Leitsatz

Ob eine Schlussbesprechung stattgefunden hat, bestimmt sich nach materiellen Kriterien.

 

Sachverhalt

Die Klägerin war eine GmbH, bei der für die Jahre 2000 bis 2002 eine Betriebsprüfung durchgeführt wurde. Im November 2004 teilte der Prüfer die vorläufigen Prüfungsfeststellungen in einer Besprechung mit, an der der Gesellschafter-Geschäftsführer und der steuerliche Berater teilnahmen. Die Einreichung weiterer Unterlagen wurde in Aussicht gestellt, erfolgte aber nicht. Im Dezember 2004 wurde der Prüfungsbericht erstellt und im Januar 2005 zugesandt. Die Klägerin erhob hiergegen Einwendungen und kündigte erneute die Einreichung von Unterlagen an. Dies geschah aber bis Ende 2005 nicht. Im Juli 2009 erließ das Finanzamt auf der Grundlage des Berichts geänderte Steuerbescheide für die Jahre 2000 bis 2002. Hiergegen wandte sich die Klägerin mit dem Einwand, zum Zeitpunkt des Erlasses der Bescheide sei die Festsetzungsfrist bereits aufgelaufen gewesen.

 

Entscheidung

Die Klage hatte in vollem Umfang Erfolg, da die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen war, als die Bescheide in 2009 ergingen. Die reguläre Festsetzungsfrist sei im Jahr 2009 unstreitig abgelaufen gewesen, auch die Ablaufhemmung des § 171 Abs. 4 AO habe dieses hier nicht gehindert. Werde vor dem Ablauf der Festsetzungsfrist eine Außenprüfung durchgeführt, ende die Festsetzungsfrist zwar grundsätzlich nicht, bevor die auf der Prüfung beruhenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden seien. Allerdings ende die Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 4 Satz 3 AO spätestens, wenn seit dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Schlussbesprechung stattgefunden habe, die Frist von vier Jahren verstrichen sei. Zwar sei der Begriff der Schlussbesprechung im Gesetz nicht genau definiert. Entgegen der Ansicht der Finanzverwaltung könne aber nicht formal darauf abgestellt werden, dass die Schlussbesprechung den Vorgaben der Finanzverwaltung entspreche. Ob eine Schlussbesprechung durchgeführt worden sei, sei vielmehr nach dem Zwecke der Schlussbesprechung zu ermitteln. Dieser liege darin, Meinungsverschiedenheiten zu beseitigen und dem Steuerpflichtigen rechtliches Gehör zu gewähren. Diesen Zweck habe die Besprechung im November 2004 erfüllt. Zudem sei zu beachten, dass die Regelung des § 171 Abs. 4 Satz 3 AO sicherstellen solle, dass die Prüfungsfeststellungen zeitgerecht ausgewertet werden. Insgesamt sei damit hier Festsetzungsverjährung eingetreten.

 

Hinweis

Die Entscheidung des FG Berlin-Brandenburg ist als zutreffend anzusehen, wobei es eher als Ausnahmefall anzusehen ist, dass das Finanzamt es nicht schafft, innerhalb von vier Jahren die Feststellungen einer Betriebsprüfung auszuwerten. Warum dies hier nicht möglich war, ist aus dem Sachverhalt nicht ersichtlich. Von zentraler Bedeutung ist für das Urteil aber eine andere Aussage, nämlich dass es für die Frage, was eine Schlussbesprechung ist, nicht auf Formalien ankommt, sondern darauf, dass die jeweilige Besprechung dem Zweck einer Schlussbesprechung gerecht geworden ist. Da § 201 Abs. 1 Satz 1 AO eher vage ist (Frotscher, in Schwarz, AO, § 201 AO Tz. 4), bedarf der Begriff der Auslegung. Zutreffend führt das Finanzgericht dabei aus, dass der Sinn der Schlussbesprechung darin liege, Meinungsverschiedenheiten zu klären, um auf diese Weise unter anderem auch Rechtsbehelfe zu vermeiden. Für die Erfüllung dieses Zwecks ist es aber nicht erforderlich, wenn von den Formalien, die die Finanzverwaltung für Schlussbesprechungen aufgestellt hat, abgewichen wird.

Die Entscheidung ist rechtskräftig.

 

Link zur Entscheidung

FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18.04.2012, 12 K 12041/10

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