Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung einer privatrechtlichen inländischen Stiftung für abzuführende Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag aus der Tätigkeitsvergütung ihres Vorstandes

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine privatrechtliche inländische Stiftung haftet als Arbeitgeberin für nicht einbehaltene, nicht abgeführte Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag aus der Tätigkeitsvergütung ihres Vorstandes.

Die Tätigkeitsvergütung eines Stiftungsvorstandes ist abkommensrechtlich nicht anders zu behandeln, als die des Vorstandes einer Aktiengesellschaft (analoge Anwendung von Art. 16 Abs. 2 DBA-Türkei).

 

Normenkette

EStG § 19 Abs. 1, § 38 Abs. 3 S. 1, § 41a Abs. 1 Nr. 2, § 42d Abs. 1 Nr. 1, § 50 Abs. 5 S. 1; LStDV § 1 Abs. 2-3; DBA-Türkei Art. 3 Abs. 1 Buchst. d, Art. 16 Abs. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 18.09.2007; Aktenzeichen I R 93/06)

BFH (Urteil vom 18.09.2007; Aktenzeichen I R 93/06)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die Klägerin als privatrechtliche inländische Stiftung für das 2. Halbjahr 1999 Lohnsteuer in Bezug auf die Tätigkeitsvergütung ihres einzigen Vorstandes einzubehalten und an den Beklagten abzuführen verpflichtet gewesen ist und deshalb wegen Nichteinbehaltung und Nichtabführung dieser Abgaben für die Fehlbeträge als Arbeitgeberin haftet.

Die Klägerin ist eine inländische, gemeinnützige Stiftung i. S. von §§ 80 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB - i.V.m. §§ 52 ff. der Abgabenordnung (AO 1977) mit Sitz in Berlin. Gegenstand der Stiftung ist die Aus- und Weiterbildung. Vorstand der Stiftung ist Herr xxx. Geschäftsführer sind Herr xxx sowie Frau xxx. Herr xxx hatte bis zum 31. Dezember 1997 seinen Wohnsitz in Deutschland inne. Während des gesamten Jahres 1998 und im 1. Halbjahr des Streitjahres 1999 befand sich sein Wohnsitz in xxx (Spanien). Ab dem 1. Juli 1999 hatte er seinen Wohnsitz in xxx (Republik Türkei). Herr xxx übte seine nichtselbständige Leitungstätigkeit für die Klägerin sowohl im Inland als auch im Ausland aus. Das Gehalt für seine Leitungstätigkeit wurde in Deutschland berechnet und ausgezahlt. Es betrug monatlich 11 181,25 DM. Diesbezüglich nahm die Klägerin in den Jahren 1998 bis 2000 keinen Lohnsteuereinbehalt vor.

In dem zwischen der Klägerin und Herrn xxx im Jahr 1994 geschlossenen Anstellungsvertrag heißt es u.a.:

"§ 4 - Probezeit und Kündigungsfristen

...... Der Arbeitsvertrag endet mit Erreichen des Rentenalters, ohne daß es einer besonderen Kündigung bedarf.

§ 5 - Arbeitszeit und Urlaub

Die tägliche Arbeitszeit beträgt 8 Stunden. .... Der Sonnabend bliebt grundsätzlich frei.

Der Jahresurlaub beträgt 30 Arbeitstage ......".

Im 2. Halbjahr 2001 führte der Beklagte bei der Klägerin eine Lohnsteuer-Außenprüfung durch (vgl. berichtigter Bericht vom 10. Mai 2002). Dabei vertrat er die Auffassung, dass das Gehalt des Herrn xxx gemäß Art. 16 Abs. 2 des Doppelbesteuerungsabkommens mit der Republik Türkei vom 16. April 1985 (BGBl. 1989 II S. 867; DBA Türkei) ab dem 1. Juli 1999 der inländischen Lohnsteuereinbehaltungspflicht seitens der Klägerin unterliege (Tz. 3 des o.g. Berichts).

Der Bericht vom 10. Mai 2002 enthält in Anlage 3 folgende Zusammenstellung der Prüfungsergebnisse, wobei Haftungsbeträge mit Leistungsgebot (§ 254 Abs. 1 AO 1977) und ohne Leistungsgebot mit "H+" bzw. "H -" sowie Schuldbeträge mit " S" gekennzeichnet wurden:

Kj.

Lohnsteuer

Tz. 3

1998

H-

558,33 EUR

" 3

1999

H-

9 331,08 EUR

" 3

2000

H-

22 894,12 EUR

Gesamt H-

32 783,52 EUR

Tz. 2

1999

H+

1 432,12 EUR

" 1

2000

H+

57,26 EUR

Gesamt H+

1 489,38 EUR

Tz. 4

1999

S

122,71 EUR

Daraufhin erließ der Beklagte am 11. Juni 2002 gegenüber der Klägerin einen auf § 42 d des Einkommensteuergesetzes - EStG - gestützten Haftungsbescheid, mit dem er die Klägerin wegen der nicht erhobenen Lohnsteuer zuzüglich Solidaritätszuschlag betr. den Sachverhalt Tz. 3 des Prüfungsberichts in Haftung nahm (ohne Bekanntgabe eines Leistungsgebots i. S. von § 254 Abs. 1 AO 1977, weil zunächst das Finanzamt Neukölln-Nord als Spezialfinanzamt für die Besteuerung von beschränkt Steuerpflichtigen wegen einer möglichen Einbeziehung der diesbezüglichen Prüfungsfeststellungen in die Besteuerung von Herrn xxx per Kontrollmitteilung von dem Sachverhalt unterrichtet werden sollte). Während des gegen die Haftung für Lohnsteuer 1999 gerichteten Einspruchsverfahrens erging am 20. September 2002 ein nach § 129 der Abgabenordnung (AO 1977) geänderter Haftungs- und Nachforderungsbescheid, mit dem die Prüfungsfeststellungen gemäß Tz. 1 uns 2 sowie 4 ergänzend ausgewertet wurden (zusätzlicher Haftungsbetrag für die Jahre 1999 und 2000, der mit einem Leistungsgebot verbunden wurde, in Höhe von 1 489,38 EUR sowie zusätzlich Nachforderungsbetrag in Bezug auf Tz. 4 des Berichts in Höhe von 122,71 DM). Beiden Bescheiden war jeweils der berichtigte Prüfungsbericht vom 10. Mai 2002 beigefügt, auf den in den Bescheiden jeweils auch ausdrücklich Bezug genommen wurde. In einer Anlage zum Bescheid vom 20. September 2002 heißt es u.a.: "Der Einspruch gegen den Haftungs...

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