Entscheidungsstichwort (Thema)

Einheitsbewertung eines von einer Versicherung genutzten, aber nicht besonders versicherungstechnisch ausgestatteten Bürogebäudes im Ertragswertverfahren

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein von einer Versicherung genutztes, aber nicht besonders versicherungsspezifisch gestaltetes Bürogebäude, das auch kein größeres Verwaltungsgebäude i. S. d. Abschnitt 16 Abs. 6 S. 3 BewRGr darstellt, ist grundsätzlich im Ertragswertverfahren zu bewerten, wenn es zum Hauptfeststellungszeitpunkt bereits eine hinreichende Anzahl vergleichbar großer und vermieteter Bürogebäude gab (Anschluss an das in der Streitsache ergangene BFH-Urteil II R 36/05 v. 16.5.2007).

2. Für die Frage, ob ein Geschäftsgrundstück zu einer Gruppe gehört, die nach § 76 Abs. 3 Nr. 2 BewG im Sachwertverfahren zu bewerten ist, gibt die Aufstellung in Abschn. 16 Abs. 6 und 7 BewRGr über die im Sachwertverfahren zu bewertenden Gruppen von Geschäftsgrundstücken einen Erfahrungssachverhalt wieder, den die Gerichte ihren Entscheidungen grundsätzlich ohne weitere Sachverhaltserforschung zugrunde legen können und dem die Bedeutung eines Beweises des ersten Anscheins zukommt. Ein normales Bürogebäude ohne versicherungsspezifische Gestaltung ist daher nicht nach Anschn. 16 Abs. 6 S. 3 BewRGr wie ein Versicherungsgebäude nach dem Sachwertverfahren zu bewerten.

3. Auch wenn das streitige Bürogebäude über Baulichkeiten wie Kelleraußenschächte, Sprinkleranlagen, wasserdruckhaltende Gebäudeabdichtungen, schalldämmende Maßnahmen an den Decken, Teppichboden bzw. hochwertiges PVC, Massivtreppen, Isolierverglasung, bessere glatte Türen bzw. Türen mit Glasfüllungen und besseren Beschlägen sowie eine aufwändige Elektroinstallation mit anliegenden Medienleitungen und Fernheizung verfügt, sind darin keine tatsächlichen Umstände zu sehen, die eine Bewertung im Sachwertverfahren rechtfertigen könnten.

 

Normenkette

BewG 1991 § 76 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 2, § 75 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3, § 79 Abs. 2; BewRGr Abschn. 16 Abs. 6 Sätze 2-5

 

Tenor

Der Einheitswertbescheid auf den 1. Januar 2000 vom 17. November 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. Dezember 2002 wird aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens zum Aktenzeichen des Bundesfinanzhofs II R 36/05 werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

Die Sache befindet sich im zweiten Rechtsgang.

Die Klägerin ist Erbbauberechtigte des Grundstücks B. in C.. Es handelt sich um ein Geschäftsgrundstück, auf dem sich ein im Jahr 1993 fertig gestelltes – im Streitzeitraum an die E. vermietetes – Bürogebäude befindet. Das Gebäude besteht aus einem zweigeschossigen unterirdischen Keller- und Tiefgaragenbereich mit 3.241 m³ umbauten Raumes (Bauteil 1) und einem auf rund der Hälfte dieses Bauteils errichteten fünfstöckigen Bürogebäude mit 13.170 m³ umbauten Raumes (Bauteil 2). Rund ein Viertel der Fläche des Bauteils 1 entfällt auf Lagerräume nebst zugehöriger Verkehrsfläche. Wegen der weiteren Einzelheiten nimmt das Gericht auf die bei den Einheitswertakten befindlichen Baupläne sowie auf Bl. 90 f. der Einheitswert- und Grundsteuerakte – EW-Akte – Band I (wegen der Ausstattung der Bauteile) Bezug.

Das seinerzeit zuständige Finanzamt bewertete das Erbbaurecht mit Einheitswertbescheid vom 17. März 1995 auf den 1. Januar 1994 als Geschäftsgrundstück im Sachwertverfahren und ordnete den Bauteil 1 der Gebäudeklasse 8.62 (Parkhäuser – Tiefgaragen – mit mittlerer Ausstattung) der Anlage 15 zu Abschnitt 38 der Richtlinien für die Bewertung des Grundvermögens – BewRGr – mit einem Raummeterpreis von 66 DM (Gebäudewert 261.091 DM) und den Bauteil 2 der Gebäudeklasse 7.3 der Anlage 15 (Bank-, Versicherungs- und Verwaltungsgebäude mit guter Ausstattung) mit einem Raummeterpreis von 135 DM (Gebäudewert 1.802.325 DM) zu.

Der inzwischen zuständig gewordene Beklagte erhöhte den Einheitswert für das Erbbaurecht im Wege der fehlerbeseitigenden Wertfortschreibung (§ 22 Abs. 3 BewertungsgesetzBewG –) mit Bescheid vom 17. November 2000 auf den 1. Januar 2000 von 1.563.300 DM auf 1.732.200 DM und setzte nunmehr auch für den Bauteil 1 einen Raummeterpreis von 135 DM (Gebäudewert 490.480 DM) an.

Mit ihrem hiergegen gerichteten Einspruch trug die Klägerin im Wesentlichen vor, zwar sei in der Anlage 15 zu Abschnitt 38 BewRGr vorgesehen, dass die für das Gebäude anzusetzenden Raummeterpreise auch für die Keller gelten sollten; derartige Kellerräume seien jedoch nicht mit großflächigen Tiefgaragen gleichzusetzen.

Im Übrigen gehe es nicht nur um die Einstufung in eine bestimmte Gebäudeklasse, sondern auch um die Bewertung der Höhe nach. Auch unter dem Aspekt der anteiligen Herstellungskosten sei nicht einsehbar, dass die Tiefgaragenflächen d...

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