Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeldes

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger erhielt seit Januar 1996 für seine Tochter Kathleen Kindergeld nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes (EStG), da die im Oktober 1969 geborene Tochter an einer Umschulung zur Steuerfachgehilfin teilnahm. Die Tochter bezog im Januar 1996 Unterhaltsgeld von DM 167,40 und anschließend von DM 174,– je Woche. Am 5. Juli 1996 heiratete die Tochter. Der Netto-Verdienst des Ehemannes belief sich auf monatlich DM 3.129,81; die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung betrugen DM 392,86, die Zuschüsse des Arbeitgebers hierzu DM 196,44.

Der Beklagte hob durch Bescheid vom 18. September 1996 die Kindergeldfestsetzung mit Wirkung vom 1. Januar 1996 nach § 70 Abs. 2 EStG auf, weil die eigenen Einkünfte und Bezüge der Tochter einschließlich der von ihrem Ehemann geleisteten Unterhaltsleistungen die Einkommensgrenze überstiegen. Der Beklagte forderte gleichzeitig das Kindergeld für die Monate Januar bis Juli 1996 von DM 1.400,– zurück. Den hiergegen gerichteten „Widerspruch” vom 14. Oktober 1996 wies der Beklagte mit Einspruchsbescheid vom 12. Februar 1997 zurück.

Der Kläger hat am 13. März 1997 Klage erhoben. Er macht geltend, der Beklagte habe die Kindergeldfestsetzung erst ab August 1996 aufheben dürfen. Die in § 70 Abs. 2 EStG vorausgesetzte Änderung der Verhältnisse sei mit der Heirat der Tochter im Juli eingetreten. Vom Zeitpunkt der Eheschließung an könne die Tochter kindergeldrechtlich nicht mehr berücksichtigt werden, da sie sich den gegen den Ehegatten gerichteten Unterhaltsanspruch zurechnen lassen müsse und infolge dessen die Einkommensgrenze überschritten werde. Da bei der Überprüfung des Kindeseinkommens diejenigen Einkünfte und Bezüge außer Ansatz blieben, die auf Kalendermonate entfielen, in denen das Kindergeld infolge Überschreitens der Einkommensgrenze nicht mehr gewährt werden könne, sei ihm –dem Kläger– das Kindergeld für die Monate Januar bis Juli zu belassen. Daß eine solche monatliche Betrachtung erforderlich sei, ergebe sich zum einen aus der monatlich laufenden Zahlung des Kindergeldes, zum anderen aus der zeitanteiligen Ermäßigung des Jahreseinkommengrenze für Kalendermonate, in denen die Voraussetzungen für eine Berücksichtigung des Kindes nicht vorgelegen haben. Nach den bürgerlich-rechtlichen Vorschriften stünden der Tochter im übrigen nur 3/7 der Differenz zwischen den Einkommen der Eheleuten als Unterhaltsanspruch zu.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid vom 18. September 1996 in Gestalt des Einspruchsbescheids vom 12. Februar 1997 dahingehend abzuändern, daß die Kindergeldfestsetzung ab 1. August 1996 aufgehoben und der Rückforderungsbescheid vom selben Tag aufgeheben wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hält als Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung nunmehr § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) für einschlägig.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

I. Da die Tochter des Klägers im Oktober 1996 das 27. Lebensjahr vollendet hatte, bestand für die Monate Januar bis Oktober 1996 unter den weiteren Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 EStG (i.V. mit §§ 62 Abs. 1 Nr. 1, 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 u. Satz 2 EStG) ein Anspruch auf Kindergeld. Nach dieser Vorschrift wird ein über 18 Jahre altes Kind u.a. berücksichtigt, wenn es noch nicht das 27. Lebensjahr vollendet hat und – wie die Tochter des Klägers – für einen Beruf ausgebildet wird (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a EStG). Voraussetzung ist noch, daß das Kind Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, von nicht mehr als DM 12.000,– im Kalenderjahr hat. Dieser Betrag ermäßigt sich für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für eine Berücksichtigung nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 2 EStG nicht vorliegen, um ein Zwölftel (§ 32 Abs. 4 Satz 2 ff. EStG).

Die Einkünfte der Tochter und die ihr als eigene Einkünfte zuzurechnenden Unterhaltsleistungen des Ehemannes überschritten im Streitjahr 1996 die unschädliche Grenze von DM 10.000,– (10/12 von DM 12.000,–). Unter Bezügen, die zur Bestreitung des Unterhalts bestimmt oder geeignet sind, gehören nach der Rechtsprechung alle Einnahmen, die nicht im Rahmen der einkommensteuerrechtlichen Einkunftsermittlung erfaßt werden, also nichtsteuerbare und für steuerfrei erklärte Einnahmen (Bundesfinanzhof – BFH – Urteile vom 31. Juli 1981 VI R 67/78, Entscheidungen des Bundesfinanzhofs – BFHE – 134, 273, Bundessteuerblatt – BStBl. – II 1981, 805; vom 17. Oktober 1980 VI R 98/77, BFHE 132, 34, BStBl. I 1981,158 und vom 7. März 1986 III R 177/80, BFHE 146,386, BStBl. II 1986, 554). Hierunter fallen auch Unterhaltsleistungen, die einem in Berufsausbildung stehenden Kind von seinem Ehegatten gewährt werden. Der angemessene Unterhalt der Familie, zu dem die Ehegatten gegenseitig beizutragen haben, umfaßt dabei alle...

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