Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderung von Verlustfeststellungsbescheiden

 

Leitsatz (redaktionell)

1. § 10d Abs. 1 S. 2 EStG enthält eine eigenständige Korrekturvorschrift, aufgrund derer ein bestandskräftiger Bescheid, in dem ein Verlustrücktrag dem Grunde und der Höhe nach unzutreffend berücksichtigt wurde, geändert werden kann. Der zulässige Änderungsrahmen ist auf eine vollständige Berichtigung aller beim Verlustabzug auftretenden Fehler angelegt.

2. Eine Beschränkung der Änderungsbefugnis ergibt sich nur aus dem Schutz der Verjährung. Diesbezüglich ist nach § 10d Abs. 1 S. 3 HS 2 EStG darauf abzustellen, ob die Festsetzungsfrist für den Veranlagungszeitraum der Verlustentstehung abgelaufen ist.

3. Die Festsetzungsfrist für das Verlustrücktragsjahr endet nicht vor Ablauf der Festsetzungsfrist für das Verlustentstehungsjahr.

 

Normenkette

EStG § 10d Abs. 1 Sätze 2-3, Abs. 3 Sätze 4-5; AO § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 171 Abs. 10, § 181 Abs. 1 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 24.10.2007; Aktenzeichen XI R 31/06)

BFH (Urteil vom 24.10.2007; Aktenzeichen XI R 31/06)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die verheirateten Kläger (Kl) werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie sind an mehreren Gesellschaften beteiligt, deren Einkünfte gesondert und einheitlich festgestellt werden. Die Beteiligungen führten im Veranlagungszeitraum 1992 zu einem nicht ausgeglichenen Verlust, der vollständig in das Jahr 1990 zurückgetragen wurde. Aufgrund eines Fehlers des beklagten Finanzamts (FA) wurde der Verlust des Jahres 1992 in Höhe von 1,3 Mio. DM auch in den Veranlagungszeitraum 1991 zurückgetragen und damit doppelt berücksichtigt. Der versehentliche Verlustrücktrag reichte allerdings nicht aus, um den Gesamtbetrag der Einkünfte des Veranlagungszeitraums 1991 auszugleichen. Es wurden daher zusätzlich Verluste des Jahres 1993 nach 1991 zurückgetragen. Die übrigen Verluste des Jahres 1993 wurden mit Bescheid zum 31.12.1993 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs festgestellt. Verlustfeststellungsbescheide ergingen auch zum Ende der Veranlagungszeiträume 1994 und 1995.

Der fehlerhafte Rücktrag der Verluste des Veranlagungszeitraums 1992 in das Jahr 1991 wurde im Rahmen einer im Mai 1999 begonnenen Betriebsprüfung betreffend die Einkommensteuer 1994 bis 1996 aufgedeckt. Zu diesem Zeitpunkt waren die Einkommensteuerbescheide 1990 bis 1993 bereits festsetzungsverjährt. Das FA sah sich daher nur insoweit zu einer Fehlerkorrektur in der Lage, als es wegen geänderter Feststellungsbescheide über die Beteiligungseinkünfte der Kl zu einer Teiländerung der Einkommensteuerbescheide 1992 und 1993 berechtigt war.

Die erste Teilkorrektur beruhte auf einer Mitteilung über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1992 vom 25. Juni 1999 durch die sich der negative Gesamtbetrag der Einkünfte des Kl um 240.759 DM reduzierte. In dieser Höhe wurde der Verlustrücktrag nach 1990 vermindert. Streitig ist, dass das FA im selben Umfang auch den im Einkommensteuerbescheid 1991 fehlerhaft berücksichtigten Verlustrücktrag aus dem Jahr 1992 verminderte. Der verminderte Verlustrücktrag aus dem Jahr 1992 führte zu keiner Änderung des Einkommensteuerbescheids 1991, weil sich der Verlustrücktrag aus dem Jahr 1993 nach 1991 entsprechend erhöhte und die Änderung des Verlustrücktrags daher für 1991 ohne steuerliche Auswirkung blieb.

Die zweite – nicht streitige – Teilkorrektur beruhte auf einer Mitteilung über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1993 vom 25. Juni 1999. Hierdurch erhöhte sich zwar der negative Gesamtbetrag der Einkünfte des Kl um 217.442 DM. Auf der Ebene der Verlustfeststellung wirkte sich der erhöhte negative Gesamtbetrag der Einkünfte 1993 aber nicht aus, weil das FA die Erhöhung mit dem fehlerhaften Verlustrücktrag aus 1992 nach 1991 kompensierte.

Beide Teilkorrekturen fanden Eingang in den angefochtenen Bescheid zum 31.12.1993 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs vom 8. Juni 2000. Gegenstand der Klage ist des weiteren ein im Laufe des Einspruchsverfahren um zusätzliche 66.893 DM reduzierte Verlustfeststellung 1993. Anlass war wiederum ein geänderter Grundlagenbescheid 1992 vom 25. April 2002, durch den sich der negative Gesamtbetrag der Einkünfte des Kl verminderte. Die Minderung führte ebenso wie die erste Teilkorrektur von 240.759 DM zu einem doppelt reduzierten Verlustrücktrag aus 1992 nach 1990 und 1991, so dass sich der Verlustrücktrag aus 1993 nach 1991 um 66.893 DM erhöhte und der verbleibende Verlustabzug zum 31.12.1993 entsprechend verminderte.

Die geänderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zum 31.12.1993 perpetuierte sich in den Verlustfeststellungsbescheiden zum 31.12.1994 und zum 31.12.1995. Beide Bescheide sind nur insofern angefochten, als sie die Erhöhung des Verlustrücktrags aus 1993 nach 1991 i.H.v. insgesamt 307.652 DM fo...

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