BV an die A E CV) beibehalten. Im Wirtschaftsjahr 2004/2005 wurde der Zinsaufwand von 2.251.276 EUR als SBA der A BV bei der steuerlichen Gewinnfeststellung der Klägerin geltend gemacht.

Mit gesondertem Feststellungsbescheid vom 16.10.2006 stellte das FA die Besteuerungsgrundlagen für 2005 antragsgemäß fest. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO).

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