rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung des Progressionsvorbehalts bei der Festsetzung des Solidaritätszuschlags

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Tarifvorschriften der §§ 32a ff. EStG, und damit auch der Progressionsvorbehalt nach § 32b EStG (hier: bezüglich Krankengeld), sind auch bei der Festsetzung des Solidaritätszuschlags anwendbar.

2. § 3 Abs. 2 SolZG enthält bei der Definition der Bemessungsgrundlage für den Solidaritätszuschlag nur eine einzige Abweichung von der einkommensteuerlichen Ermittlung der festzusetzenden Einkommensteuer: Kinderfreibeträge werden vom zu versteuernden Einkommen abgezogen.

 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 6, §§ 32a, 32b Abs. 1 S. 1 Nr. 3, § 2 Abs. 6; SolZG § 1 Abs. 2, § 3 Abs. 1-2

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Festsetzung des Solidaritätszuschlags für 2011.

Die Klägerin erzielte im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit in Höhe von EUR 18.990,– und Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von ./. EUR 2.596,– (Summe der Einkünfte somit EUR 16.394,–). Außerdem bezog sie steuerfreies Krankengeld der B… Krankenkasse in Höhe von EUR 15.682,–. Das zu versteuernde Einkommen betrug im Streitjahr EUR 13.195,–. Die Klägerin ist leibliche Mutter des Kindes C… und Pflegemutter des Kindes D..

Die im Streitjahr verheiratete Klägerin beantragte die getrennte Veranlagung. Der Beklagte setzte mit Bescheid vom 15. Juli 2013 die Einkommensteuer auf EUR 2.406,– und den Solidaritätszuschlag auf EUR 88,33 fest. Die in diesem Verfahren nicht streitige Einkommensteuer ergab sich unter Anwendung des Progressionsvorbehalts auf das Krankengeld. Dies führte zu einem Steuersatz von 18,2636 % auf das zu versteuernde Einkommen von EUR 13.195,–, so dass sich eine Einkommensteuer von EUR 2.406,– ergab.

Den Solidaritätszuschlag ermittelte der Beklagte in der Weise, dass er das zu versteuernde Einkommen von EUR 13.195,– um einen Kinderfreibetrag in Höhe von EUR 3.504,– auf EUR 9.691,– minderte und einen hierauf entfallenden Anteil der Einkommensteuer von EUR 1.606,– ermittelte. Dabei wandte der Beklagte ebenfalls den Progressionsvorbehalt an, indem er das zu versteuernde Einkommen von EUR 9.691,– um das steuerfreie Krankengeld von EUR 15.682,– erhöhte, ein Einkommen von EUR 25.373,– ermittelte und nach der Grundtabelle eine Steuer von EUR 4.215,– und damit einen Steuersatz von 16,6 % (EUR 4.215,–: EUR 25.373,–) ermittelte. Diesen Steuersatz wandte der Beklagte auf das zu versteuernde Einkommen von EUR 9.691,– an und ermittelte für Zwecke des Solidaritätszuschlags eine Bemessungsgrundlage (Einkommensteuer) von EUR 1.606,– und damit einen Solidaritätszuschlag von EUR 88,33 (= 5,5 % von EUR 1.606,–).

Am 13. August 2013 legte die steuerlich vertretene Klägerin Einspruch gegen den „Einkommensteuerbescheid 2011” ein und begründete dies damit, dass die Lohnersatzleistungen zu Unrecht in die Berechnung des Solidaritätszuschlags einbezogen worden seien. Das maßgebliche zu versteuernde Einkommen betrage EUR 13.195,– und sei um den Kinderfreibetrag in Höhe von EUR 9.691,– zu mindern, so dass der Solidaritätszuschlag nur EUR 0,– betrage.

Mit Einspruchsentscheidung vom 20. Mai 2015 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Bemessungsgrundlage für den Solidaritätszuschlag sei die Einkommensteuer, die unter Berücksichtigung des Kinderfreibetrags festzusetzen wäre. Damit ergebe sich ein zu versteuerndes Einkommen von EUR 9.691,– und unter Anwendung des Progressionsvorbehalts von 16,6 % eine Einkommensteuer von EUR 1.606,–.

Hiergegen hat die Klägerin fristgerecht Klage erhoben. Zwar habe der Beklagte zutreffend ein zu versteuerndes Einkommen in Höhe von EUR 9.691,– für Zwecke des Solidaritätszuschlags ermittelt. Dieses Einkommen würde aber zu einer Einkommensteuer von EUR 204,– führen, so dass sich ein Solidaritätszuschlag von EUR 0,– wegen § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Solidaritätszuschlagsgesetz – SolZG – ergebe. Das Krankengeld dürfe bei der Festsetzung des Solidaritätszuschlags nicht berücksichtigt werden. Der Solidaritätszuschlag knüpfe nicht an die festgesetzte Einkommensteuer an, sondern an die Einkommensteuer, die sich nach Abzug der Kinderfreibeträge ergebe. § 3 Abs. 2 SolZG enthalte keinen Hinweis auf den Progressionsvorbehalt, und umgekehrt enthalte § 32b EinkommensteuergesetzEStG – keinen Hinweis auf den Solidaritätszuschlag. Die Klägerin hat eine eigene Berechnung eingereicht, auf die der Senat Bezug nimmt (Bl. 24 der Streitakte).

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid über Solidaritätszuschlag 2011 vom 15. Juli 2013 und die Einspruchsentscheidung vom 20. Mai 2015 dahingehend zu ändern, dass der Solidaritätszuschlag auf EUR 0,– festgesetzt wird, und

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte verweist auf § 32a und § 32b EStG. Diese Vorschriften seien bei der Ermittlung der Einkommensteuer zu beachten. Wenn § 3 SolZG auf die festzus...

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