Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewertung von Rückstellungen eines Untervermieters für Nebenkostennachzahlungen – Wertmindernde Berücksichtigung der Ansprüche auf Nebenkostennachzahlungen gegenüber Mietern – Nebenkostenabrechnung als wertaufhellende Tatsache

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Der Gewinn aus der Untervermietung von Gewerberäumen kann nicht durch Rückstellungen für erfahrungsgemäß zu erwartende Nebenkostennachzahlungen gemindert werden, wenn gleich hohe Ansprüche des Zwischenvermieters gegen seine Mieter auf Nachzahlung der Nebenkosten bestehen, die bei der Bewertung derartiger Rückstellungen als künftige Vorteile mindernd zu berücksichtigen sind.
  2. Auch wenn aufgrund wertaufhellender Tatsachen nach dem Bilanzstichtag (Vorliegen der Nebenkostenabrechnung) anstelle der Rückstellung eine Verbindlichkeit des Untervermieters gewinnmindernd zu erfassen wäre, würde auch jegliche Unsicherheit hinsichtlich des Entstehens von Ansprüchen gegenüber seinen Mietern entfallen, so dass eine Forderung in gleicher Höhe gewinnerhöhend zu aktivieren wäre.
 

Normenkette

EStG § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. c; HGB § 249 Abs. 1 S. 1

 

Streitjahr(e)

2008, 2009

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 31.05.2017; Aktenzeichen X R 29/15)

BFH (Urteil vom 31.05.2017; Aktenzeichen X R 29/15)

 

Tatbestand

Die Kläger sind Ehegatten, die für die Jahre 2008 und 2009 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden.

Der Kläger erzielte in den Streitjahren Einkünfte aus Gewerbebetrieb durch die gewerbliche Untervermietung von Gewerberäumen im Erdgeschoss sowie ersten und zweiten Obergeschoss des bebauten Grundstücks X-Str. in B (etwa 5.912 qm und 326 qm) an etwa 38 Mieter. Der Kläger hatte das Grundstück seinerseits umsatzsteuerpflichtig von dem Eigentümer angemietet. Der monatliche Mietzins für die Fläche von 5.812 qm betrug 41.386,80 € Kaltmiete zuzüglich 11.824,80 € Betriebs- und Heizkostenvorauszahlung zuzüglich Umsatzsteuer von 10.110,20 € und für eine weitere Fläche von 326 qm 2.937 € Kaltmiete zuzüglich 913,92 € Betriebs- und Heizkostenvorauszahlung zuzüglich Umsatzsteuer von 731,78 €.

Der Kläger ermittelte seinen Gewinn durch Bilanzierung. In den Streitjahren ermittelte er in den Jahresabschlüssen zum 31. Dezember 2008 (eingereicht beim beklagten Finanzamt am 24. August 2010) und zum 31. Dezember 2009 (eingereicht beim beklagten Finanzamt am 12. Mai 2011) einen Gewinn von 134.936,52 € für das Jahr 2008 und von 159.205,84 € für das Jahr 2009. Das beklagte Finanzamt setzte die Einkommensteuer und den Solidaritätszuschlag sowie die Gewerbesteuermessbeträge für die Jahre 2008 und 2009 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest. Das beklagte Finanzamt folgte den am 24. August 2010 und 12. Mai 2011 vom Kläger eingereichten Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 2008 und 2009 (erklärte festzusetzende Umsatzsteuer für 2008 16.280,65 € und für 2009 39.990,93 €).

Im Rahmen einer bei den Klägern durchgeführten Außenprüfung für die Veranlagungszeiträume 2006 bis 2009 traf der Prüfer ausweislich seines Berichts vom 4. November 2011 u.a. folgende Feststellungen:

Die Mieteinnahmen seien im Rahmen der Sollversteuerung debitorisch zu verbuchen gewesen. Hierfür seien die in den Mietverträgen vereinbarten Mieten maßgebend. Gleiches gelte für die abgerechneten Nebenkosten; auch diese seien debitorisch zu verbuchen und nicht erst mit ihrer Einnahme zu erfassen. Soweit das in den Streitjahren geschehen sei, sei die Erfassung rückgängig zu machen (Anlagen 1 und 2 zum Prüfungsbericht).

Das beklagte Finanzamt folgte den Feststellungen des Prüfers und änderte mit Bescheiden vom 9. Januar 2012 die Umsatzsteuerfestsetzungen für die Jahre 2008 und 2009 sowie die Festsetzungen der Einkommensteuer und des Solidaritätszuschlags für das Jahr 2009. Mit Bescheid vom 18. Januar 2012 änderte es die Festsetzung der Einkommensteuer und des Solidaritätszuschlags für das Jahr 2008. Ferner änderte es mit Bescheiden vom 20. Januar 2012 die Festsetzungen der Gewerbesteuermessbeträge für die Jahre 2008 und 2009.

Hiergegen wandten sich die Kläger mit ihren Einsprüchen. Sie trugen vor: Falls das beklagte Finanzamt an der Sollverbuchung der Erträge festhalte, müsse sich diese Behandlung auch in der Sollverbuchung der Aufwendungen widerspiegeln. Daher werde die Berücksichtigung von noch nicht verbuchten Nebenkostenabrechnungen für die Jahre 2008 und 2009 begehrt. Die Nebenkostenabrechnung des Eigentümers für das Jahr 2009 (Datum 27. Dezember 2010) liege bereits vor (Anlage 21 zum Schriftsatz vom 18. April 2012). Aus dieser ergebe sich eine Nachzahlung in Höhe von 136.246,80 € netto (zuzüglich 25.886,91 € Umsatzsteuer), die als Aufwand des Jahres 2009 kreditorisch zu verbuchen sei. Die Nebenkostenabrechnung für das 2008 habe der Kläger noch nicht erhalten. Es sei jedoch nach § 249 Abs. 1 S. 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB) eine Rückstellung zu bilden, die aus dem Mittelwert der (Netto-) Nachzahlungen der Jahre 2006, 2007 und 2009 wie folgt zu ermitteln sei:

2006

11.820,62 €

2007

22.366,40 €

2009

136.246,80 €

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