Entscheidungsstichwort (Thema)

Größenmerkmal des § 7g Abs. 2 EStG bei land- und forstwirtschaftichen Betrieben in den neuen Bundesländern. keine Einbeziehung von Pachtflächen. Unwirksamkeit einer Klagerücknahme durch einen Angehörigen der rechts- und steuerberatenden Berufe

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nach § 7g Abs. 2 Nr. 1 b) EStG können Ansparabschreibungen nur gebildet werden, wenn der Einheitswert des Betriebs der Land- und Forstwirtschaft, zu dessen Anlagevermögen das Wirtschaftsgut gehört, im Zeitpunkt der Anschaffung oder Herstellung des Wirtschaftsguts nicht mehr als 240.000 Deutsche Mark (122.710 Euro) beträgt. Jedenfalls für die Streitjahre (1997 bis 2001) sieht der Senat (noch) keine Anhaltspunkte für eine mögliche Verfassungswidrigkeit der durch § 125 Abs. 4 S. 1 BewG angeordneten Anwendung eines vereinfachten Bewertungsverfahrens in den neuen Bundesländern.

2. Der Senat ist der Überzeugung, dass die Regelungen der Gleichlautenden Ländererlasse v. 11.11.1990 (BStBl I 1990, 833 ff.) zur Ermittlung des Ersatzwirtschaftswerts zumindest bei der Berechnung der Größenmerkmale des § 7g Abs. 2 EStG nicht angewendet werden können, da es deren Grundlagen an Bestimmtheit und Klarheit mangelt.

3. Aufgrund der mangelnden Bestimmtheit sowie aus der Nichtnachvollziehbarkeit der Grundlagen der diesbezüglichen Gleichlautenden Erlasse der Finanzverwaltung müssen land- und forstwirtschaftliche Betriebe in den alten und in den neuen Bundesländern bei der Gewährung von Ansparabschreibungen nach § 7g Abs. 3 EStG gleichgestellt werden.

4. Auch bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben in den neuen Bundesländern sind in die Berechnung des Größenmerkmals des § 7g Abs. 2 EStG nur Eigentumsflächen einzubeziehen; Pachtflächen haben außer Betracht zu bleiben.

5. Gerichtliche Rechtsfortbildungen, die zu Steuervergünstigungen führen, sind zulässig.

6. Auch bei einem Angehörigen der rechts- und steuerberatenden Berufe ist eine unzulässige Beeinflussung durch die Behörde oder das Gericht, die eine Unwirksamkeit der Klagerücknahme zur Folge haben kann, grundsätzlich denkbar, wenn auch auf Ausnahmefälle beschränkt.

 

Normenkette

EStG § 7g Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b, Abs. 3, § 57 Abs. 3; BewG § 125 Abs. 4, 6, § 40 Abs. 2; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3; FGO § 72 Abs. 2 S. 3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 22.06.2017; Aktenzeichen VI R 97/13)

 

Tenor

Abweichend von den Feststellungsbescheiden 1997 bis 2001 vom 30. März 2004 wird der Gewinn der Klägerin unter Berücksichtigung einer Rücklage nach § 7g Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) festgestellt, und zwar

für das Wirtschaftsjahr 1997/1998 in Höhe von 80.000 DM,

für das Wirtschaftsjahr 1998/1999 in Höhe von 222.000 DM,

für das Wirtschaftsjahr 1999/2000 in Höhe von 300.000 DM und

für das Wirtschaftsjahr 2000/2001 in Höhe von 298.000 DM.

Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme einer Ansparabschreibung gemäß § 7g Abs. 3 EStG in der in den Streitjahren gültigen Fassung erfüllt.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft unterhält (lt. BP-Bericht „gemischte Landwirtschaft”). Die Milchviehhaltung (… Kühe, davon … Milchkühe) findet ausschließlich in Gebäuden statt, die im Eigentum der Klägerin stehen. Auf eigenen Flächen mit etwa 20 ha und auf hinzugepachteten Flächen von etwa 500 ha betreibt die Klägerin teilweise Ackerbau und teilweise Grünlandbewirtschaftung. Sie ist gemäß § 141 Abgabenordnung (AO) buchführungspflichtig und ermittelt ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich bei einem abweichenden Wirtschaftsjahr (01.07. bis 30.06.). Erstmalig im Wirtschaftsjahr 1997/1998 bildete die Klägerin in ihrer Bilanz eine Rücklage gemäß § 7g Abs. 3 EStG für künftige Anschaffungen verschiedener Wirtschaftsgüter und passivierte in den folgenden Jahren weitere Beträge bzw. löste Teile der Rücklage ordnungsgemäß auf.

Mit Bescheid vom 11. Dezember 1995 wurde der Grundsteuermessbetrag auf den 01. Januar 1994 nachveranlagt. Für die landwirtschaftliche Nutzung (ohne Hopfen und Spargel) wurde ein Ersatzwirtschaftswert von 704.329,00 DM (abgerundet 704.300,00 DM) ermittelt.

Der Beklagte stellte die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft für die Streitjahre 1997 bis 2001 zunächst antragsgemäß fest. Die Feststellungen führte er jeweils unter dem Vorbehalt der Nachprüfung durch.

2003 fand bei der Klägerin eine Betriebsprüfung statt, bei der auch die Gewinnfeststellungen der Streitjahre geprüft wurden. Der Prüfer war der Ansicht, dass die Voraussetzungen für eine Rücklagenbildung nach § 7g Abs. 3 EStG nicht gegeben seien, da der zu Grund...

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