Entscheidungsstichwort (Thema)

Ablösung von durch ein Darlehen verursachten Schuldzinsen als „Tilgung eines Darlehens” im Sinne des § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Mit der Anknüpfung „Tilgung eines Darlehens” beschränkt sich § 92a Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 EStG nicht notwendigerweise gerade nur auf die Zurückführung des eigentlichen Kreditbetrages bzw. des/der (echten) Darlehens(-valuta). Auch die Ablösung der mit dem Darlehen verbundenen Soll- und Schuldzinsen kann eine „Tilgung eines Darlehens” im Sinne des § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG darstellen.

2. Das FG-Urteil wurde durch das Urteil, BFH, Urteil v. 16.2.2022, X R 20/20 aufgehoben.

 

Normenkette

EStG 2018 § 82 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 92a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Alt. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 16.02.2022; Aktenzeichen X R 20/20)

 

Tenor

Der (Rückzahlungs-)Bescheid vom 5. Oktober 2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23. Juli 2019 wird aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens werden der Beklagten auferlegt.

Die Zuziehung einer Bevollmächtigten zum Vorverfahren durch den Kläger wird für notwendig erklärt.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der dem Kläger zu erstattenden außergerichtlichen Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Rückforderung von Altersvorsorgevergünstigungen.

Mit Bescheid vom 5. Oktober 2018 (Streitakte [Str.-A.], Blatt [Bl.] 12 ff.) setzte die Beklagte gegenüber dem Kläger gestützt auf § 94 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) einen (Altersvorsorgevergünstigungs-)Rückzahlungsbetrag in Höhe von insgesamt 3.902,91 EUR fest. Der Kläger habe eine in Höhe von 6.192,42 EUR an ihn gegangene Teilauszahlung seines geförderten Altersvorsorgevermögens nicht zu wohnungswirtschaftlichen Zwecken, das heißt [d.h.] im Rechtssinne (zulagen-)schädlich verwandt. So sei es zu keiner Selbstnutzung derjenigen Eigentumswohnung von ihm gekommen, für die er die Entnahme eines Altersvorsorge-Eigenheimbetrages beantragt habe.

Der Kläger erhob umgehend Einspruch (Str.-A., Bl. 19). Zu dessen Begründung reichte er verschiedene Nachweise/Unterlagen dafür nach, die fragliche Eigentumswohnung doch zu eigenen Wohnzwecken hergenommen zu haben.

Unter dem 11. Februar 2019 hielt die Beklagte dem Kläger nunmehr vor, es lasse sich nicht davon sprechen, dass er (Kläger) die bezeichneten Auszahlungsmittel im Sinne von § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zur Tilgung eines für die Anschaffung oder Herstellung seiner Eigentumswohnung aufgenommenen Darlehens (altersvorsorgezulagen-)begünstigt eingesetzt haben sollte. Soweit seine Zahlungen auf ein ihm zur Nr. …-351 gewährtes Darlehen einer Bausparkasse bezogen gewesen seien, hätten sie nicht als (Kredit-)Tilgungsleistung der Rückzahlung des eigentlichen Darlehensbetrages, sondern nur den mit der Darlehensgewährung verbundenen Sollbeziehungsweise [bzw.] Schuldzinsen gegolten.

Mit Einspruchsentscheidung vom 23. Juli 2019 (Str.-A., Bl. 24 ff.), ausweislich des entsprechenden Stempels des Postdienstes in den Postverkehr gelangt am 26. Juli 2019 (Str.-A. im parallelen vorläufigen Rechtsschutzverfahren zum Aktenzeichen [Az.] 15 V 10228/19, Bl. 27), wies die Beklagte den Einspruch nunmehr förmlich als unbegründet zurück. Die in § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG angesprochene (Darlehens-)Tilgung lasse sich nur auf den eigentlichen Kreditbetrag beziehen, nicht aber auch auf Zinsen, die regelmäßig als Nebenforderungen zusätzlich zur Tilgung zu bezahlen seien. So dienten Zinsen im Gegensatz zur Tilgung nicht der Rückzahlung eines Darlehens, sondern zählten zu den Geldbeschaffungskosten. Die Begleichung von Schuldzinsen sei nach § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG steuerlich nicht begünstigt.

Hierauf reichte der Kläger am 29. August 2019 Klage ein. Er hebt hervor, dass sich der Begriff der Darlehenstilgung in § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG nicht derart einengen lasse, dass nur die Zurückführung des einem Immobiliendarlehen zugrundeliegenden eigentlichen Kreditbetrages zulagenunschädlich bleiben könne. Da Soll- bzw. Schuldzinsen einen festen Bestandteil jeglicher üblichen Immobilienfinanzierungen bildeten, müsste es als sachfremd anmuten, Zahlungen auf solche Zinsverbindlichkeiten von einer zulagenbegünstigten Darlehenstilgung im Sinne von § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ausnehmen zu wollen.

Der Kläger, der laut Beschluss des Senats vom 13. November 2019 (Az.: 15 V 10228/19) mit seinem parallelen vorläufigen Rechtsschutzbegehren Erfolg hatte, beantragt,

den (Rückzahlungs-)Bescheid vom 5. Oktober 2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23. Juli 2019 aufzuheben und

die Zuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen und hilfsweise die Revision zuzulassen.

Sie stützt ihre Rechtsverteidigung an erster Stelle wiederholend und vertiefend auf die von ihr nach wie vor für r...

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