Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung von Verschuldensaspekten bei der Festsetzung eines Verzögerungsgelds erforderlich

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass zwar auch wegen Nichtvorlage der von der Betriebsprüfung angeforderten Unterlagen betreffend die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung grundsätzlich ein Verzögerungsgeld festgesetzt werden kann, dass jedoch das Entschließungsermessen nicht dergestalt vorgeprägt ist, dass eine Verletzung der Mitwirkungspflicht im Rahmen der Außenprüfung zur Festsetzung eines Verzögerungsgeldes regelmäßig ausreicht und insbesondere Verschuldensaspekte beim Entschließungsermessen nicht zu berücksichtigen sind.

2. In das Entschließungsermessen, ob ein Verzögerungsgeld festgesetzt wird, sind vielmehr alle entscheidungserheblichen Umstände einzubeziehen, insbesondere Verschuldensaspekte, auch wenn dies, anders als etwa beim Verspätungszuschlag nach § 152 AO, im Tatbestand des § 146 Abs. 2b AO nicht genannt wird.

3. Hat der Betriebsprüfer Unterlagen zum Nachweis der Vermietungsabsicht für eine Wohnung sowie die Mietverträge zu anderen Wohnungen angefordert und hat der Steuerpflichtige danach u. a. erklärt, zu einem Objekt seien keine weiteren Unterlagen vorhanden und zu einem von einer nicht mehr existenten Tochtergesellschaft eines Bauträgers abgeschlossenen Mietvertrag liege ihm der Originalmietvertrag nicht vor, eine Kopie sei dem FA aber schon einmal vorgelegt worden, so ist das Entschließungsermessen nicht zweckmäßig gebraucht worden, wenn das FA darauf ein Verzögerungsgeld festgesetzt hat, ohne das Verschulden des Steuerpflichtigen und die Bedeutung der angeforderten Unterlagen für die Betriebsprüfung hinreichend zu berücksichtigen.

 

Normenkette

AO § 146 Abs. 2b, § 200 Abs. 1, § 5; FGO § 69 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1, § 102

 

Tenor

Die Vollziehung des Bescheides über die Festsetzung von Verzögerungsgeld vom 28.2.2012 wird bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe einer abschließenden Entscheidung im Verfahren 5 K 5209/12 ausgesetzt.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Antragsgegner auferlegt.

 

Tatbestand

I.

Während der beim Antragsteller durchgeführten Betriebsprüfung für die Jahre 2005-2007 erbat der Prüfer mit Schreiben vom 17.12.2010 die Übersendung von Unterlagen, aus denen die Vermietungsabsicht hinsichtlich der Wohnung B. hervorgeht „(Makleraufträge, Inserate o.ä.)” sowie der „Mietverträge C.; D.”. Nachdem der Antragsteller der Aufforderung nicht nachgekommen war, forderte der Antragsgegner den Antragsteller mit Schreiben vom 20.5.2011 letztmalig auf, die erforderlichen Unterlagen bis zum 7.6.2011 vorzulegen und drohte an, ein Verzögerungsgeld von Höhe von 2.500 EUR – 250.000 EUR festzusetzen, sollte dies nicht geschehen.

Am 7.6.2011 übersandte der Antragsteller den Mietvertrag für das Objekt C. und teilte mit, dass der Mietvertrag für das Objekt in D. beim Mieter angefordert aber noch nicht eingetroffen sei. Die Vermietung dieser Wohnung sei von einer Tochtergesellschaft des Bauträgers übernommen worden, die nicht mehr bestehe. Der Originalmietvertrag liege vermutlich dort. Die Wohnung in B. werde zwar seit 2005 bewohnt. Es sei jedoch weder ein Mietvertag unterschrieben noch Miete oder Wohngeld gezahlt worden. Seit Ende 2010 werde die Wohnung auf Betreiben der X.-Bank zwangsverwaltet.

Mit Bescheid vom 28.2.2012 setzte der Antragsgegner ein Verzögerungsgeld in Höhe von 2.500 EUR fest und führte zur Begründung aus, dass der Antragsgegner der Aufforderung vom 17.12.2010 nicht nachgekommen sei und den Mietvertrag für die Wohnung in D. nicht vorgelegt habe. Den hiergegen eingelegten Einspruch begründete der Antragsteller u.a. damit, dass der Antragsgegner hinsichtlich der Wohnung in D., die seit 1996 sein Eigentum sei, bereits umfassend geprüft habe, ob sie tatsächlich der Erzielung von Einkünften aus Vermietung gedient habe. Hierzu sei dem Antragsgegner bereits der Mietvertrag vorgelegt worden. Wenn die Kopie des Vertrages dem Antragsgegner nicht mehr vorliege, könne dies nicht dem Steuerpflichtigen angelastet werden. Da die Wohnung seit 1995 vermietet sei, könne sich der Prüfer auch anders vom Fortbestehen des Mietverhältnisses überzeugen. Hierzu seien ihm Kontoauszüge der X.-Bank überreicht worden, aus denen der regelmäßige Zufluss der Miete zu entnehmen sei.

Mit Einspruchsentscheidung vom 29.5.2012 wies der Antragsgegner den Einspruch zurück. Zur Begründung führte er aus, es werde bei der Festsetzung des Verzögerungsgeldes nicht nach der Art der angeforderten Unterlagen differenziert. Im Streitfall scheide die Festsetzung nicht dem Grunde nach aus. Da die Finanzbehörde Art und Umfang der Ermittlungen bestimme, könne offen bleiben, ob und welche Unterlagen dem Antragsteller teilweise nicht vorlägen oder ob er sie im Rahmen der Veranlagung vor über zehn Jahren bereits schon einmal vorgelegt habe. Erst nach Androhung des Verzögerungsgeldes habe der Antragsteller die Übersendung von Unterlagen in Aussicht gestellt. Da der Antragsteller au...

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