rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Altersvorsorge-Eigenheimbetrag für die Gesellschafterin einer die Wohnung errichtenden GbR als Gesamthandsgesellschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Von einer Wohnung in einem „eigenen Haus” i. S. v. § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 EStG ist auch dann auszugehen, wenn nicht die Steuerpflichtige, sondern eine aus der Steuerpflichtigen und ihrem Ehegatten bestehende GbR zivilrechtlich Eigentümerin des Wohngebäudes ist. Damit sind die Voraussetzungen für die Entnahme eines Altervorsorge-Eigenheimbetrgas gegeben.

2. Für den Begriff „eigen” ist gem. § 96 Abs. 1 S. 1 EStG auf die AO, und damit auch auf die bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise gebotene anteilige Zurechnung nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO abzustellen; die an der GbR beteiligte Steuerpflichtige ist somit zumindest als Miteigentümerin des im zivilrechtlichen Eigentum der GbR stehenden Wohnhauses und der darin befindlichen Wohnung anzusehen.

3. Auch dann, wenn im Grundbuch die Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit dem Zusatz „als Gesellschafter bürgerlichen Rechts” als Eigentümer eingetragen sind, ist die Gesellschaft bürgerlichen Rechts selbst Eigentümerin des Grundstücks (vgl. BGH v. 25.9.2006, II ZR 218/05).

 

Normenkette

EStG § 92a Abs. 1 Sätze 1-2, § 96 Abs. 1 S. 1; AO § 39 Abs. 1, 2 Nr. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 27.01.2016; Aktenzeichen X R 23/14)

BFH (Urteil vom 27.01.2016; Aktenzeichen X R 23/14)

 

Tenor

Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 30. September 2011 und der Einspruchsentscheidung vom 12. Januar 2012 verpflichtet, der von der Klägerin beantragten Entnahme des Altersvorsorge-Eigenheimbetrages zuzustimmen.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Beklagten auferlegt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob die Voraussetzungen für die Entnahme des Altersvorsorge-Eigenheimbetrages vorliegen.

Die Klägerin, mit 98 % Gesellschaftsanteil, und ihr Ehemann, mit 2 % Gesellschaftsanteil, sind Gesellschafter der B. GbR. Die B. GbR erwarb das Hausgrundstück C.-straße in D.. Die Auflassung erfolgte am 8. Dezember 2008, die Eintragung ins Grundbuch am 9. Dezember 2008, wobei die Klägerin und ihr Ehemann dort als Gesellschafter der B. GbR eingetragen wurden. In dem Anwesen befindet sich unter der Adresse Ca.-straße die Hauptwohnung der Klägerin und ihres Ehemannes. Unter der Adresse C.-straße betreibt der Ehemann der Klägerin im Anwesen seine Anwaltskanzlei. Eine Teilungserklärung bezüglich der Immobilie existiert nicht.

Die Klägerin schloss einen nach dem Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz (Alt-ZertG) zertifizierten Altersvorsorgevertrag bei der E. GmbH – Anbieter – ab. Gemäß Mitteilung der Beklagten vom 30. Juli 2012 belief sich das geförderte Altersvorsorgevermögen zu diesem Zeitpunkt auf 7.852,33 EUR zuzüglich der Erträge.

Mit Schreiben vom 30. Juni 2011, eingegangen bei der Beklagten am 6. Juli 2011, beantragte die Klägerin die vollständige Entnahme des Altersvorsorge-Eigenheimbetrages. Beigefügt war diesem Schreiben eine „Erklärung zur wohnungswirtschaftlichen Verwendung und zur Hauptwohnung bzw. Lebensmittelpunkt”. Darin erklärte die Klägerin, unter der Anschrift „D., Ca.-straße” eine Wohnung für die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken käuflich erwerben oder selbst herstellen zu wollen oder herstellen zu lassen, wobei diese Wohnung ihre Hauptwohnung oder den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen darstelle.

Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 30. September 2011 ab, wogegen die Klägerin fristgerecht Einspruch einlegte.

Mit Einspruchsentscheidung vom 12. Januar 2012 wies die Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung vertrat sie die Ansicht, die Klägerin sei nicht Eigentümerin der Immobilie, da im Grundbuch die B. GbR als Eigentümerin eingetragen sei. Deshalb sei auch die B. GbR alleinige Eigentümerin. Daran ändere der Umstand nichts, dass die Klägerin neben der B. GbR als Gesellschafterin im Grundbuch eingetragen sei. Eigentümerin bleibe stets die B. GbR. Da gesetzlich nur eine eigene Wohnung im Sinne von § 39 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) begünstigt sei, müsse es bei der im Bescheid vom 30. September getroffenen Entscheidung bleiben.

Mit ihrer fristgerecht erhobenen Klage macht die Klägerin geltend, die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Auszahlung des Altersvorsorge-Eigenheimbetrages seien hinsichtlich der selbstgenutzten Wohnung in der Ca.-straße erfüllt. Insbesondere sei kein Alleineigentum an der Immobilie erforderlich. Rechtlich sei sie, die Klägerin, Eigentümerin, zumindest aber im Hinblick auf ihren Anteil von 98 % an der B. GbR wirtschaftliche Eigentümerin der Wohnung. Hätten sie, die Klägerin und ihr Ehemann, die Wohnung jeweils als Miteigentümer erworben, wäre unzweifelhaft davon auszugehen, dass die Klägerin Eigentümerin sei und die Voraussetzungen des § 92a Einkommensteuergesetz (EStG) erfüllt seien. Ein einleuchtender Grund, weshalb dies bei einer aus Eheleuten bestehenden B. GbR anders sein sol...

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