Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorsteuerabzug aus dem Erwerb eines ausschließlich zum Weiterverkauf bestimmten, hochpreisigen, nicht gefahrenen Luxusfahrzeugs durch einen Einzelkaufmann

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Einem bereits unternehmerisch, umsatzsteuerpflichtig tätigen Einzelkaufmann, der daneben noch hochpreisige, in ihrer Stückzahl limitierte Luxusfahrzeuge (im Streitfall: Mercedes Benz SLS AMG) mit Weiterverkaufs- und Gewinnerzielungsabsicht ankauft, steht insoweit der Vorsteuerabzug zu, wenn angesichts der Häufigkeit und Dauer der Tätigkeiten, die der Unternehmer zunächst als Einzelkaufmann und später im Rahmen von Gesellschaften, bei denen er jeweils alleiniger Gesellschafter ist, auf dem Markt für hochpreisige Fahrzeuge ausgeübt hat, nicht nur von einer gelegentlichen, sondern bereits nachhaltigen unternehmerischen Tätigkeit auszugehen ist.

2. Der Vorsteuerabzugsausschluss nach § 15 Abs. 1a Satz 1 UStG in Verbindung mit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG kommt nicht zur Anwendung, wenn das streitige Fahrzeug abgedeckt in einer Halle steht, weder zugelassen ist noch gefahren wird und daher kein dem Affektionsinteresse des Unternehmers dienendes Luxusgut, sondern ein ausschließlich für den späteren Verkauf bestimmtes Wirtschaftsgut des Unternehmensvermögens darstellt und wenn keinerlei Anhaltspunkte dafür bestehen, der Unternehmer könnte damit ein privates Bedürfnis befriedigen, wie es z. B. bei der Teilnahme an Rennsportveranstaltungen oder der Nutzung als Geschäftsfahrzeug naheliegen würde.

 

Normenkette

UStG § 2 Abs. 1 Sätze 1, 3, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 1a S. 1; MwStSystRL Art. 2 Abs. 1 Buchst. a, c, Art. 9 Abs. 1, Art. 168 Buchst. a, Art. 176 Abs. 1; EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 7

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 08.09.2022; Aktenzeichen V R 27/21)

 

Tenor

1. Der Umsatzsteuerbescheid 2015 vom 16. Juli 2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 3. April 2018 wird dahin geändert, dass weitere Vorsteuern in Höhe von 74.243,70 EUR berücksichtigt werden.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 Euro, hat der Kläger in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruches Sicherheit zu leisten. Bei einem vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch bis zur Höhe von 1.500 Euro kann der Beklagte der vorläufigen Vollstreckung widersprechen, wenn der Kläger nicht zuvor in Höhe des vollstreckbaren Kostenanspruchs Sicherheit geleistet hat (§ 151 der Finanzgerichtsordnung i.V.m. § 708 Nr. 11, §§ 709, 711 der Zivilprozessordnung).

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist der Vorsteuerabzug aus dem Erwerb eines sogenannten Luxusfahrzeugs.

1. Der Kläger betrieb im Streitjahr 2015 als Einzelkaufmann einen Handel mit […]. Das einzelkaufmännische Unternehmen wurde im August 2015 ausgegliedert und in die A […] GmbH & Co. KG (A KG) eingebracht. Der Rechtsträgerwechsel wurde am 1. September 2015 in das Handelsregister eingetragen. Der Kläger ist einziger Kommanditist der A KG. Komplementär der A KG ist die im Juli 2014 gegründete A Verwaltungs GmbH (A GmbH). Alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer der A GmbH ist der Kläger.

2. Vor der Unternehmensübertragung hatte der Kläger als Einzelkaufmann am xx.xx. 2015 einen Mercedes Benz SLS AMG […] für 390.756,30 EUR zzgl. 74.243,70 EUR Umsatzsteuer erworben (415.000 EUR brutto). Hieraus machte er in der Umsatzsteuer-Voranmeldung für das 2. Quartal 2015 den Vorsteuerabzug geltend.

Neben diesem Fahrzeug kaufte die A GmbH im Jahr 2015 folgende Fahrzeuge:

Verkäufer

Rechnung

Fahrzeug

Kaufpreis netto

USt

Kaufpreis brutto

1

xx.xx. 2015

Mercedes Benz SLS AMG […]

319.327,73

60.672,27

380.000

2

yy.yy. 2015

Mercedes Benz SLS AMG

125.966,39

23.933,62

149.900

445.294,12

84.605,89

529.900

Der Vorsteuerabzug aus diesen Fahrzeugen ist Gegenstand des ebenfalls beim erkennenden Senat anhängigen Verfahrens 1 K 1268/18.

3. Das beklagte Finanzamt (FA) versagte den Vorsteuerabzug von 74.243,70 EUR aus dem Kauf des SLS AMG […] nach Durchführung einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung (Bericht vom 28. Januar 2016). Der Prüfer hatte festgestellt, dass das Fahrzeug nicht zugelassen, verschlossen und mit einer Schutzhülle abgedeckt in einer Halle abgestellt war. Das FA kürzte den Vorsteuerabzug aus dem Erwerb des SLS AMG […] mit der Begründung, dass es nicht unternehmerisch genützt würde und zudem unangemessener Aufwand vorliege.

4. Der Kläger verfolgte sein Begehren auf Vorsteuerabzug mit einem Antrag vom 15. April 2016 auf Änderung der Umsatzsteuer-Voranmeldung für das 2. Quartal 2015 weiter. Für das als Geldanlage angeschaffte Fahrzeuge sei kein unangemessener Aufwand entstanden, weil für dieses weder Abschreibungen noch sonstige Aufwendungen geltend gemacht worden seien. Da somit kein Fall des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) vorliege, könne der Vorsteuerabzug auch nicht nach § 15a Abs. 1a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) versagt...

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