Entscheidungsstichwort (Thema)

Inländische Betriebsstätte bei Vermietung und Verpachtung inländischen Grundbesitzes. Managementgesellschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Vermietete oder verpachtete Grundstücke oder Gebäude begründen keine Betriebsstätte des Vermieters oder Verpächters im Sinne von § 12 Satz 1 AO.

2. Für die Bejahung einer inländischen Betriebsstätte im Sinne von § 12 Satz 1 AO genügt jedoch die bloße – vertraglich abgesicherte – Wahrnehmung dispositiver Aufgaben durch eine im Quellenstaat ansässige Dienstleistungs- bzw. Managementgesellschaft vor Ort in deren Geschäftsräumen.

3. Managementgesellschaft in diesem Sinne ist eine Verwaltungsgesellschaft, der hinsichtlich der inländischen Liegenschaft sämtliche Arbeiten in Bezug auf Neuabschluss oder Kündigung von Mietverträgen, Stellung von Mieterhöhungsverlangen, Abschluss und Kündigung von Dienst- und Werkverträgen (z.B. über Hausmeistertätigkeiten, Reinigungsarbeiten, Reparaturen etc.), Erteilung von Aufträgen an Handwerker und Baufirmen (einschließlich der Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen und Zurückbehaltungsrechten), Verhandlungen mit Kreditinstituten, Finanzämtern, Behörden und Gerichten übertragen sind.

 

Normenkette

GewStG § 2 Abs. 1; AO § 12 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 23.03.2022; Aktenzeichen III R 35/20)

 

Tenor

Der Gewerbesteuermessbetrag 2013 wird unter Änderung des Bescheides vom 12. August 2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28. Februar 2017 dahingehend festgesetzt, dass der Gewinn aus Gewerbebetrieb um 1 914,28 EUR gekürzt wird. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die Klägerin im Streitjahr 2013 gewerbesteuerpflichtig gewesen ist oder nicht.

Die Klägerin, ein Unternehmen in der Rechtsform einer GmbH, wurde durch Vertrag vom 4. Juni 2008 (UR-Nr. …/2008 des Notars B. aus C…) mit Sitz in C… gegründet und am ….2009 in das Handelsregister beim Amtsgericht C… eingetragen. Satzungsmäßiger Unternehmensgegenstand war zunächst „die Verwaltung D…”. Das Stammkapital der Gesellschaft betrug 25 000,00 EUR. Alleinige Gesellschafterin war die E… GmbH. Alleiniger Gesellschafter war zunächst Herr F… mit Geschäftssitz in C….

Mittels Vertrag vom … 2009 (UR-Nr. …/2009 des o. g. Notars) trat die E… GmbH sämtliche Gesellschaftsanteile an der Klägerin gegen Zahlung eines Kaufpreises in Höhe von 27 000,00 EUR an die G… AG mit Sitz in H… (Schweiz) ab. Am selben Tag wurde der satzungsmäßige Unternehmensgegenstand in „Verwaltung I…” geändert. Zum neuen alleinigen Geschäftsführer wurde Herr J… berufen.

Die steuerliche Beratung und Vertretung der Klägerin übernahm StB K… aus C….

Auf die schriftliche Frage seitens des FA L… nach dem Ort der Geschäftsleitung der Klägerin antwortete Herr J… mit Schreiben vom 20. April 2009, dass sich dieser im Gebäude M…-straße in C… befinde (s. a. Angaben der GmbH zur Gründung einer Kapitalgesellschaft auf dem entsprechenden Vordruck der Finanzverwaltung). Eine Nachfrage des Beklagten ergab, dass dort kein eigenes Klingelschild für die Klägerin und kein Mietvertrag über die Anmietung von Büroräumen existierte.

Die Klägerin erwarb mit Vertrag vom 26. Mai 2009 Frau N… mit Wohnsitz in O… das mit einem Wohn- und Geschäftshaus bebaute Grundstück (Fläche: 932 qm) in der P…-straße in C… zu einem Kaufpreis in Höhe von 790 000,00 EUR. Die Wohn-/Nutzfläche betrug 1408,00 qm.

Der Kaufpreis wurde in voller Höhe fremdfinanziert (vgl. Bilanz zum 31. Dezember 2009). Im Folgejahr wurde eine Grundschuld in Höhe von 1 550 000,00 EUR im Grundbuch von C… betr. das streitgegenständliche Grundstück zugunsten der Q… Bank AG eingetragen. In der Bilanz zum 31. Dezember 2010 wurden Verbindlichkeiten der Klägerin gegenüber drei Banken (Q… Bank AG, R… Bank AG und S… Bank AG) im Umfang von insgesamt 1 535 508,01 EUR passiviert.

Die Klägerin, vertreten durch ihren späteren Geschäftsführer T…, erteilte einer am 17. Januar 2007 gegründeten U… GmbH, V…-straße, C…, vertreten durch deren Geschäftsführer W…, unter dem Datum „28.11.2009” eine schriftliche „Hausverwaltungsvollmacht” bezüglich der vorgenannten Liegenschaft. Darin heisst es u.a.:

„Die Eigentümerin bevollmächtigt die Verwalterin unter ausdrücklicher Befreiung von den Vorschriften des § 181 BGB, alle Rechtsgeschäfte für sie abzuschließen und verbindliche Erklärungen abzugeben, die das Verwaltungsobjekt betreffen.

Die Verwalterin vertritt die Eigentümerin gegenüber Arbeitnehmern, Mietern, Behörden und sonstigen dritten Personen und Beteiligten, soweit geltend zu machende Ansprüche das Verwaltungsobjekt betreffen. Diese Vollmacht erstreckt sich auf die Vornahme einseitiger Rechtsgeschäfte nach § 174 BGB, insbesondere auf die Anmahnung und juristische Durchsetzung rückständiger Mieten und Umlagen.

Die Vollmacht umfasst insbesondere auch:

  1. sämtliche Rechte und Pflichten aus bestehenden oder neuen Miet- und Pachtverhältnissen, einschließlich des Neuabschlusses, der ...

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