Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerbarkeit des Vertriebs von SIM-Starterpaketen – Weiterveräußerung von Telekommunikationsdienstleistungen in eigenem Namen und für eigene Rechnung – Abgrenzung zur Abgabe bloßer Guthabenkarten

 

Leitsatz (redaktionell)

Die von einem Vertriebsunternehmen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung vorgenommene Abgabe von SIM-Starterpaketen eines Telekommunikationsanbieters ist – anders als die Abgabe bloßer Guthabenkarten - nicht lediglich als Vermittlung einer Leistung des Telekommunikationsanbieters an den Erwerber des Starterpakets, sondern als Weiterveräußerung von Telekommunikationsdienstleistungen und daher auf jeder Stufe als umsatzsteuerbare und -steuerpflichtige Leistung zu beurteilen (vgl. EuGH-Urteil vom 24.9.2012 C-520/10, BStBl II 2012, 755, und BMF-Schreiben vom 3.12.2001, BStBl I 2001, 1010)

 

Normenkette

UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 9, 11, § 3a Abs. 4 Nr. 11

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 17.05.2017; Aktenzeichen V R 42/16)

BFH (Beschluss vom 17.05.2017; Aktenzeichen V R 42/16)

 

Tatbestand

Die 2007 in der Rechtsform einer GmbH gegründete Klägerin war im Streitjahr 2008 mit dem Vertrieb von Produkten im Bereich der Telekommunikation unternehmerisch tätig.

Zwischen den Beteiligten ist die Steuerbarkeit des Verkaufs so genannter „Starterpakete ohne Mobilfunkgerät” streitig.

Im Rahmen von zwischen der Klägerin und verschiedenen Telekommunikationsdienstanbietern bestehenden Verträgen vertrieb die Klägerin diverse von ihren Vertragspartnern angebotene Mobilfunkdienstleistungen. Im Wesentlichen handelte es sich um Leistungen der deutschen Anbieter A GmbH mit Sitz in B und C GmbH mit Sitz in D.

Die Leistungen der Firma A GmbH werden in dem am 11.12.2007 mit der Klägerin als Distributor abgeschlossenen Vertrag - auszugsweise - wie folgt beschrieben:

„1.1 Bei den von A angebotenen Leistungen handelt es sich um die (zeitlich begrenzte) Möglichkeit zur Nutzung der Mobilfunkdienstleistungen von A.

1.2 Die Leistungen ermöglichen dem Kunden im Rahmen eines bestehenden Prepaid-Mobilfunkvertrages mit A unter anderem das Telefonieren für eine bestimmte Anzahl von Minuten. Die Leistungen werden zu einem feststehenden nominalen Euro-Betrag Endkunden angeboten und verkauft und ermöglichen die nach den gültigen Tarifen für das Land, aus dem und in das angerufen wird, unterschiedlich langes Telefonieren.

(...)

Die zur Nutzung einzelner Leistungen erforderlichen Informationen werden dem Kunden (...) zur Verfügung gestellt.

1.3 Für die Nutzung der Leistungen benötigt der Kunde eine SIM-Karte, die ihm von A zur Nutzung zur Verfügung gestellt wird. Die SIM-Karte sowie die für die Aktivierung der SIM-Karte erforderlichen Informationen (einschließlich der allgemeinen Geschäftsbedingungen) werden dem Kunden (...) zur Verfügung gestellt. Das SIM-Starterpaket enthält Leistungen (nachstehend bezeichnet als „Startguthaben”). (...) Der Kunde erhält zudem eine Mobilfunk Rufnummer sowie die Möglichkeit der Aktivierung der SIM-Karte über die Website oder die Hotline von A.

1.4 Die Nutzung der Leistungen ist nur im Rahmen eines bestehenden Prepaid-Mobilfunkvertrages zwischen A und dem Kunden möglich. Angebot und Annahme zum Abschluss eines Prepaid-Mobilfunkvertrages erfolgen unmittelbar zwischen A und dem jeweiligen Kunden. (...) An dem Abschluss des Prepaid-Mobilfunkvertrages ist der Distributor nicht beteiligt.”

In Art. 2 des Vertrages vom 11.12.2007 ist geregelt, dass die Klägerin als Distributor die vorgenannten Leistungen von A anbieten und verkaufen solle. Hierbei solle die Klägerin als rechtlich und wirtschaftlich selbstständige Unternehmerin tätig werden und hinsichtlich ihrer betrieblichen Organisation frei und keinerlei Weisungen unterworfen sein. Ausdrücklich ist hierin bestimmt, dass die Klägerin ihre Tätigkeiten aufgrund des Vertrages mit A im eigenen Namen und auf eigene Rechnung sowie auf eigene Gefahr ausüben solle. Sie habe keine Vollmacht zum Abschluss von Geschäften im Namen von A und sei auch nicht zur rechtsgeschäftlichen Vertretung von A befugt.

Unter Art. 7 des Vertrages ist hinsichtlich der Lieferung der SIM-Starterpakete und der Guthabenkarten an die Klägerin vereinbart, dass A ihr diese auf Bestellung hin zusende und die Gefahr in Bezug auf die bezogenen SIM-Starterpakete und Guthabenkarten und die damit verfügbare Leistung mit der Lieferung auf die Klägerin übergehe (7.1 des Vertrages). Die Klägerin erhalte diese Produkte ausschließlich zur Weitergabe an Einzelhändler (7.3 des Vertrages). Die Klägerin sei des Weiteren frei in der Festlegung der Höhe ihrer Preise gegenüber den Einzelhändlern. Eigene Preisnachlässe gewähre sie den Einzelhändlern auf eigene Kosten und Gefahr (7.6 des Vertrages).

Unter 7.7 und 7.8 führt der Vertrag schließlich aus, dass es sich bei dem Verkauf der SIM-Starterpakete und Guthabenkarten von A an die Klägerin um einen umsatzsteuerlich nicht steuerbaren Sachverhalt handele und nur der von A an die Klägerin gewährte Rabatt als Vertriebsleistungen der Klägeri...

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