Entscheidungsstichwort (Thema)

Investitionszulage: Verletzung der Bindefristen bei Produktionsunterbrechung von mehr als einem Jahr

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine Produktionsunterbrechung von mehr als einem Jahr führt zu einer Verletzung der investitionszulagenrechtlichen Bindefristen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 InvZulG 1999. Dies gilt auch bei einer nur geringfügigen Überschreitung dieses Zeitraums (im Streitfall um zehn Tage).

2. Auch die Verlängerung der Bindefristen von drei auf fünf Jahre für ab dem 1.1.2000 begonnene Investitionen kann nicht zu einer Verlängerung der Jahresfrist führen.

3. Offen bleiben konnte, ob es bei einer nicht von vornherein als vorübergehend angelegten Produktionsunterbrechung – im Streitfall wegen Eröffnung des Insolvenzverfahrens – überhaupt einen unschädlichen Zeitraum geben kann.

 

Normenkette

InvZulG 1999 § 2 Abs. 1 S. 1

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob eine Betriebsunterbrechung von einem Jahr und zehn Tagen zu einer Verletzung der Bindefristen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Investitionszulagengesetzes – InvZulG – 1999 führt.

Die … GmbH erhielt für Investitionen auf ihrem … in … in den Jahren 1999 bis 2002 Investitionszulagen nach § 2 InvZulG 1999. Am 1. Juni 2004 wurde durch Beschluss des Amtsgerichts … (Az. …/04) über das Vermögen der … GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Der … betrieb wurde in … am 21. Juni 2004 eingestellt. Gleichzeitig wurden die Mitarbeiter der … GmbH in … von ihrer Arbeitsverpflichtung freigestellt und unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist gekündigt. Ab dem 1. Juli 2005 wurde der … aufgrund eines am 28. Juni 2005 geschlossenen Pachtvertrages an einen Dritten verpachtet und der … betrieb wieder aufgenommen. Am 11. Januar 2006 kaufte der Pächter den ….

Wegen der Einstellung des …betriebs forderte der Beklagte die für die Jahre 1999 bis 2002 gewährten Investitionszulagen zurück und meldete die Forderungen zur Insolvenztabelle an. Der Kläger bestritt diese Forderungen im Prüfungstermin.

Mit Bescheid vom 24. November 2004 stellte der Beklagte daraufhin folgende Insolvenzforderungen nach § 251 Abs. 3 AO i. V. m. § 179 Abs. 1 Insolvenzordnung – InsO – fest:

– Investitionszulage 1999

EUR 13.393,29 (fällig 1.6.2004)

– Investitionszulage 2000

EUR 479.871,46 (fällig 1.6.2004)

– Investitionszulage 2001

EUR 851.979,98 (fällig 1.6.2004)

– Investitionszulage 2002

EUR 208.632,55 (fällig 1.6.2004)

In den festgestellten Insolvenzforderungen waren keine Zinsforderungen enthalten. Den gegen den Feststellungsbescheid gerichteten Einspruch wies der Beklagte mit der Einspruchsentscheidung vom 16. Dezember 2005 als unbegründet zurück.

Nachdem der Kläger am 20. Dezember 2005 Klage eingereicht hatte, erließ der Beklagte am 28. Juni 2006 einen geänderten Feststellungsbescheid. Es sei nicht berücksichtigt worden, dass für die vor dem 1. Januar 2000 begonnenen Investitionen eine dreijährige Bindefrist gelte. Der Beklagte minderte die Insolvenzforderungen wie folgt:

– Investitionszulage 1999

EUR 13.393,29 (fällig 1.6.2004)

– Investitionszulage 2000

EUR 439.522,86 (fällig 1.6.2004)

– Investitionszulage 2001

EUR 805.707,04 (fällig 1.6.2004)

– Investitionszulage 2002

EUR 208.632,55 (fällig 1.6.2004)

Der Kläger macht geltend, dass die Bindefristen nicht verletzt worden seien und deshalb kein Anspruch auf Rückzahlung der Investitionszulage bestehe. Trotz der Betriebsunterbrechung komme es allein darauf an, dass die Anlagegüter jederzeit einsetzbar gewesen seien. Dies könne von dem Zeugen Z bestätigt werden. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs – BFH –, wonach eine Betriebsunterbrechung von mehr als zwölf Monaten schädlich sei, sich auf eine Bindefrist von nur drei Jahren beziehe. Aufgrund der Verlängerung der Bindefristen auf fünf Jahre müsse auch die vom BFH genannte Frist von zwölf Monaten verlängert werden.

Der Kläger beantragt,

den Feststellungsbescheid vom 24. November 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16. Dezember 2005 und des Änderungsbescheids vom 28. Juni 2006 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er macht unter Verweis auf des Urteil des BFH vom 7. März 2002 (III R 41/98, Bundessteuerblatt – BStBl – II 2002, 582) geltend, dass eine Produktionsunterbrechung von mehr als zwölf Monaten die Bindefristen verletze. Außerdem handele es sich im Streitfall nicht um eine Produktionsunterbrechung aus betriebswirtschaftlichen Gründen, sondern um eine Produktionsunterbrechung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens. Die Rückforderung der Investitionszulage 1999 betreffe Anzahlungen für die Anschaffung einer …maschine, die zu einer am 18. Januar 2002 fertig gestellten Verpackungslinie gehöre.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags nimmt das Gericht auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze einschließlich sämtlicher Anlagen sowie auf die beigezogenen Steuerakten Bezug. Dem Gericht lagen ein Band Investitionszulagenakten, eine Heft...

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