Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerliche Berücksichtigung von Rückstellungen für Wertguthaben im Ehegattenarbeitsverhältnis

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Liegt eine anzuerkennende schriftliche Vereinbarung über die Einrichtung eines Wertguthabens gemäß § 7b SGB IV vor, so führen Einzahlungen in das Wertguthaben beim Arbeitnehmer nicht zum Zufluss von Arbeitslohn. Der Arbeitgeber hat in seinem Unternehmen hinsichtlich der Einzahlungen auf das verpfändete Guthabenkonto eine Rückstellung zu bilden.

2. Im Rahmen der Vereinbarung und Durchführung eines fremdüblichen und damit steuerlich anzuerkennenden Arbeitsverhältnisses zwischen Ehegatten ist auch die Vereinbarung und Durchführung gesetzlich vorgesehener Nebenabreden grundsätzlich fremdüblich.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1, § 38 Abs. 2; AO § 42; SGB IV § 7b; HGB § 249

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 28.10.2020; Aktenzeichen X R 1/19)

 

Tenor

1.

  1. Der Einkommensteuerbescheid für 2010 vom 04. Februar 2015 und der Gewerbesteuermessbetragsbescheid für 2010 vom 28. Januar 2015, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 16. Juni 2016, werden dahingehend geändert, dass bei den Einkünften des Klägers aus Gewerbetrieb eine Rückstellung von insgesamt 55.034,09 EUR in Höhe der Wertveränderung zur Rückstellung für Wertguthaben zum 31.12.2009 steuermindernd berücksichtigt wird.
  2. Die Einkommensteuer- und Gewerbesteuermessbetrags-Bescheide für 2011 vom 28. Januar 2015, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 16. Juni 2016, werden dahingehend geändert, dass bei den Einkünften des Klägers aus Gewerbetrieb eine Rückstellung von insgesamt 69.904,34 EUR (Wertveränderung 14.870,25 EUR) steuermindernd berücksichtigt wird.
  3. Die Einkommensteuer- und Gewerbesteuermessbetrags-Bescheide für 2012 vom 28. Januar 2015, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 16. Juni 2016, werden dahingehend geändert, dass bei den Einkünften des Klägers aus Gewerbetrieb eine Rückstellung in Höhe von 84.710,97 EUR (Wertveränderung 14.806,63 EUR) steuermindernd berücksichtigt wird.
  4. Die Einkommensteuer- und Gewerbesteuermessbetrags-Bescheide für 2013 vom 1. April 2015, beide jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16. Juni 2016, werden dahingehend geändert, dass bei den Einkünften des Klägers aus Gewerbetrieb eine Rückstellung in Höhe von 99.276,60 EUR (Werterhöhung 14.565,63 EUR) steuermindernd berücksichtigt wird.
  5. Dem Beklagten wird aufgegeben, die geänderte Steuerfestsetzung nach Maßgabe der Urteilsgründe zu errechnen, ferner den Klägern das Ergebnis dieser Berechnung unverzüglich mitzuteilen und den Bescheid mit dem geänderten Inhalt nach Rechtskraft dieses Urteils neu bekanntzugeben.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist wegen der den Klägern zu erstattenden Kosten vorläufig vollstreckbar. Betragen diese nicht mehr als 1.500 EUR, ist das Urteil hinsichtlich der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann in diesem Fall die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des mit Kostenfestsetzungsbeschluss festgesetzten Kostenerstattungsbetrags abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten. Übersteigt der Kostenerstattungsanspruch den Betrag von 1.500 EUR, ist das Urteil wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des mit dem Kostenfestsetzungsbeschluss festgesetzten Erstattungsbetrags vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die steuerliche Berücksichtigung von Rückstellungen für Wertguthaben.

Die 1969 und 1970 geborenen, verheirateten Kläger haben zwei Kinder und wurden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt. Der Kläger ist …. von Beruf und betreibt in der Rechtsform eines Einzelunternehmens einen Fachbetrieb für …. Den Gewinn ermittelt er nach § 4 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG). Die Klägerin erzielt Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung des Betriebsgrundstücks und arbeitet zudem im Betrieb des Klägers mit, wo sie das Büro betreut.

Der Kläger schloss mit der Klägerin am 21. März 2007 einen schriftlichen Arbeitsvertrag, wonach die Klägerin seit dem 1. Oktober 2006 im Betrieb des Klägers als Bürofachkraft beschäftigt wird. Die Vergütung für die von Montag bis Freitag von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr zu leistende Arbeit wurde auf 1.410 EUR monatlich vereinbart. Gleichzeitig schlossen der Kläger für die Fa. X und die Klägerin eine Ergänzungsvereinbarung zum Arbeitsvertrag folgenden Inhalts ab:

„Präambel

Ziel dieser Vereinbarung ist es, mit Arbeitszeitkonten dem Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Möglichkeit einer flexiblen Nutzung der Arbeitszeit zu eröffnen.

§ 1 Aufbau von Zeitguthaben

Der Arbeitnehmer hat das Recht Bestandteile seines künftig fällig werdenden Gehalts in ein Langzeitkonto einzustellen.

Das können sein Teile von

Monatliche Grundgehalt oder Teile davon

Tantiemen

Vergütungen für Mehrarbeit

Urlaubs- und Weihnachtsgeld

Der Arbeitnehmer hat dem Arbeitgeber rechtzeitig mitzuteile...

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