Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine erweiterte Gewerbertragskürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG bei infolge Überschreitung der Drei-Objekt-Grenze gewerblicher Tätigkeit einer als Objektgesellschaft zu einem Immobilienkonzern gehörenden GmbH. „Nachhaltigkeit” bei Objektgesellschaften eines Immobilienkonzerns. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: III R 12/22)

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Begriff „Verwaltung und Nutzung” in § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG entspricht dem ertragsteuerlichen Begriff der Vermögensverwaltung. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass die erweiterte Kürzung nicht gewährt werden kann, wenn die Grundstücksverwaltung des Unternehmens den Bereich der reinen Vermögensverwaltung verlässt und gewerblichen Charakter annimmt. Wann im Einzelfall eine „Verwaltung und Nutzung” eigenen Grundbesitzes als private Vermögensverwaltung in Abgrenzung zu einer gewerblichen Tätigkeit vorliegt, ist nach den gleichen Grundsätzen zu entscheiden, die auch für die Abgrenzung zwischen Vermögensverwaltung und Gewerbebetrieb im Sinne des § 15 EStG gelten.

2. Ist die Tätigkeit des Unternehmens infolge des Ankaufs und Verkaufs von mehr als drei Immobilienobjekten innerhalb von fünf Jahren nach der sogenannten Drei-Objekt-Grenze als gewerblich anzusehen, steht ihm die erweiterte Gewerbertragskürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht zu, ohne dass es insoweit noch auf die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen für einen „Gewerbebetrieb” im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG „Nachhaltigkeit” oder „Gewinnerzielungsabsicht” ankäme.

3. Veräußert das Unternehmen binnen eines kurzen Zeitraums von unter drei Jahren seit dem Erwerb fünf Objekte, wird die dadurch indizierte, von Anfang an bestehende – zumindest bedingte – Veräußerungsabsicht weder durch die langfristige Finanzierung des Erwerbs durch ein Darlehen mit zehnjähriger Laufzeit widerlegt noch durch den Umstand, das das Unternehmen zu einer Immobiliengruppe gehört und in dem Unternehmen als Objektgesellschaft mehrere Grundstücke zusammengefasst worden sind.

4. Besteht in einem Immobilienkonzern hinsichtlich Beteiligungsstruktur und Geschäftsführung eine Personenidentität hinsichtlich der einzelnen Objektgesellschaften, so ist den einzelnen Objektgesellschaften die für den gesamten Konzern bestehende Wiederholungsabsicht der Geschäftsführer zum wiederholten Erwerb und zur wiederholten Veräußerung von Immobilien im Hinblick auf die Nachhaltigkeit im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG „zuzurechnen”; in diesem Fall ist für die Nachhaltigkeit nicht nur auf die einzelnen Objektgesellschaften für sich genommen abzustellen.

 

Normenkette

GewStG § 9 Nr. 1 S. 2; EStG § 15 Abs. 2

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die erweiterte Grundbesitzkürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 Gewerbesteuergesetz –GewStG–.

Die Klägerin wurde am 22. Juni 2016 als B… GmbH gegründet. Eingetragener Geschäftsgegenstand ist u.a. die Verwaltung eigenen Vermögens, Erwerb von Immobilien sowie Übernahme von Beteiligungen an anderen Unternehmen. Geschäftsführer der Klägerin sind seit der Gründung Herr C… und Herr D…. Alleinige Gesellschafterin der Klägerin ist die E… GmbH mit Sitz in F…; Geschäftsführer sind ebenfalls seit Gründung Herr C… und Herr D… (E… GmbH und Tochtergesellschaften im Weiteren: („E…-Gruppe”). Gesellschafter der E… GmbH sind zu 50 % die G… GmbH und mittelbar Herr C… als deren Gesellschafter-Geschäftsführer sowie zu weiteren 50 % die H… GmbH und über diese mittelbar Herr I… aus F… als deren Gesellschafter.

Die E… GmbH gibt auf ihrer eigenen Internetseite1 an:

„E… … Spezialist für Wohnimmobilien Expertise in der Realisierung von ausgewählten Neubauprojekten nach Grundstücksentwicklung sowie … komplette Bewirtschaftungskette … mehr als 20 Jahren am Markt aktiv).”

Als Eckdaten gibt sie ferner an:

„Spezialist für Wohn- und Gewerbeimmobilien, Abdeckung der kompletten Bewirtschaftungskette, … mehr als … Transaktionen über alle Anlageklassen deutschlandweit, ca. … Mrd. Euro Transaktionsvolumen, … Mrd. Euro Ankaufs- und Verkaufsvolumen im Investment Management, gehaltener Eigenbestand von über … Mrd. Euro, jährlich mehr als … Sanierungen, über … Mitarbeiter”

Mit notariellem Vertrag vom 26. Juli 2016 erwarb die Klägerin als „Käufer 2” die folgenden Grundstücke von der J… GmbH sowie der K… GmbH:

Grundstück

Kaufpreis

L…-straße in M…,

… EUR

N…-straße in M…

… EUR

O…-straße in M…

… EUR

P…-straße in M… sowie

… EUR

Q…-straße in M… von

… EUR

Summe

… EUR

Neben der Klägerin als Käufer 2 erwarben zugleich noch die R… GmbH und die S… GmbH als Käufer 1 und 3 weiteren Grundbesitz der Verkäufer. Sämtliche Käufer gehörten zur E…-Gruppe. Die Grundstücke waren jeweils mit mehrstöckigen Mehrfamilienhäusern bebaut und wurden vermietet. Den Erwerb finanzierte die Klägerin mittels eines Darlehens mit zehnjähriger Laufzeit über einen Betrag von … EUR und im Übrigen durch Eigenmittel.

Mit notariellem Vertrag vom 29. Augu...

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