Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkünfteerzielungsabsicht bei langjährigem Leerstand eines Mietobjekts – Renovierung über Zeitraum von mehr als zehn Jahren – Zielgerichtete Wiederherstellung der Vermietbarkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Einkünfteerzielungsabsicht des Eigentümers eines über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren aufgrund der Fortdauer von Renovierungsmaßnahmen leerstehenden Mehrfamilienhauses ist zu verneinen, wenn die von dem Eigentümer ausschließlich in Eigenarbeit und ohne konkrete Zeitplanung durchgeführten Renovierungsarbeiten nicht auf die Absicht der zielgerichteten und effektiven Wiederherstellung der Vermietbarkeit schließen lassen.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1, § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 03.05.2023; Aktenzeichen IX B 10/22)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob in den Jahren 2005 bis 2016 sowie 2018 eine Einkünfteerzielungsabsicht des Klägers in Bezug auf das Mehrfamilienhaus T.-straße in X. anzunehmen ist.

Der Kläger ist seit 2017 Rentner, zuvor war er als Bauingenieur tätig. Mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 00.00.1986 (UR-Nr. N01/1986) erwarb er das Mehrfamilienhaus T.-straße in X. - ein Jugendstilhaus mit Baujahr 1897 - zum Alleineigentum. Zu dem Zeitpunkt des Erwerbs befanden sich in dem Objekt neun Wohneinheiten. In den 90'er Jahren wurden die Wohnungen nach und nach nicht mehr vermietet, wenn der Mieter verstarb oder auszog. Ausweislich der Einkommensteuererklärung des Klägers für 2003 war lediglich eine Wohnung von 47 qm im 2. OG bis April 2003 vermietet. Außerdem war ein Dachgeschosszimmer von 16 qm im 3. OG bis Oktober 2013 für 125 € einschließlich 45 € Betriebskosten vermietet. Für die Jahre ab 2013 erklärte der Kläger keine Mieteinnahmen mehr.

Bereits in der Einkommensteuererklärung für 2003 - mit Schreiben aus dem Jahr 2005 - gab der Kläger an, an dem Objekt Bauarbeiten durchzuführen, die mindestens weitere zwei Jahre andauern würden. Der Mieter des Dachgeschosszimmers wohne in dem alten, noch nicht renovierten Gebäudeteil. In der Einkommensteuererklärung für 2008 gab der Kläger an, es sei zu erwarten, dass das Haus im Jahr 2010 vollständig entkernt sei und sodann erneuert werde; mit einer Vermietung sei ab 2012 zu rechnen. In der Einkommensteuererklärung für 2010 gab er an, mit dem Abschluss der Renovierung sei im Jahr 2015 zu rechnen. In der Einkommensteuererklärung für 2016 teilte er mit, das Objekt werde zurzeit umgebaut und es sei kein nutzbarer Wohnraum vermietbar. Im endgültigen Zustand sollten fünf Wohnungen entstehen mit einer Größe zwischen 50 und 100 m².

Der Kläger machte seit Erwerb Verluste aus Vermietung und Verpachtung geltend, die der Beklagte zunächst grundsätzlich berücksichtigte. Die erklärten Verluste beliefen sich für die Jahre 2005 bis 2016 insgesamt auf…€. Für die Jahre 2005 bis 2008, 2015 und 2016 setzte der Beklagte die Einkommensteuer zunächst unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) fest. Unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung setzte er die Einkommensteuer für diese Jahre sodann gemäß § 165 Abs. 1 Satz 1 AO vorläufig hinsichtlich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung - die Einkünfteerzielungsabsicht könne nicht abschließend beurteilt werden - fest. Für die Jahre 2009 bis 2014 erließ der Beklagte von vornherein hinsichtlich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 165 Abs. 1 Satz 1 AO vorläufige Bescheide. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Bescheide Bezug genommen.

Anfang 2019 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass er beabsichtige die Einkommensteuerfestsetzung für die Jahre ab 2005 bis 2016 zu ändern und die Verluste aus Vermietung und Verpachtung wegen fehlender Einkünfteerzielungsabsicht nicht mehr zu berücksichtigen. Der Kläger legte daraufhin Bildmaterial vor und führte an, dass Gegenstand des Umbaus unter anderen die Tieferlegung des Kellerfußbodens, die Verlegung des Treppenhauses sowie der Einbau neuer Innenwände sei. Obwohl die Baumaßnahmen schon sehr lange andauerten, seien die ausgeführten Arbeiten auf die Fertigstellung und Vermietung eines Mehrfamilienhauses ausgerichtet. Er wolle aber für die künftigen Jahre keine Verluste aus Vermietung und Verpachtung aus dem Objekt mehr geltend machen, solange er keine Einnahmen erziele.

Der Beklagte änderte gleichwohl die Einkommensteuerbescheide für 2005 bis 2016 nach § 165 Abs. 2 AO mit Bescheiden vom 12.03.2019 und berücksichtigte die Verluste aus Vermietung und Verpachtung aus dem Objekt lediglich in der Höhe, soweit diese auf das vermietete Dachgeschosszimmer entfielen. Wegen der Berechnung der entstandenen Verluste wird auf die Anlage zu den Einkommensteuerbescheiden verwiesen.

Die Einkommensteuererklärung für 2018 reichte der Kläger ohne eine Anlage V ein. Entsprechend erging ein Einkommensteuerbescheid ohne die Berücksichtigung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.

Im Rahmen der gegen die Bescheide für 2005 bis 2016 und 2018 gerichteten Einsprüche teilte der Kläger mit, das...

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