Entscheidungsstichwort (Thema)

Empfängerbenennung. Domizilgesellschaft. Briefkastengesellschaft. Ermessen. Körperschaftsteuer 1996

 

Leitsatz (redaktionell)

Das an den Steuerpflichtigen gerichtete Verlangen des Finanzamtes, den Empfänger von Zahlungen an eine Domizil- bzw. Briefkastengesellschaft zu benennen, ist ermessensfehlerhaft, wenn das Finanzamt aufgrund eigener Ermittlungen die hinter der Gesellschaft stehende Person kennt oder kennen muss. Es spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle, ob es mehr oder weniger schwierig ist, die Steuern gegenüber dieser Person festzusetzen oder die festgesetzten Steuern von dieser zu erheben.

 

Normenkette

AO § 160

 

Tenor

1. Unter Änderung des Bescheides vom 1. März 2001 wird die Körperschaftsteuer 1996 unter Berücksichtigung weiterer Betriebsausgaben i.H.v. 370.638 DM festgesetzt. Dem Beklagten wird aufgegeben, den Steuerbetrag unter Beachtung der Ausführungen unter Nr. 2 der Entscheidungsgründe (S. 15 ff.) zu berechnen.

2. Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, sofern nicht der Kläger Sicherheit leistet.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin, eine 1951 gegründete GmbH, gehört zur „Unternehmensgruppe S”. Sie befasst sich mit der Herstellung und dem Vertrieb von Wälzlagern und Bauelementen für Maschinen. Ihr Stammkapital i.H.v. 28.000.000 DM wird im Streitjahr zu 35 % von Herrn S und zu 65 % von der Industrieaufbaugesellschaft S KG, H, gehalten. Zur vorgenannten Gesellschaft besteht ein Organschaftsverhältnis (Bl. 117, 164 BPA, Bl. 14 DauerU). Die ABC GmbH, (künftig: ABC) ist eine Schwestergesellschaft der Klägerin. Ehemaliger Geschäftsführer der ABC war Herr K (künftig: K). Herr Z (künftig Z) war Hauptgesellschafter und Geschäftsführer der Z KG (künftig: Z-KG), die in S eine Vermittlung von Handelsgeschäften in Rohstoffen und technischen Erzeugnissen für die Hüttenindustrie betrieben hat. Der anhängige Rechtsstreit geht um die Abzugsfähigkeit von Betriebsausgaben nach § 160 AO wegen Zahlungen der Klägerin an eine mit der Z-KG in Verbindung stehende Anstalt Liechtensteinischen Rechts.

Im Zuge einer Betriebsprüfung beanstandete der Prüfer den Abzug von Betriebsausgaben und Vorsteuern, die die Klägerin im Hinblick auf Zahlungen an die Firma „X Y” mit Sitz in Liechtenstein V, (künftig: XY) geltend gemacht hatte. Der Prüfungsbericht vom 28. Juli 2000 enthält hierzu u.a. folgende Feststellungen (Bl. 206 ff. BpA):

„Im Jahre 1996 wurden durch das Landeskriminalamt auf Grund einer Anzeige Ermittlungen wegen Untreue, Steuerhinterziehung und der Beihilfe zu diesen Straftaten gegen den damaligen Geschäftsführer der ABC, K, sowie gegen Z wohnhaft in S geführt. Auf Beschluss des Amtsgerichtes wurden die Wohnungen der beiden Genannten und die Geschäftsräume der ABC durchsucht. Ausweislich des Durchsuchungsprotokolles wurden auch Geschäftsräume von Unternehmen der S-Gruppe in H durchsucht. Bei der ABC handelt es sich ab dem 21.12.1995 um eine zu 100% zur Unternehmensgruppe S gehörende Gesellschaft (Beteiligungsverhältnisse der S-Gruppe bis 21.12.1995 = 50%).

In die Ermittlungen war auch die Steuerfahndungsstelle eingeschaltet. Ausgelöst wurden die Ermittlungen durch eine Anzeige der DEF GmbH, die die ABC mit Stahlerzeugnissen beliefert hatte. Im Jahre 1991, so die Anzeige, habe der Geschäftsführer K die DEF aufgefordert die Stahlerzeugnisse nicht mehr direkt mit der Fa. ABC sondern über eine Fa. XY mit Sitz in Liechtenstein abzurechnen. Die tatsächlichen Liefervorgänge wurden jedoch weiterhin durch den bisherigen Lieferanten DEF direkt mit ABC abgewickelt. Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens ergab sich, dass die XY dem Geschäftsführer K in Zusammenhang mit diesen Geschäften auf ein Bankkonto in Luxemburg eine Vergütung von 931.875,– DM gewährt hatte. Dieser Betrag wurde zwischenzeitlich durch K an die ABC zurückerstattet und von der als Ertrag verbucht.

Im Prüfungszeitraum hat neben der ABC im Jahre 1996 auch die N OHG Zahlungen für Stahllieferungen in folgender Höhe an die XY geleistet und wie folgt steuerlich behandelt:

Betriebsausgabenabzug

Vorsteuerabzug

1996

2.059.100,34 DM

308.865,04 DM

Nach Auskunft des Bundesamtes für Finanzen ist die XY als Briefkastengesellschaft (Domizilgesellschaft) anzusehen, die in Liechtenstein selbst keinen wirtschaftlichen Aktivitäten nachgeht und dort nur formell ihren Sitz (bloßes Rechtsdomizil) hat.

Wegen des gleichgelagerten Sachverhaltes vereinbarten die Beteiligten, Unternehmensvertreter, Steuerberatung und Finanzverwaltung die rechtliche Würdigung des Sachverhaltes XY im Rahmen der Betriebsprüfung der Fa. ABC Betriebsmittelverwaltungsgesellschaft vorzunehmen. Die dort abgegebenen Erklärungen sowie Entscheidungen der Finanzverwaltung sollten inhaltlich auf die N übertragen werden.

Durch die Betriebsprüfung wurde die ABC sowie deren Steuerberatung in mehreren Besprechunge...

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