Entscheidungsstichwort (Thema)

Berichtigung nach § 129 AO bei Übersehen eines Grundlagenbescheids. Einkommensteuer 1991

 

Leitsatz (amtlich)

Hatte das FA bei der Änderung eines unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Einkommensteuerbescheids innerhalb der vierjährigen Festsetzungsfrist einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Steuerbescheid erlassen und dabei übersehen, Beteiligungseinkünfte entsprechend einem ihm vorliegenden geänderten Grundlagenbescheid anzusetzen, kann der geänderte Einkommensteuerbescheid innerhalb der Jahresfrist des § 171 Abs. 2 AO insoweit nach § 129 AO auch dann berichtigt werden, wenn bei Erlass des Änderungsbescheids die Jahresfrist des § 171 Abs. 10 AO bereits abgelaufen war.

 

Normenkette

AO 1977 §§ 129, 164 Abs. 1-2, § 171 Abs. 10, 2, § 169 Abs. 2 Nr. 2, § 175 Abs. 1 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 16.07.2003; Aktenzeichen X R 37/99)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger (Kl) ist als Testamentsvollstrecker für den Nachlaß der am … 1992 verstorbenen Frau … tätig (Testamentsvollstrecker-Zeugnis vom 7. Dezember 1992). Frau … führte als Einzelunternehmerin einen … und war daneben mitunternehmerisch an der … (künftig: Verw.KG) sowie an der … (künftig: … KG) beteiligt.

Die Einkommensteuer(ESt)-Erklärung 1991 ging am 8. Dezember 1992 beim Beklagten (Bekl) ein. Dieser führte die Veranlagung entsprechend den Angaben in dieser Erklärung durch und setzte im Erstbescheid vom 18. Mai 1993 die ESt 1991 mit 1.131.946 DM gemäß § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest.

Im Oktober 1993 fand beim o.g. Einzelunternehmen eine Außenprüfung statt, die zu dem Bericht vom 24. März 1994 führte. Unter dessen Ziffer 1.02 wurde der Gewinn der … für den Veranlagungszeitraum (VZ) 1991 mit … DM ausgewiesen. Auf der Seite 11 dieses Berichts lauten die Tz. 1.10 und 1.11 wie folgt:

„1.10

Einkünfte aus Mitunternehmerschaft

1.10.1

Verw.KG für 1991

Vor Bp

… DM

lt. Bp.

… DM

1.10.2

… KG im VZ 1991

Vor Bp

… DM

lt. Bp.

… DM

1.11

Einkünfte aus Kapitalvermögen

Bei der Bp der Fa. … KG wurden Zinserträge von Festgeldern und Bestände dem Betriebsvermögen zugeordnet. Dabei handelt es sich um folgende Beträge:

Zinsen…

… DM in 1991

Bestände am 31.12.1991

… DM

Während der Bp wurde eine detaillierte Aufschlüsselung der erklärten Kapitaleinkünfte von Frau … mehrmals angefordert. Nachdem bis heute keine Aufstellung eingereicht wurde und die erklärten Beträge lt. Anlage KSO nicht mit den vom FA … festgestellten Einkünften übereinstimmen, kann die Kürzung wegen eventueller Doppelerfassung nicht erfolgen.”

Bei der für die verstorbene Frau … zuständigen Veranlagungsdienststelle war am 21. Dezember 1993 eine Mitteilung des Finanzamts (FA) … „ESt 4B” eingegangen, wonach der Gewinnanteil der Letztgenannten an der … KG laut Feststellungsbescheid vom 16. Dezember 1993 im VZ 1991 DM … DM beträgt. Auf diesem jetzt als Blatt 18 der ESt-Akte … (Sektion 1991) abgehefteten Beleg befindet sich folgender mit einem Datumstempel versehener Vermerk:

„10. Mai 1994 – mit BP-Bericht auswerten – Fr”

Als folgendes Blatt 19 (Sektion 1991) ist die Mitteilung des FA … vom 30. Juni 1994 abgeheftet, wonach der Gewinnanteil der Frau … an der Verw.KG im VZ 1991 DM … beträgt (Hinweis auf den Feststellungsbescheid vom 30. Juni 1994).

Der Kl erhob gegen den o.g. Bericht vom 24. März 1994 mittels Schriftsatz vom 14. Juni 1994 diverse Einwendungen und rügte – unter der dortigen Ziffer 3 – u. a., die von Frau … für den VZ 1991 im Formular „Anlage KSO – 1991” erklärten Zinseinnahmen seien als Betriebseinnahmen der … KG erfaßt worden und müßten deshalb bei der Veranlagung außer Ansatz bleiben (Bl. 89 der Bp-Akten mit …). Der sich anschließende Schriftwechsel endete im Schriftsatz des Kl vom 10. August 1994 mit folgender Feststellung (Bl. 78 der Bp-Akten):

„Zu 3. bestätigen wir Ihnen, daß Frau … wenn man ihr Kapitalvermögen dem Betriebsvermögen zurechnet und die Zinsen dort als Gewinn erfaßt, in der Tat kein Kapitalvermögen mehr hat.”

Am 6. Oktober 1994 übersandte die Bp-Hauptstelle … an den Kl geänderte Berichtsauszüge, in denen für den VZ 1991 u. a. der Gewinn aus dem Einzelunternehmen auf … DM (gegenüber … DM im Erstbericht vom 24. März 1994) und die „Einkünfte aus Sparguthaben von Frau … mit … DM festgesetzt” worden sind (Bl. 76 sowie Bl. 94 ff. der Bp-Akten). An den Bekl (Veranlagungsstelle SG X/107) wurde am 6. Oktober 1994 ein gleichartiges Schreiben versandt, dem „geänderte Berichtsauszüge” sowie das oben auszugsweise zitierte „Schreiben des Steuerberaters vom 10. August 1994” beilag (Bl. 93 ff der Bp-Akten).

Mit Bescheid vom 16. August 1996 setzte der Bekl die ESt 1991 für die verstorbene Frau … auf … DM fest und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Bei diesem Verwaltungsakt wurden die Einnahmen aus Kapitalvermögen entsprechend dem oben zitierten Schriftwechsel auf … DM ermäßigt (von … DM im Erstbescheid) und die Einkünfte aus Gewerbebetrieb...

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