rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Gültigkeit der Hemmung der Verjährung wegen Betriebsprüfung bis ein Jahr nach dem Jahr der Schlussbesprechung. Anforderungen an eine Schlussbesprechung. Abgrenzung zwischen laufender Unterrichtung und Schlussbesprechung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ob eine die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 Satz 3 AO befristende Schlussbesprechung stattgefunden hat, ist nach materiellen und nicht nach formellen Gesichtspunkten zu bestimmen (entgegen § 11 Abs. 1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für die Betriebsprüfung v. 15.3.2000, BStBl 2000 I S. 368).

2. Die Schlussbesprechung bildet nicht die generelle Beendigung der Außenprüfung, sondern regelmäßig die Beendigung der Prüfungshandlungen, zeigt also an, dass die Finanzbehörde keine weitere Prüfungshandlung mehr für erforderlich hält.

3. Eine Besprechung ist als Schlussbesprechung gem. § 171 Abs. 4 Satz 3 i.V.m. § 201 AO anzusehen, wenn mit dem Gesellschafter-Geschäftsführer der geprüften GmbH, dem Mitarbeiter deren Steuerberaters sowie dem Betriebsprüfer die maßgeblichen Personen teilnehmen und Gegenstand des Gesprächs sämtliche vorläufige Prüfungsfeststellungen des Betriebsprüfers sind. Unerheblich ist die Bezeichnung der Besprechung sowie die Einräumung einer Frist zur Einreichung weiterer Unterlagen.

4. Ist das FA der Ansicht, dass eine die Merkmale einer Schlussbesprechung aufweisende Besprechung keine solche, sondern lediglich eine Zwischenbesprechung i. S. d. § 199 Abs. 2 AO ist, muss es eine (weitere) Schlussbesprechung anberaumen bzw. erkennen lassen, eine solche durchführen zu wollen. Das FA kann nicht durch die gewählte Bezeichnung bzw. Klassifizierung eines Besprechungstermins das Besteuerungsverfahren offen halten.

 

Normenkette

AO § 171 Abs. 4 S. 3, § 201 Abs. 1 S. 1, § 199 Abs. 2

 

Tenor

Die Bescheide über Körperschaftsteuer für 2000, den Gewerbesteuermessbetrag für 2000 und Umsatzsteuer für 2000, 2001 und 2002, jeweils vom … Juli 2009, sowie die zu diesen Bescheiden ergangene Einspruchsentscheidung vom … Januar 2010 werden aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte Änderungsbescheide aufgrund einer Außenprüfung erlassen durfte oder ob bereits Festsetzungsverjährung eingetreten war.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Ihr Unternehmensgegenstand ist die Beratung von Unternehmen und Einzelpersonen im Bereich der Umwelt-, Energie- und Verfahrenstechnik, die Planung von Anlagen und Einrichtungen sowie das Errichten dieser Anlagen als Generalübernehmer oder Bauherrenvertreter. Im Streitzeitraum waren Herr C Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin und Herr D Gesellschafter. Beide hielten jeweils 50 % der Anteile.

Der Beklagte führte ab dem … November 2004 bei der Klägerin eine Außenprüfung durch, die die Jahre 2000 bis 2002 betraf. Der vom Beklagten eingesetzte Prüfer teilte der Klägerin die vorläufigen Prüfungsfeststellungen in einer Besprechung im November 2004 mit. An der Besprechung nahmen auf der Seite der Klägerin ihr GesellschafterGeschäftsführer C und ein Mitarbeiter des steuerlichen Beraters der Klägerin teil. Der Prüfer gab der Klägerin Gelegenheit, nach Abschluss des Gesprächs noch weitere Unterlagen einzureichen; dies geschah jedoch nicht.

Daher erstellte der Prüfer am … Dezember 2004 den Prüfungsbericht. In dem Bericht führte der Prüfer aus, dass der Bilanzposten „Vorräte” zum 31. Dezember 2000 aufgrund der Aktivierung von Fremdleistungsaufwendungen erhöht werde (Textziffer [Tz.] 12). Zudem seien die Umsätze für die Verwendung unternehmenseigener Fahrzeuge für private Zwecke in den Jahren 2000, 2001 und 2002 zu erhöhen (Tz. 17, 18). In der Tz. 4 zu den „Allgemeinen Angaben” gab der Prüfer an, dass die letzten Ermittlungen „in 2004” stattgefunden hätten. In den Schlussbemerkungen führte der Prüfer aus, dass die Prüfungsfeststellungen während der Prüfung mit dem steuerlichen Berater der Klägerin besprochen worden seien und nach der „abschließenden Besprechung” keine weiteren Ermittlungen mehr stattgefunden hätten.

Den Prüfungsbericht übersandte der Prüfer der Klägerin mit Schreiben vom … Januar 2005 mit der Bitte um Stellungnahme. Diese erhob in der Folgezeit Einwendungen gegen die Prüfungsfeststellungen und kündigte die Einreichung von Unterlagen an. Die Übersendung von Unterlagen erfolgte jedoch nicht, trotz einer schriftlichen Aufforderung durch den Prüfer Ende 2005. Daher wertete der Beklagte den Außenprüfungsbericht unverändert aus und erließ mit Datum vom … Juli 2009 geänderte Bescheide zur Körperschaftsteuer und über den Gewerbesteuermessbetrag 2000, über die gesonderte Feststellung von ...

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