rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Zugang zum steuerlichen Einlagekonto bei Abtretung einer Forderung an die Kapitalgesellschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Wann ein Zugang zum steuerlichen Einlagekonto zu erfassen ist, bestimmt sich nach dem Zuflussprinzip. Bei einer Bareinlage des Anteilseigners kommt es damit nicht auf den Zeitpunkt der Verpflichtung zur Einlage (Gesellschafterbeschluss) an, sondern auf den Zeitpunkt des Zuflusses der Finanzmittel bei der Kapitalgesellschaft.

2. Bei Sachleistungen und Forderungsverzichten ist maßgeblicher Zuflusszeitpunkt grundsätzlich die Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums bzw. die zivilrechtliche Wirksamkeit. Die Forderung, die einem Gesellschafter gegenüber einem Dritten zusteht (im Streitfall ein Vorsteuervergütungsanspruch gegen die italienische Finanzbehörde), fließt demnach in dem Augenblick der Kapitalgesellschaft zu, in dem eine existierende Forderung an die Kapitalgesellschaft abgetreten wird bzw. sie sonst wirtschaftliches Eigentum an der Forderung erwirbt.

3. Der Zufluss zum Einlagekonto ist grundsätzlich mit dem Teilwert im Einlagezeitpunkt (Zufluss) zu bewerten. Die weitere Wertentwicklung der „zugeflossenen” Forderung – auch im Zeitraum zwischen Zufluss und Feststellungszeitpunkt – ist nicht zu berücksichtigen.

 

Normenkette

KStG § 27 Abs. 1-2, § 28 Abs. 1 S. 3, § 8 Abs. 1; EStG § 6 Abs. 1 Nr. 5; BGB § 398

 

Tenor

Der Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2 und § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG zum 31. Dezember 2012 vom 29. Oktober 2018, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29. Mai 2020, wird dahingehend geändert, dass das steuerliche Einlagekonto zum 31. Dezember 2012 in Höhe von 113.595 EUR festgestellt wird.

Die Revision wird zugelassen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Feststellung des steuerlichen Einlagekontos gem. § 27 Körperschaftsteuergesetz –KStG– zum 31. Dezember 2012.

Die Klägerin wurde durch notarielle Urkunde vom 16. August 2012 errichtet. Gründungsgesellschafter waren Frau B…, C…, handelnd als „D…”, mit einem Stammanteil von 1.000 EUR (entspricht 4 %) und die E… GmbH & Co. KG aus F… mit einem Stammanteil von 24.000 EUR (entspricht 96 %). Zur alleinigen Geschäftsführerin wurde Frau B… bestellt. Gegenstand der Klägerin war die Projektierung von Bauvorhaben, insbesondere von Q…-Anlagen jedweder Art, der Handel mit Waren aller Art, insbesondere der Handel mit Q…-Anlagen, die Beteiligung an anderen Unternehmungen sowie der Betrieb von Q…-Anlagen. Im Jahr 2015 verlegte die Klägerin ihren Sitz nach R…, wodurch der Beklagte für die Besteuerung zuständig wurde. Durch Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 02. Juni 2016 wurde die Klägerin aufgelöst. Liquidator der Klägerin ist Herr G….

Die Klägerin gab für das Streitjahr 2012 zunächst keine Steuererklärungen ab. Das vormals zuständige Finanzamt H… schätzte deshalb die Besteuerungsgrundlagen und stellte durch Bescheid vom 28. Juli 2014 ein steuerliches Einlagekonto i.S. des § 27 KStG in Höhe von 0 EUR fest. Der Feststellungsbescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abgabenordnung –AO–).

Am 23. März 2018 übersandte die Klägerin dem zuständig gewordenem Beklagten Steuererklärungen und eine E-Bilanz für 2012. Mit der Feststellungserklärung begehrte sie die Feststellung eines steuerlichen Einlagekontos i.H.v. 113.595 EUR. Mit Bescheid vom 29. Oktober 2018 hob der zuständig gewordene Beklagte den Vorbehalt der Nachprüfung zum Feststellungsbescheid auf. Es verblieb bei einer Feststellung des steuerlichen Einlagekontos über 0 EUR. Der Beklagte erläuterte dies damit, dass trotz mehrfacher Aufforderung kein Nachweis über die Zahlung der Kapitalrücklage erbracht worden sei.

Die Klägerin legte hiergegen fristgerecht Einspruch ein. Zur Begründung verwies sie auf die Abtretung eines Steuerguthabens an die Klägerin. Zum Nachweis legte sie eine Abtretungsvereinbarung zwischen Frau B… (handelnd unter der Firma D…) und der Klägerin als Zessionarin vom 21. August 2012 vor. Hiernach trat Frau B… ihren – in der Abtretungsvereinbarung unbezifferten – Erstattungsanspruch auf Umsatzsteuer, den sie bei der Agenzia delle Entrate, Centro operativo di Pescara in Italien „italienische Finanzbehörde”) unter der Referenznummer … / … geltend gemacht habe, ab (Blatt 6 der Rechtsbehelfsakte des Beklagten).

Die Klägerin legte ferner eine Abschrift eines Antrags auf Vorsteuer-Erstattung der Frau B…, I…-Straße, J…, Österreich, vom 20. Juni 2012 für Vorsteuer aus folgenden vier Rechnungen der K… AG, gerichtet an das Unternehmen der Frau B…, vor:

Rng.

Rng./Liefer- … Datum

Lieferadresse

Nettobetrag

Umsatzsteuer

500807

01.07.2011

28.01.2011

L…, Italien

390.264,00...

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